EU-Parlament: Von der Leyen übersteht Misstrauensanträge
9. Oktober 2025
Dieses Mal gab es zwei Misstrauensanträge im Europäischen Parlament. Sowohl der Antrag der Ultrarechten als auch der aus dem linken Lager erhielt in Straßburg nicht annähernd die erforderliche Mehrheit von mindestens 360 abgegebenen Stimmen der Abgeordneten.
Der Antrag der Linksfraktion gegen die Kommission der Europäischen Union und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen wurde mit 383 Nein-Stimmen zu 133 Ja-Stimmen abgelehnt. Der Misstrauensantrag der Rechtsaußenfraktion Patrioten für Europa (Patriots for Europe, PfE) bekam 179 Ja-Stimmen. 378 EU-Abgeordnete sprachen von der Leyen das Vertrauen aus.
Zur PfE-Fraktion gehören unter anderen Abgeordnete der Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban sowie der Partei Rassemblement National (RN) von Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen und ihrem politischen Ziehsohn Jordan Bardella.
Erstmals auch EVP-Abgeordnete gegen von der Leyen
Zum ersten Mal stimmten auch Abgeordnete der christdemokratischen EVP, zu deren Parteienfamilie die Kommissionschefin als CDU-Politikerin gehört, gegen sie. Außerdem stellten sich erstmals drei deutsche Abgeordnete der liberalen Fraktion Europa erneuern (Renew Europe) , die den Freien Wählern angehören, bei beiden Anträgen gegen von der Leyen.
Rechte und Linke kritisieren Zoll-Deal mit den USA
Die Rechtspopulisten warfen der EU-Kommissionspräsidentin eine fehlgeleitete grüne Politik und Versäumnisse bei der Bekämpfung illegaler Einwanderung vor. Die Linken hielten von der Leyen vor, nicht genug gegen die große Not unter der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen getan zu haben.
Einig sind sich beide Lager dagegen in der Bewertung der EU-Zollvereinbarung mit US-Präsident Donald Trump. Sie kritisierten, von der Leyen habe einen unausgewogenen Deal akzeptiert. Zudem sehen sie das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und lateinamerikanischen Staaten als eine Bedrohung für Bauern und Umwelt.
Drei Misstrauensanträge in vier Monaten
Insgesamt beteiligten sich von den aktuell 719 Abgeordneten je 594 an den Abstimmungen über beide Anträge. Wenn das EU-Parlament einen der Anträge angenommen hätte, wäre die EU-Kommission zum Rücktritt gezwungen gewesen.
Bei einer ersten Misstrauensabstimmung im Juli hatten 175 Abgeordnete gegen von der Leyen gestimmt. 360 stellten sich hinter sie. Die Prüfung von drei entsprechenden Anträgen binnen weniger Monate ist beispiellos in der Geschichte des Europaparlaments.
Von der Leyen rief bei der Aussprache zu den Anträgen im Parlament am Montag zur Einheit auf und betonte, eine Spaltung diene nur den Interessen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach der Abstimmung zeigte sie sich "sehr dankbar für die starke Unterstützung". Die Kommission werde "weiterhin eng mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten", versicherte von der Leyen.
"Von der Leyen in der Bringschuld"
Der Co-Vorsitzende der Linken-Gruppe, Martin Schirdewan, sagte, der Druck auf von der Leyen und ihre Kommission nehme zu. Er gab sich davon überzeugt, dass es weitere Misstrauensanträge gegen die EU-Kommission geben werde.
Auch der Chef der Europa-SPD, René Repasi, sieht diese Möglichkeit. "Von der Leyen steht jetzt in der Bringschuld", erklärte er. Ein Misstrauensantrag sei das schärfste und letzte Kontrollmittel des Parlaments, sagte Repasi der Deutschen Presse-Agentur. Sollten die Sozialdemokraten von der Leyen den Rücken zukehren, besteht für sie die Gefahr, keine Mehrheiten mehr mit der Mitte des Parlaments bilden zu können.
se/pg (dpa, rtr, afp)