Angesichts der wachsenden Not im Sudan schickt die EU nun humanitäre Güter auf dem Luftweg in das Land. Die UN fürchten, die aktuellen Kämpfe könnten weitere rund 2,5 Millionen Menschen in den Hunger treiben.
Per Flugzeug wurden bereits die ersten dringend benötigten Hilfsgüter in den Sudan gebrachtBild: Mohamad Ali Harissi/AFP
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Bereits am Dienstag seien 30 Tonnen lebenswichtiger Güter nach Port Sudan im Osten des Landes geflogen worden, teilte die Europäische Kommission mit. Dort sei die Ladung - darunter Wasser, sanitäre Einrichtungen, Hygieneartikel sowie Ausrüstungen für Notunterkünfte - an UNICEF und das UN-Welternährungsprogramm übergeben worden. Die beiden Unterorganisationen der Vereinten Nationen (UN) sollen die Verteilung organisieren. Es gehe darum, die am stärksten Gefährdeten zu unterstützen.
Weitere Finanzmittel
Die EU erklärte, sie leiste außerdem finanzielle Unterstützung für die sudanesische Rothalbmond-Gesellschaft, etwa für die Bereitstellung von Erster Hilfe, von Evakuierungsdiensten oder für psychosoziale Hilfe. Das Geld dafür werde extra bereitgestellt - zusätzlich zu den 73 Millionen Euro, die dem Sudan 2023 bereits für humanitäre Hilfe zugewiesen worden seien.
30 Tonnen Hilfsgüter wurden bereits in den Osten des Sudans geflogen Bild: Mohamad Ali Harissi/AFP
Die Konfliktparteien seien nachdrücklich aufgefordert, das humanitäre Völkerrecht in vollem Umfang einzuhalten, betonte die EU erneut. Dazu gehöre neben dem Schutz der Zivilbevölkerung auch, dass der Schutz der Helfer, ihrer Einrichtungen und Güter gewährleistet werden müsse. "Es muss medizinischem Personal und humanitären Helfern ermöglicht werden, lebensrettende Hilfe zu leisten", sagte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic.
Die Luftbrücke wird im Rahmen der Europäischen Kapazität für humanitäre Hilfe organisiert, einem EU-Instrument, das Lücken in der Hilfe bei Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen schließen soll. Das nun gelieferte Hilfsmaterial kommt aus Beständen der Vereinten Nationen.
UN: Machtkampf im Sudan könnte fast 20 Millionen Menschen hungern lassen
Das Welternährungsprogramm der UN befürchtet eine drastische Zunahme des Hungers im Sudan. In den kommenden Monaten könnten bis zu 2,5 Millionen Menschen aufgrund der Kämpfe neu in den Hunger rutschen, warnte das World Food Programme (WFP) in Rom. Mehr als 19 Millionen Menschen, zwei Fünftel der Bevölkerung, müssten dann hungern.
In Bildern: Erste Hilfe, aber kaum Hoffnung im Sudan
Zwei Wochen dauern die schweren Kämpfe im Sudan jetzt an. Bisher hat keine Waffenruhe gehalten. Am Sonntag kamen erstmals Hilfslieferungen des Roten Kreuzes für die Bevölkerung im Land an.
Bild: ICRC/AFP
Medikamente für Kranke und Verletzte
Acht Tonnen lebensrettende medizinische Güter sind mit einem Hilfsflug nach Port Sudan transportiert worden. Das hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mitgeteilt. Dazu gehören auch chirurgische Instrumente, Narkosemittel und Wundverbände. Dieser Mitarbeiter hilft beim Verladen vor dem Abflug aus der jordanischen Hauptstadt Amman.
Bild: ICRC/AFP
Waffenruhe - zumindest auf dem Papier
Die Konfliktparteien haben inzwischen eine erneute Verlängerung der brüchigen Waffenruhe vereinbart. Wie die Armee und die paramilitärische RSF-Miliz bestätigten, soll die Feuerpause nun mindestens bis Mittwochabend gelten. Die erneute Verlängerung sei auf Initiative der USA und Saudi-Arabiens vereinbart worden, hieß es.
