EU-Kommission will Druck auf Israel ausüben
18. September 2025
"Ich möchte es ganz deutlich sagen. Das Ziel ist es nicht, Israel zu bestrafen. Das Ziel ist es, die Situation in Gaza zu verbessern", so die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Mittwoch in Brüssel. Kallas stellte gemeinsam mit zwei weiteren Kommissaren ein neues Maßnahmenpaket gegen Israel vor.
Bereits letzte Woche kündigte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Maßnahmen gegen Israel an und markierte damit einen Kurswechsel der EU-Kommission.
Die Vorschläge sind die Umsetzung dieser Ankündigung. Der jüngste Vorstoß der israelischen Regierung in Gaza-Stadt sei laut Kallas eine "neue Eskalation des Krieges, die die humanitäre Krise weiter verschärft."
Das neue Maßnahmenpaket der Europäischen Union umfasst drei Aspekte.
Sanktionen gegen "extremistische Minister" und "gewalttätige Siedler"
Die EU-Außenbeauftragte hat ein, wie sie es nennt, "robustes Sanktionspaket" vorgelegt. Dieses enthalte Sanktionen gegen "Hamas-Terroristen", "extremistische Minister" in der israelischen Regierung und "gewalttätige Siedler" sowie Einrichtungen, welche die Straflosigkeit im Westjordanland unterstützten.
Die Hamas, die von der EU, den USA und weiteren westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft werden, sind für den Anschlag auf Israel am 7. Oktober 2023 verantwortlich. Nach israelischen Angaben wurden dabei rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen als Geiseln genommen. Durch den militärischen israelischen Gegenschlag wurden nach Angaben der durch die Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde in Gaza bislang mehr als 64.000 Menschen getötet.
Die EU hatte bereits in der Vergangenheit Siedler sanktioniert und will das jetzt intensivieren. Der Vorschlag zwei israelische Minister zu sanktionieren liegt, laut einer EU-Beamtin, schon länger auf dem Tisch. Bei diesen handelt es sich um den Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir. Damit diese Sanktionen in Kraft treten können, bräuchte es die Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedstaaten. Dies galt bislang als eher unwahrscheinlich, da es in der Frage des Umganges mit Israel keine einheitliche Haltung der 27 EU-Mitgliedstaaten gibt.
Teilsuspendierung von Handelsvorschriften
Außerdem hat die EU-Kommission vorgeschlagen, einige Vorschriften aus dem Handelsteil des EU-Israel-Assoziierungsabkommen auszusetzen. "In der Praxis heißt das, dass Importe von Israel in die EU ihren privilegierten Zugang zum EU-Markt verlieren," erläuterte EU-Handelskommissar Maros Sefcovic in der Pressekonferenz. Diese Waren würden dann genauso behandelt werden, wie die Waren aus Ländern, mit denen es keine Handelsabkommen gebe.
Diese Regelung würde laut EU-Beamten für 37 Prozent aller israelischen EU-Exporte greifen. Insgesamt importiere die EU Waren im Wert von fast 16 Milliarden Euro aus Israel - betroffen von den Maßnahmen wären Waren im Wert von 5,8 Milliarden Euro. Bei gleichleibenden Handelsbewegungen müssten EU-Importeure 227 Millionen Euro mehr für israelische Waren zahlen, rechnet die EU vor.
Laut EU-Kommission ist die EU für Israel der wichtigste Handelspartner, während Israel für die EU auf Platz 31 kommt.
Doch, so Maros Sefcovic, gehe es nicht nur um die harten Zahlen, sondern auch um eine "politische Entscheidung". Damit diese Entscheidung überhaupt Wirkung entfalten kann, müsste eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten - also 15 Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bürger repräsentiert - zustimmen.
Maßnahmen gegen Israel sind bislang, insbesondere an Deutschland gescheitert. Die Bundesregierung hat zu den jüngsten Vorschlägen nicht unmittelbar Stellung bezogen. Ein Regierungssprecher betonte jedoch, nach Angaben mehrerer Nachrichtenagenturen, dass sich an der grundlegenden Einstellung zu Israel nichts verändert habe.
In Brüssel räumt die EU-Außenbeauftragte ein, dass sich zwar die öffentliche Meinung in den Mitgliedstaaten in Anbetracht des Leidens in Gaza verändert habe, die politischen Linien sich in den Hauptstädten aber nicht verschoben hätten. Man würde die Maßnahmen nun diskutieren. Bei den derzeitigen Positionen dürfte es sehr schwer werden, die erforderliche Mehrheit zu erreichen.
Gelder aus EU-Töpfen streichen
Als dritten Punkt wird die EU-Kommission Zahlungen von EU-Geldern aus einem Topf für internationale Zusammenarbeit an Israel zurückhalten. Laut einem weiteren EU-Beamten handelt es sich dabei um rund 6 Millionen Euro für 2025, die sowohl für Partnerschaftsprogramme, als auch für regionale Förderungen zur Umsetzung der Abraham-Abkommen vorgesehen sind.
Auch weitere rund 9,5 Millionen Euro für bereits laufende Projekte sollen einbehalten werden. Um die 20 Millionen Euro an die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und weitere Gelder für die Zivilgesellschaft und israelisch-palästinensische Friedensinitiativen sind davon nicht berührt, so der hochrangige Beamte.
Diese Entscheidungen gelten wohl unmittelbar. Denn die EU könne die Entscheidung beim Vorliegen besonderer Umstände selbst treffen, betont die für die Mittelmeer-Region zuständige EU-Kommissarin Dubravka Suica.
Deutliche Kritik aus Israel
Die israelische Regierung hat die Vorschläge der EU-Kommission scharf kritisiert. Bereits die Ankündigungen letzte Woche bezeichnete der israelische Außenminister Gideon Saar auf X als "bedauerlich" und warf von der Leyen vor, Hamas-Propaganda zu wiederholen.
Am Mittwoch legte er nach und nannte die Vorschläge "moralisch und politisch verzerrt". Man hoffe, dass diese, wie es bisher der Fall gewesen sei, nicht umgesetzt werden. "Schritte gegen Israel würden entsprechend beantwortet werden", so Saar. Doch sie hofften, diese nicht ergreifen zu müssen.