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EU macht Ernst mit Krisenbekämpfung

Rafael Heiling23. November 2004

Kleine Kampftruppen soll es geben. Das ist beschlossen - und so nehmen die europäischen Anti-Krisen-Kräfte weiter Gestalt an. Vor allem an Ausrüstung fehlt es noch. Doch daran wird gearbeitet.

Im Kongo waren europäische Soldaten schon im EinsatzBild: AP

Auf ein ehrgeiziges Projekt haben sich die Außen- und Verteidigungsminister der 25 EU-Staaten schon geeinigt: Am Montag (22.11.2004) gaben sie in Brüssel ihren Segen für die so genannten "Battle Groups" - kleine Soldaten-Verbände mit maximal 1500 Mann.

"Das sind spezielle Truppen, die schnell abrufbereit und schnell verlegbar sind", erklärt Matthias Dembinski von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. "Sie sollen den Einsatz größerer Truppen vorbereiten. Und das vor allem unter schwierigen Bedingungen, in unwegsamem Gelände oder bei unsicherer Lage, wie Widerständen im Land."

Jeder schickt seine Spezialisten

Transportflugzeuge könnten die EU-Kräfte noch gebrauchen - zum Beispiel den Airbus A400 MBild: AP

Wenn die EU einen Einsatz beschlossen hat, sollen die Klein-Kampfgruppen spätestens 15 Tage später in der Kriegsregion landen und bis zu vier Monate lang bleiben. Und das nicht nur auf EU-Gebiet, sondern in einem Radius von 6000 Kilometern. Schon 2005 will die EU die erste Gruppe einsetzen können.

13 "Battle Groups" sind geplant - Italien, Frankreich, Spanien und Großbritannien bilden zum Beispiel jeweils eine; Deutschland beteiligt sich an drei multinationalen Gruppen: mit den Niederlanden und Finnland (2007), mit Frankreich, Belgien, Luxemburg und Spanien (2008) sowie mit Polen, der Slowakei, Lettland und Litauen (2009 oder 2010). Schweden, Finnland und Norwegen (letzteres in der NATO, aber nicht in der EU) wollen eine eigene Gruppe aufmachen.

Soldaten sind da, Ausrüstung fehlt

Doch die "Battle Groups" sollen nicht das einzige militärische Instrument der Europäischen Union bleiben. "Die EU soll bis zu 60.000 Soldaten bereitstellen können", sagt Dembinski. Das sei 1999 in Helsinki beschlossen worden. "Die sind aber eher eine robuste Truppe für Peacekeeping-Einsätze", erklärt Marco Overhaus vom Lehrstuhl für Außenpolitik an der Universität Trier. "Robust" heißt: eine bewaffnete Truppe. Und Overhaus betont: "Sie sind nicht als Konkurrenz zur NATO gedacht."

Allerdings: "Es hapert noch bei der Ausrüstung", sagt Dembinski, "insbesondere bei Langstrecken-Transportflugzeugen, bei Kommunikationseinrichtungen, luftgestützten Nachrichtensystemen und mobilen Kommandozentralen." Als Flugzeug solle der Airbus A400 M die Lücke schließen, erklärt der Experte. Außerdem fehle es den EU-Truppen an Präzisionswaffen, ergänzt Overhaus.

Bei der Einkaufstour für das Material soll die neue Europäische Rüstungsagentur helfen, in der die EU-Staaten gemeinsam als Käufer auftreten - also mit mehr Durchsetzungskraft. "Denn wenn Europa als sicherheitspolitischer Player eine Rolle spielen will, kann man nicht weitermachen wie bisher", sagt Dembinski.

Helfen, bevor es brennt

Im März 2003 haben EU-Truppen die NATO-Mission in Mazedonien übernommenBild: AP

Schon bevor es zum Militäreinsatz kommt, will die EU bei Krisen eingreifen - mit zivilen Mitteln. "Die EU muss in der Lage sein, alle Instrumente aus einer Hand anzubieten", sagt Dembinski.

"Auf der Haben-Liste stehen schon jederzeit einsetzbare Polizisten; es wurden Formen der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen entwickelt; es gibt zivile Aufbauhelfer. Und es wurde juristisches Personal bereitgestellt." Also sei die zivile Krisenbekämpfung so gut wie organisiert. Ein Pool von 13.000 Helfern soll zur Verfügung stehen.

Schon in EU-Auftrag unterwegs

Auch, wenn es die einheitliche europäische Armee noch nicht gebe: Nach Dembinskis Worten steht die Europäische Union militärisch schon jetzt nicht mit leeren Händen da. EU-geführte Truppen hätten bereits (abgesehen von Einsätzen in Afrika, zum Beispiel im Kongo) eine Polizei-Mission in Bosnien-Herzegowina von der UNO übernommen sowie eine NATO-Mission in Mazedonien. "Und sie werden auch die NATO-Mission in Bosnien-Herzegowina übernehmen", sagt Dembinski. Also sei das Ziel realistisch, die EU-Truppen bis 2010 komplett zu machen. "Das Ding ist sozusagen einsatzfähig. Auch wenn jetzt noch was fehlt."

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