Bild: Omer Erdem/AA/picture alliance
Bevölkerung zwischen den Fronten
Am 15. April war der Machtkampf der Generäle zu einem offenen Konflikt eskaliert. Niemand weiß, wie viele Menschen ihm bisher zum Opfer gefallen sind. Nach offiziellen Angaben gibt es rund 500 Tote und 4600 Verletzte. Vermutlich liegen die tatsächlichen Zahlen viel höher. Das Welternährungsprogramm (WFP) musste wegen der Kämpfe seine Unterstützung für 7,6 Millionen Menschen im Sudan einstellen.
Bild: -/AFP
Zehntausende Menschen auf der Flucht
Der Sudan zählt zu den ärmsten Ländern weltweit. Vor den Kämpfen zu fliehen, kostet Geld und Kraft. Die meisten Schutzsuchenden landen in den Nachbarstaaten - wie hier im Tschad. Geflüchtete stehen Schlange, um Hilfe aus dem Welternährungsprogramm zu bekommen.
Bild: Mahamat Ramadane/REUTERS
Massenevakuierung
Rund 1900 Menschen hat diese Fähre übers Rote Meer in die saudische Hafenstadt Dschidda gebracht. Über den Seeweg haben beispielsweise viele Staatsbürger Chinas, Pakistans und Brasiliens das Land verlassen.
Bild: Fayez Nureldine/AFP
Ausgeflogen
Wer kann, hat sich ausfliegen lassen: Vor allem westliche Regierungen haben ihre Staatsangehörigen aus dem Sudan über den Luftweg heimgeholt, etwa die Staaten Europas und Nordamerikas. Hier werden Britinnen und Briten von der Royal Air Force nach Zypern gebracht.
Bild: Arron Hoare/UK MOD/Handout via REUTERS
Angekommen
Dieser Chinese wurde mit einem Transport der Marine der chinesischen Volksbefreiungsarmee nach Saudi-Arabien gebracht. Mehr als 1300 Staatsbürger sollen den Sudan bis Mitte der Woche verlassen haben. Derweil erleiden die Menschen im Sudan neben den Kämpfen eine humanitäre Krise, die die gesamte Region in Mitleidenschaft ziehen könnte.
Bild: Wang Haizhou/Xinhua/picture alliance
Appell an die internationale Gemeinschaft
Die mächtigen Industrienationen sollen nicht tatenlos zusehen, fordern viele Sudanesinnen und Sudanesen. Vor dem Weißen Haus in Washington demonstrieren Aktivisten dafür, dass die USA eingreifen und dazu beitragen, den blutigen Konflikt im Sudan zu beenden.
Bild: AFP
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"Die ohnehin schon schlimme Lage entwickelt sich zu einer humanitären Katastrophe", erklärte der EU-Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung, Olivér Várhelyi, am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg. Seit Beginn des Konflikts seien allein in der Hauptstadt Khartum mehr als 500 Menschen getötet und 6000 verletzt worden. "Die Lage in den Randgebieten, vor allem in Darfur, ist noch dramatischer und wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen", sagte Várhelyi.
Seit dem Ausbruch der Kämpfe im Sudan kommen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) allein in der äthiopischen Stadt Metema täglich rund 1000 Flüchtlinge an Bild: Amanuel Sileshi/AFP
Hintergrund der Gewalt ist ein Mitte April eskalierter Machtkampf zwischen Armee-Chef General Abdul Fattah Al-Burhan und dem Befehlshaber der paramilitärischen "Rapid Support Forces" (RSF), Mohamed Hamdan Dagalo. Die Gegner einigten sich bereits mehrfach auf Waffenruhen, die aber immer wieder gebrochen wurden. Mehr als 700.000 Menschen sind nach UN-Angaben bereits vor den Kämpfen geflohen.