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Politik

"Nicht saubere, nur heiße Luft"

11. September 2018

In vielen EU-Städten herrscht dicke Luft. Die EU-Kommission weiß das schon lange. Doch ihre Grenzwerte sind selbst nur heiße Luft - weil unpopuläre Maßnahmen nötig wären.

Deutschland Feinstaub-Messstation in Stuttgart
Gefährliche Schwebstoffe: Feinstaubmessstation in der baden-württembergischen Hauptstadt Stuttgart (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/B. Weissbrod

"Fruchtlos und wenig effektiv": Ein vernichtendes Zeugnis stellt der Europäische Rechnungshof (EuRH) der EU-Kommission aus - deren Maßnahmen zur Luftreinhaltung sind demnach ein zahnloser Tiger. Dabei seien Schadstoffe, die die Luft verpesten, "das größte Umweltrisiko für die Gesundheit" der EU-Bürger, erklärte Janusz Wojciechowski vom EuRH.

Jährlich verursacht die Luftverschmutzung nach Angaben der Rechnungsprüfer rund 400.000 vorzeitige Todesfälle in der Europäischen Union. Die Krankheitskosten liegen bei mehreren Hundert Milliarden Euro. Einige Schätzungen rechnen sogar mit fast einer Billion. Besonders betroffen ist Osteuropa. In einigen Staaten dort büßen die Menschen dem Bericht zufolge mehr gesunde Lebensjahre ein als in China: Das gilt für Bulgarien, Tschechien, Lettland und Ungarn.

Bis ans Limit - und darüber hinaus

Zwar setzte sich die Europäische Kommission für saubere Atemluft ein. So legte sie 2008 Grenzwerte für Luftschadstoffe fest. Diese durchzusetzen, gelang der Brüsseler Behörde freilich nicht. Die Kommission leitete rechtliche Schritte gegen mehrere Mitgliedstaaten ein, bekam dabei auch Recht - doch dabei blieb es dann oft. Bis heute werde häufig gegen die Grenzwerte verstoßen.

Leerlauf: Stau auf der Autobahn 8 bei Stuttgart (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

Vor allem Stickstoffdioxid, Feinstaub und bodennahes Ozon belasten die Menschen in den betroffenen Regionen. Und die Abgase gelangen auch durch die Bürger selbst in die Luft. Der EU-Rechnungshof weiß um diese Verkettung und betont, eine gute Luftqualität sei nicht ohne schwierige politische Entscheidungen zu haben. Gemeint sind etwa die unpopulären Fahrverbote für ältere Dieselautos.

Denn die PKW-Nutzung zählt zu den "Hauptursachen für die städtische Luftverschmutzung in Brüssel, Stuttgart und Mailand, und eine Begrenzung dieser Nutzung wäre die wirksamste Maßnahme", heißt es im EuRH-Bericht. Die genannten Städte hatten die Rechnungsprüfer besonders im Visier.

Die EuRH-Mitarbeiter selbst sind vom Smog in Brüssel übrigens nicht betroffen - der Rechnungshof hat seinen Sitz in Luxemburg. Doch auch das vornehme Großherzogtum bleibt von dem Problem nicht verschont: Anfang des vergangenen Jahres hatte die Regierung dort zum ersten Mal Feinstaubalarm ausgelöst.

jj/rb (dpa, afp)