1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Wirbel um Indiskretionen nach Brexit-Dinner

23. Oktober 2017

Wieder einmal sorgen durchgesteckte Informationen nach einem Brüsseler Abendessen von EU-Kommissionschef Juncker mit Premierministerin May für helle Aufregung. Junckers Büro beschwichtigt und wittert eine Verschwörung.

Belgien EU Brexit Theresa May Jean-Claude Juncker
Britische Regierungschefin May (M.) beim jüngsten EU-Gipfel neben Kommissionschef Juncker (l.)Bild: picture-alliance/AP Photo/J.Warnand

"Es ist ein Versuch, die EU-Seite zu diskreditieren und die Gespräche zu unterminieren": Die EU-Kommission weist vehement Beschuldigungen zurück, sie habe pikante Details zu einem Abendessen ihres Präsidenten Jean-Claude Juncker mit der britischen Premierministerin Theresa May an die Presse weitergegeben. Junckers Kabinettschef Martin Selmayr beeilte sich gleich am Montagmorgen im Kurznachrichtendienst Twitter zu dementieren, dass die Behörde Einschätzungen Junckers zu dem Treffen "durchsickern ließ". 

Junckers Kabinettschef: Martin Selmayr Bild: EU

FAS: "May flehte um Hilfe" 

Anlass dazu ist ein Bericht der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) aus Brüssel über das Dinner mit Juncker, das am Montag vergangener Woche kurz vor dem EU-Gipfel stattgefunden hatte. May "flehte" demnach in Brüssel darum, dass ihr die EU in den Brexit-Verhandlungen entgegenkomme. "Ängstlich erschien Theresa May dem Kommissionspräsidenten, verzagt und mutlos", schrieb die Zeitung ohne Angabe von Quellen. 

Die Regierungschefin habe durchblicken lassen, "dass ihr daheim Freund und Feind im Nacken sitzen und nur darauf lauern, sie zu stürzen". Und weiter: "Sie habe keinen Spielraum mehr, sagte May, die Europäer müssten ihn für sie schaffen", kolportierte das Frankfurter Blatt. Auch mit persönlichen Details sparte die Zeitung nicht und verwies zum Beispiel auch auf "tiefe Ringe" unter Mays Augen wie bei jemandem, "der nächtelang keinen Schlaf findet".

Selmayr reagierte mit seinem Tweet zu der Enthüllung direkt auf den Vorwurf des britischen Kolumnisten Nick Timothy, für die Enthüllungen verantwortlich zu sein. Nach einem "konstruktiven" EU-Gipfel "macht Selmayr das", schrieb Timothy, der bis zu den für May desaströsen Unterhauswahlen im Juni Kabinettschef der Premierministerin war. Er fügte hinzu: "Erinnerung daran, dass einige in Brüssel keinen Deal wollen oder einen, der bestraft."

Gezieltes Störfeuer?

Auch Junckers Sprecher Margaritis Schinas nahm Stellung: "Einige Leute zeigen gerne mit dem Finger auf uns, um ihre eigene politische Agenda zu verfolgen, ihre eigenen politischen Prioritäten oder sogar um unsere Verhandlungsposition zu untergraben". Die Kommission wolle damit nichts zu tun haben. "Wir haben viel Arbeit zu tun und keine Zeit für Klatsch." Juncker hätte demnach "die ihm zugeschriebenen Worte niemals benutzt". Die EU arbeite an einem fairen Abkommen. 

May "in einer anderen Galaxie"

Schon nach einem Abendessen Junckers mit May im Mai hatte es Ärger um Enthüllungen gegeben, damals ebenfalls in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" erschienen. Danach soll der Kommissionspräsident gesagt haben, er sei nun "zehnmal skeptischer" hinsichtlich des Ausgangs der Verhandlungen über den britischen EU-Abschied. Und in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel habe er gesagt, er glaube, dass May "in einer anderen Galaxie" lebe.

Es wurde in Brüssel oft einsam um Premierministerin MayBild: picture alliance/AP/G. V. Wijngaert

Anders als von London erhofft, hatten die EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag noch nicht grünes Licht für den Start der zweiten Phase der  Brexit-Gespräche gegeben. Dabei soll es um die künftigen Beziehungen und ein mögliches Handelsabkommen gehen.

Grund für die Verzögerung sind immer noch fehlende Fortschritte bei zentralen Austrittsfragen und insbesondere den Finanzforderungen der EU an die Briten. Der Gipfel beschloss lediglich, nun "intern" Vorbereitungen zu Phase zwei zu starten. Der britische Außenminister Boris Johnson wiederholte am Montag seinen Appell an beide Seiten zu "mehr Kreativität". 

SC/rb (afp, dpa, rtr)

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen