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Politik

EU mit Trump überkreuz

30. Januar 2017

In Brüssel sorgt die Politik von Donald Trump zunehmend für Unruhe. Demonstranten und EU-Vertreter kritisieren den US-Präsidenten scharf. Bernd Riegert berichtet.

Brüssel - Demonstranten bei Anti-Trump-Protest
Demonstration in Brüssel: "Trump hat Angst, Merkel hat Recht"Bild: DW/D. Pundy

Die Demonstration von Trump-Gegnern an der Börse in Brüssel war überschaubar. Geschätzt dreihundert Menschen zeigten Plakate, auf denen Sie den US-Präsidenten wegen seiner Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik kritisierten (Artikelbild). Auch aus London, Berlin, Paris und Lissabon wurden Proteste in ähnlicher Größenordnung vor US-Botschaften gemeldet.

Drei Kilometer entfernt von der spontanen Demonstration, im Europäischen Außenministerium, übte die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, nur wenig diplomatische Zurückhaltung. Ihr Rat für den amerikanischen Präsident Donald Trump: "Wenn man rings um sich herum Mauern baut, findet man sich am Ende in einem Gefängnis wieder." 

Mogherini: Aus europäischer Geschichte lernenBild: picture-alliance/abaca/D. Aydemir

Mogherini äußerte sich nach einem Treffen mit dem norwegischen Außenminister Börge Brende zum Einreisestopp für die Bürger aus Syrien, Irak, Iran, Somalia, Jemen, Libyen und Sudan und den Aufnahmestopp für syrische Flüchtlinge: "Dies ist nicht der europäische Weg". Europa diskriminiere niemanden wegen seiner Nationalität, Religion, Rasse oder seines Geschlechts, sagte Mogherini. "Die EU glaubt an ein System von internationalen Regeln und Normen." Besonders besorgt sei sie wegen der Lage der syrischen Flüchtlinge. Die Geschichte Europas habe gezeigt, dass Abschottung und Isolation die falschen Antworten seien. "Wir feiern, wenn Mauern fallen und Brücken gebaut werden", so Mogherini.

Unsicherheit über Reichweite des Erlasses

Der Sprecher der EU-Kommission Margaritis Schinas hatte zuvor gesagt, die Anwälte der EU-Kommission seien in Kontakt mit ihren Kollegen und Ansprechpartnern in Washington, um herauszufinden, ob und wie auch EU-Bürger betroffen seien. Es sei nicht ganz klar, wie sich das vorübergehende Einreiseverbot in die USA auf EU-Bürger mit einer zweiten Staatsbürgerschaft eines der sieben Länder auswirke. Die EU wolle sicher stellen, dass ihre Bürger nicht wegen ihrer Religion oder Herkunft diskriminiert würden. Auf der Facebook-Seite der US-Botschaft in Berlin tauchte inzwischen ein Eintrag auf, nach dem auch Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft von dem befristeten Einreisestopp erfasst werden. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin schätzte, dass dies Tausende deutsche Bürger beträfe. Auf den Seiten der US-Botschaft in Brüssel fand sich bis zum Mittag keinerlei Hinweis auf das neue Visa-Regime.

Politisch kommentieren wollte Margaritis Schinas, der im Namen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht, den Erlass von Präsident Trump nicht. Er verwies lediglich auf einen Zeitungsartikel, den Juncker bereits am Wochenende für die deutsche Zeitung "Die Welt" verfasst hatte. Darin schrieb Juncker: "Wir haben die Wahl zwischen Abschottung, Ungleichheit, nationalen Egoismen einerseits und Weltoffenheit, sozialer Fairness und vereinten Kräften andererseits, zwischen Rückschritt und Zukunft, zwischen Engstirnigkeit und Europa."

Briten diskutieren über Staatsbesuch

Es gäbe keine Pläne, einen möglichen Besuch des US-Präsidenten in Brüssel mit einer Petition zu verhindern, sagte Schinas. In Großbritannien wurden in einer online-Petition bereits Hunderttausende Unterschriften gesammelt, um den avisierten Staatsbesuch von Donald Trump zu verhindern. Die britische Premierministerin Theresa May ließ jedoch erklären, Trump sei eingeladen und habe zugesagt. Der Besuch werde stattfinden. Die Petition war schon lange vor der Unterschrift des US-Präsidenten unter den Einreisestopp gestartet worden. In der Begründung der Petition heißt es unter anderem, der Queen sei nicht zuzumuten, so einen "vulgären" Menschen zu treffen.

Die Länder, deren Staatsbürger von Trumps Einreiseverbot betroffen sind.

Die britische Regierung hingegen betont gerne ihre "spezielle Beziehung" zu den USA. Nach Angaben des britischen Außenministers Boris Johnson ist es ihm bereits gelungen, eine Ausnahme für betroffene britische Bürger zu erwirken. Sie dürften weiter in die USA reisen, falls sie nicht direkt aus einem der betroffenen Länder dorthin einreisen wollten. Die amerikanische Einwanderungspolitik sei Sache der Amerikaner, sagte Johnson, er werde den Weg aber nicht befürworten: "Es ist falsch, Menschen wegen ihrer Nationalität zu stigmatisieren."

Sorge, Zustimmung und Warnung vor Hysterie

"Man sollte natürlich jetzt auf den diplomatischen Wegen reagieren, aber man sollte auch nicht hysterisch reagieren", warnt der EU-Experte Ian Bond von der Denkfabrik "Zentrum für europäische Reformen" in Brüssel. Die USA könnten natürlich prüfen, ob Einreisen aus den sieben genannten Ländern eine Gefahr darstellten und zusätzliche Maßnahmen nötig seien, sagte Bond im Gespräch mit der DW. Allerdings halte er diesen Erlass mit Blick auf EU-Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft für überzogen. Zudem bestehe die Gefahr, dass der "Islamische Staat" oder andere Terrorgruppen, diese Politik als Instrument für Rekrutierungen einsetzen könnten. Diese Gruppen könnten jetzt behaupten: "Seht her, wir haben euch immer gesagt die Amerikaner sind gegen Moslems eingestellt. Das ist der Beweis."

Tschechiens Präsident Milos Zeman: USA haben das Recht auf KontrolleBild: picture-alliance/AP Photo/P.D. Josek

Auch der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault und sein deutscher Amtskollege Sigmar Gabriel zeigten sich bereits am Sonntag besorgt über die "executive orders" von US-Präsident Trump: "Wir brauchen jetzt Klarheit, Zusammenhalt und wenn nötig Stärke, um unsere Werte, unsere Vorstellung von der Welt und unsere französischen, deutschen und europäischen Interessen zu verteidigen", erklärten Ayrault und Gabriel in Paris.

Einheitlich sind die Reaktionen in der EU aber nicht. Der tschechische Präsident Milos Zeman ließ erklären, US-Präsident Trump verteidige sein Land. "Er ist besorgt um die Sicherheit seiner Bürger. Das ist genau das, was die Eliten in der EU nicht sind. Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski wollte das Einreiseverbot nicht kritisieren. Jeder Staat dürfe seine Regeln für Einwanderung selbst festlegen. "Kein Staat hat die Pflicht, Einwanderer aufzunehmen. Staaten haben nur die Pflicht, in Übereinstimmung mit internationalem Recht, Flüchtlinge aufzunehmen, wenn sie ankommen", sagte Waszczykowski dem polnischen Fernsehsender Polsat News. Polen weigert sich, derzeit Asylsuchende und Flüchtlinge aufzunehmen, die nach einem EU-Beschluss aus Griechenland und Italien umverteilt werden sollen.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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