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Politik

EU reaktiviert Abwehrgesetz gegen Sanktionen

17. Mai 2018

Damit das Atomabkommen mit dem Iran weiter bestehen bleibt, will die EU ein Gesetz zur Abwehr von US-Sanktionen wiederbeleben. Dabei habe man kleinere und mittlere Firmen im Blick, so Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

Bulgarien EU-Balkan-Gipfel in Sofia | Jean-Claude Juncker
Bild: Reuters/S. Nenov

"Wir müssen jetzt handeln", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach dem EU-Spitzentreffen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Es gehe darum, vor allem kleine und mittlere Unternehmen aus Europa zu schützen, die im Iran tätig sind.

Über das sogenannte "Blocking Statute" könnte es europäischen Unternehmen unter Strafe verboten werden, sich an die US-Sanktionen gegen den Iran zu halten. Diese hatte US-Präsident Donald Trump angedroht, nachdem er einseitig den Deal mit dem Iran gekündigt hatte.

Gleichzeitig würde das europäische Gesetz regeln, dass die europäischen Unternehmen für möglicherweise entstehende Kosten und Verluste entschädigt werden. Wie genau das EU-Abwehrgesetz zum Einsatz kommen könnte, blieb zunächst unklar. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Sofia, umfassende Entschädigungen für europäische Unternehmen halte sie nicht für machbar.

Gesetz wurde noch nie angewendet

Das Abwehrgesetz war bereits 1996 im Streit um Sanktionen gegen Kuba, den Iran und Libyen erlassen worden. Es wurde aber noch nicht angewendet, da der Sanktionsstreit damals beigelegt werden konnte. Der Gesetzestext muss nun um die neuen US-Sanktionen ergänzt werden. Dies solle bereits am morgigen Freitagvormittag geschehen, kündigte Juncker an.

Ziel ist, dass das Gesetz einsatzbereit ist, wenn US-Sanktionen am 6. August wirksam werden sollten. Hintergrund ist die Tatsache, dass die drohenden US-Sanktionen auch nicht-amerikanische Unternehmen treffen, die mit dem Iran Geschäfte machen.

Der Iran befürchtet, deswegen einen Großteil der wirtschaftlichen Vorteile zu verlieren, die er über den Atomdeal versprochen bekommen hatte. Die Regierung in Teheran will erreichen, dass sie innerhalb von 60 Tagen von den Europäern garantiert bekommt, dass die Wirtschaftsbeziehungen und der Kapitalverkehr erhalten bleiben. Wenn nicht, will sich das Regime nicht mehr an das Abkommen halten. Ziel des Wiener Abkommens von 2015 ist es, den Iran daran zu hindern, Atomwaffen bauen zu können.

Präsident Emmanuel Macron, die britische Premierministerin Theresa May und Kanzlerin Angela Merkel stimmen sich in Sofia ab Bild: Reuters/S. Nenov

Widerstand gegen Trumps Handelspolitik

Auch mit Blick auf die angedrohten Schutzzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe will die EU Trump die Stirn bieten. Die Schutzzölle müssten "ohne Konditionen und ohne Limit" fallen, machte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron deutlich. "Hier haben wir eine gemeinsame Haltung", betonte Kanzlerin Merkel. "Wir wollen eine unbefristete Ausnahme." Danach sei man bereit, mit der US-Regierung darüber zu sprechen, wie man gegenseitig die Barrieren im transatlantischen Handel abbauen könne. Trump hatte der Europäischen Union nochmals einen Aufschub gewährt und sie bis zum 1. Juni von Einfuhrzöllen befreit. 

Frankreichs Präsident unterstrich, Europas Handelssouveränität müsse verteidigt werden. Unternehmen müssten auch künftig selbst entscheiden können, mit wem und wie sie Geschäfte abwickelten.

"Das lässt sich die EU nicht bieten"

Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz erklärte: "Was wir gerade erleben, ist zum einen eine sehr unberechenbare amerikanische Politik und zum anderen eine amerikanische Politik, die schlicht und ergreifend unsere wirtschaftlichen Interessen (...) in Europa gefährdet." Das könne und wolle sich die EU so nicht bieten lassen. Man lebe im 21. Jahrhundert und habe kein Interesse an neuen Handelsbarrieren.

Der Kulturpalast in Sofia - Tagungsort des EU-Westbalkan-GipfeltreffenBild: Getty Images/AFP/L. Marin

EU bestätigt Beitrittsperspektive für Westbalkan

Zentrales Thema des zweiten Tages des EU-Gipfels war die Aufnahme neuer Mitglieder vom Westbalkan. Die EU will die Länder des Westbalkans stärker an sich binden, ohne schnelle Beitritte zu versprechen. Die EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedeten in Sofia eine Erklärung, welche die "uneingeschränkte Unterstützung für die europäische Perspektive" bekräftigt. Konkrete Beschlüsse mit Blick auf eine EU-Mitgliedschaft gab es aber nicht. Im Zentrum steht die Unterstützung der EU beim Ausbau der Infrastruktur in der Region des ehemaligen Jugoslawiens.

Serbien, Montenegro, Mazedonien und Albanien sind bereits seit mehreren Jahren Beitrittskandidaten, Kosovo und Bosnien-Herzegowina führt die EU als "potenzielle Kandidaten". Mit dem Gipfel wollte die EU nun auch Enttäuschung in den Ländern über fehlende Fortschritte auf dem langen Weg Richtung Beitritt und wachsendem Einfluss Russlands und Chinas in der Region entgegenwirken.

Engere Kooperation in vielen Bereichen

Als Ziel nennt die "Sofia-Erklärung" den Ausbau der Beziehungen in den Bereichen Verkehr, Energie, digitale Netze, Wirtschaft und Gesellschaft. Verstärkt werden soll auch die Kooperation "bei der Eindämmung illegaler Migrationsströme", bei Terrorismusbekämpfung und Radikalisierung.

Stärker zusammenarbeiten wollen beide Seiten beim Kampf gegen "Desinformation und andere hybride Aktivitäten". Hier sollen "Widerstandsfähigkeit, Cyber-Sicherheit und strategische Kommunikation" gestärkt werden, nachdem Russland in den vergangenen Jahren Versuche politischer Einflussnahme vorgeworfen wurden.

Die EU-Kommission hatte im Februar Serbien und Montenegro als "Favoriten" für einen Beitritt bis zum Jahr 2025 bezeichnet. Doch in keinem EU-Land gibt es derzeit breite Unterstützung für weitere Erweiterungen der Union. Das Datum kommt nicht in dem Gipfel-Dokument vor.

se/sam/kle (rtr, dpa, afp)

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