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Politik

EU-Missionen: Auf Sophia folgt Irini

Miodrag Soric
26. März 2020

Die EU hat sich auf "Mission Irini" geeinigt, die Nachfolgemission für "Operation Sophia". Seit 2015 hatte die EU Menschen- und Waffenhandel vor der Küste Libyens bekämpft. NGOs sehen die Politik der EU kritisch.

Libyen Mittelmeer MSF-SOS Mediterranee Rettungsschiff Ocean Viking Migranten mit Rettungswesten
Bild: Reuters/MSF/Hannah Wallace Bowman

"Langfristig wird die Zahl der Toten leider zunehmen", meint Frederic Penard von "SOS Mediterranee", einer Organisation zur Rettung Schiffbrüchiger im Mittelmeer. Im Gespräch mit der Deutschen Welle beklagt er, dass es etwa vor der Küste Libyens derzeit kaum Schiffe gebe, die bereit seien, Menschen in Seenot zu retten. Er erinnert daran, dass die EU-Operation EUNAVFOR MED, bekannter unter dem Namen "Operation Sophia", zwischen 2015 und 2018 Zehntausenden das Leben gerettet hat. Die Zahlen schwanken zwischen 43.000 und 50.000 Menschen. Meist hatten diese sich von Libyen aus in wackeligen Schlauchbooten oder seeuntüchtigen Holzschiffen auf den Weg Richtung Italien oder Malta gemacht, waren in Not geraten und mussten gerettet werden. Die Operation Sophia erhielt ihren Namen, nachdem eine Frau im Sommer 2015 auf einem deutschen Kriegsschiff ein Mädchen zur Welt brachte.   

Machte Druck auf die Retter: Matteo Salvini, ehemaliger italienischer InnenministerBild: Reuters/Y. Nardi

Im Sommer 2018 änderte die EU jedoch ihre Politik, vor allem auf Druck der damals neuen italienischen Regierungskoalition aus der rechten "Lega" und der europaskeptischen "Fünf-Sterne-Bewegung". Sie sorgte dafür, dass innerhalb von Wochen Operation Sophia über keine Schiffe mehr verfügte und damit auch keine Rettungsaktionen mehr durchführen konnte. Die Regierungen in Rom, Budapest und Wien waren zwar für die Unterbindung des Waffenhandels und Schmuggels, wie sie im Auftrag der Mission festgeschrieben war. Unbedingt verhindern wollten sie aber auch, dass in Folge der Operation Zehntausende von Menschen aus Afrika und Asien nach Europa kamen. Deshalb setzten sie und andere EU-Regierungen gegen den Widerstand von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch, dass Operation Sophia auslief.

Das "zynische Verhalten" der EU

NGOs und humanitäre Organisationen haben diese Entwicklung kommen sehen. Hassiba Hadj Sahrouai, Beraterin für Menschenrechtsfragen bei "Doctors Without Borders", meint: "Wir beobachten, dass die Europäische Union die Idee, Menschenleben zu retten, völlig verworfen hat." Sie kritisiert im Gespräch mit der Deutschen Welle die enge Zusammenarbeit der EU mit der libyschen Küstenwache. Sie nennt dieses Verhalten "zynisch" - vor allem, weil es Belege dafür gibt, dass die Küstenwache massiv Menschenrechte verletzt.

Als Militär und Rettungsorganisationen noch zusammenarbeiten: "Operation Sophia" im September 2015Bild: picture-alliance/dpa/G. Lami

Daten wie die Koordinaten von in Not geratenen Menschen habe das militärische Kommando von Operation Sophia an die Küstenwache Libyens weitergegeben, damit diese die Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen könnten. Gleichzeitig würden diese Informationen zivilen Schiffen vorenthalten, die die Hilfesuchenden retten könnten, meint Hassiba Hadj Sahrouai, darunter auch privaten Seenotrettern. Nach Ansicht der Hilfsorganisationen sei Libyen, wo seit Jahren ein Bürgerkrieg tobt und in weiten Teilen des Landes Anarchie herrscht, kein Ort, wohin die EU Menschen in Not zurückschicken dürfe.

"Wir haben gemeinsam Leben gerettet"

Das Verhältnis zwischen den Hilfsorganisationen und dem militärischen Kommando von Operation Sophia in Italien war nicht immer gespannt. Sowohl Doctors without Borders als auch SOS Mediterranee bestätigen, dass 2015 und 2016 die humanitären Organisationen eng mit Operation Sophia zusammengearbeitet hätten. "Wir haben gemeinsam Menschenleben gerettet", erinnert sich Hassiba Hadj Sahrouai. Doch mit der Zeit sei diese Kooperation immer weiter zurück gegangen, vor allem, weil die EU letztlich die Flüchtlinge in Libyen lassen wollte.

Italienische und ungarische Behauptungen, denen zufolge die Rettungsaktionen Flüchtlinge erst zur Überfahrt aus Libyen ermuntern würden, weisen NGOs zurück. Inzwischen gibt es auch Untersuchungen, die diese Unterstellung widerlegen. Die Zahl der Überfahrten aus Libyen wird vor allem durch das Wetter beeinflusst: Sie erhöhen sich, wenn der Wind günstig steht und die Temperaturen steigen. Ein weiterer Faktor ist die Lage in Libyen selbst: Nehmen die kriegerischen Handlungen zu, versuchen mehr Menschen, das Land zu verlassen.    

Unklare Aussichten: Geretteter auf dem Rettungsschiff Ocean VikingBild: DW/M. Soric

Bundesaußenminister Heiko Maas hatte seit Monaten mit seinen europäischen Kollegen über die sogenannte "Mission Irini" verhandelt. Sie soll Operation Sophia ablösen - auf das Mandat für Irini haben sich die 27 EU-Staaten am Donnerstag geeinigt.. Doch auch der oberste deutsche Diplomat machte klar, dass im Mittelpunkt dieser Mission die Überwachung des Waffenembargos steht. Ihre Schiffe oder Flugzeuge sollen in Zukunft rund 100 Kilometer entlang der östlichen Küste Libyens patrouillieren. Doch von hier aus haben sich in den letzten Jahren kaum Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa gemacht.

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