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Politik

EU leitet Strafverfahren gegen Polen ein

20. Dezember 2017

Wegen der umstrittenen Justizreform will die EU-Kommission ein Sanktionsverfahren gegen Polen einleiten - wegen Gefährdung von Grundwerten der Union. Es ist das erste derartige Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge.

 Frans Timmermans vor der der EU-Fahne (Foto: Reuters)
EU-Vizepräsident Frans Timmermans bei der Pressekonferenz in BrüsselBild: Reuters/F. Lenoir

Die Kommission der Europäischen Union geht gegen die umstrittene Justizreform in Polen vor und will das Land förmlich verwarnen. Die Kommission aktivierte deswegen erstmalig den Artikel 7 der EU-Verträge. Demnach muss der Europäische Rat - also die Regierungschefs aller 28 EU-Staaten - über die Rüge entscheiden. 

Die EU-Kommission wirft der nationalkonservativen Regierung in Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und damit das Prinzip der Rechtstaatlichkeit zu verletzen. In den vergangenen beiden Jahren habe die Regierung insgesamt 13 Gesetze verabschiedet, die "eine ernsthafte Gefahr für die Unabhängigkeit der Justiz" darstellten, sagte EU-Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans.

Timmermans sagte weiter, er sei nicht naiv: Es werde Menschen geben, die den Schritt als Angriff auf Polen und seine Bürger sehen werden. "Aber ich bin der festen Überzeugung, dass es die absolute Verantwortung der Kommission ist, die Rechtsstaatlichkeit zu beschützen." Der Vize-Kommissionspräsident betonte, man stelle nicht das Recht eines Staates infrage, seine Justiz zu reformieren. "Aber wenn man reformiert, muss man seine eigene Verfassung und die EU-Gesetze einhalten."

"Systematischer Eingriff in die Justiz"

"Gemeinsames Muster" der beanstandeten Justizreformen sei, dass sie der regierenden Mehrheit die Möglichkeit gegeben hätten, "systematisch" in das Funktionieren des Justizsystems einzugreifen, sagte der Niederländer. Timmermans betonte gleichzeitig, dass die Kommission weiter für einen Dialog offen sei.

Der Artikel 7 sieht auch die Einschränkung der Mitwirkungsrechte in der EU vor, das bis zu einem Stimmrechtsentzug auf europäischer Ebene führen kann. Voraussetzung ist jedoch die einstimmige Feststellung des Europäischen Rats, in Polen werde anhaltend gegen die EU-Werte verstoßen. Dagegen hat Ungarn jedoch Widerspruch angekündigt. Darüber hinaus verklagt die Behörde Polen in einem laufenden Vertragsverletzungsverfahren zur Justizreform nun vor dem Europäischen Gerichtshof.

Keine Überraschung für Polen

Die polnische Regierung hat die Entscheidung Brüssels verhalten kommentiert. Eine Regierungssprecherin bezeichnete die Entscheidung als "politisch motiviert" und sie entbehre jeder Grundlage. Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro sagte: "Ich nehme die Entscheidung mit Gelassenheit zur Kenntnis." Er wies die Vorwürfe zurück und betonte, Polen sei ein rechtsstaatliches Land. Die Regierungspartei PiS argumentiert, der Justizapparat sei seit Ende des Kommunismus 1989 nicht reformiert worden und die Richter seien größtenteils korrupt.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte bereits mit der Einleitung des Verfahrens gerechnet. Schon vorab kündigte er an, im Januar mit dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker über die Justizreformen zu sprechen. Er hoffe, dass beide Seiten "trotz gewisser Differenzen" in den nächsten 12 bis 18 Monaten eine Ebene der Zusammenarbeit finden könnten. "Vielleicht ja auch dann, wenn beide Seiten bei ihrem jeweiligen Standpunkt bleiben."

ust/pg (afp, dpa, rtr, EU-Kommission live)

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