Madrids Kuba-Alleingänge
28. Juli 2010Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um die Kuba-Politik der EU steht die sogenannte "gemeinsame Position" der Mitgliedsstaaten. Sie wurde 1996 formuliert. Danach muss Kuba zunächst Fortschritte bei Menschenrechten und Demokratisierung vorweisen, bevor es normale Beziehungen zur EU aufnehmen kann.
Doch Spanien ist spätestens seit dem Amtsantritt der sozialistischen Regierung 2004 aus der Phalanx ausgeschert. Die gemeinsame Position habe nichts für die Menschenrechte in Kuba gebracht, argumentieren die Sozialisten, die EU solle zunächst einmal ohne Bedingungen auf Kuba zugehen. Während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte dieses Jahres versuchte Spanien dann massiv, die EU-Position in seinem Sinne zu beeinflussen, bisher ohne Erfolg.
Als im Februar der Dissident Orlando Zapata nach langem Hungerstreik in einem kubanischen Gefängnis starb, bedeutete das nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern auch einen Rückschlag für die spanische Kuba-Politik. Im Europaparlament gab sich Spaniens Europa-Staatssekretär Diego López Garrido damals ungewohnt hart. Die EU und ihre Institutionen müssten Menschenrechtsverstöße in Kuba verurteilen und darauf hinarbeiten, "dass sich so etwas niemals wiederholt."
"Es geht um die Bevölkerung"
Doch neben der politischen Seite gab und gibt es die entwicklungspolitische. Und zumindest die EU-Kommission will die Entwicklungszusammenarbeit weitgehend aus der Politik heraushalten. In derselben Debatte im Europaparlament nach dem Tod Zapatas sprach EU-Entwicklungskommissar Andris Piebalgs von "konstruktivem Engagement statt Zwang und Sanktionen" als der Grundlage europäischer Kuba-Politik.
"Die Europäische Union hat die Zusammenarbeit mit Kuba nie gestoppt. Warum nicht? Weil es bei der Entwicklungspolitik nicht darum geht, die Regierung zu unterstützen, sondern es geht darum, die Bevölkerung zu unterstützen," so der EU-Kommissar.
Undankbare Dissidenten
Das Ringen um die gemeinsame Position ging weiter. Spaniens Außenminister Miguel Angel Moratinos betrieb seine eigene Kuba-Politik, oft zum Ärger der übrigen EU-Staaten, vor allem Frankreichs, Deutschlands und Schwedens. Doch als Anfang Juli die kubanische Regierung zusicherte, 52 politische Gefangene freizulassen, sah die sozialistische spanische Europaabgeordnete María Muñiz dies als Bestätigung.
"Das ist das Ergebnis einer großartigen diplomatischen Arbeit durch Außenminister Moratinos und der Vermittlung des Vatikan. Wir glauben, mit dieser Linie werden wir in naher Zukunft die gemeinsame Position der EU gegenüber Kuba verändern können." Doch obwohl Spanien einige der ersten Freigelassenen aufnahm, musste es sich ausgerechnet von ihnen Kritik anhören.
Zehn der Dissidenten schrieben in einem Brief, ihre Ausreise dürfe "nicht als Geste des guten Willens betrachtet werden, sondern als Verzweiflungstat des Regimes auf der dringenden Suche nach Krediten jeder Art". Die EU riefen die Dissidenten auf, "bei ihrem Dringen auf Demokratisierung nicht nachzulassen."
Gemeinsame Position nur einstimmig ändern
Beide Seiten in der Debatte um die gemeinsame Position fühlen sich seitdem wieder einmal bestätigt. Und das Ringen geht weiter. Kommissionssprecher Michael Mann kündigte vor wenigen Tagen an, "die Debatte wird nach dem Sommer auf der Grundlage der bis dahin vorliegenden Ergebnisse fortgesetzt werden. Die Freilassung politischer Gefangener auf Kuba ist ein unabdingbarer Schritt in diesem Prozess."
Das Problem für Spanien ist, dass die gemeinsame Position nur einstimmig von allen Mitgliedsstaaten geändert werden kann. Nach Einstimmigkeit sieht es aber im Moment nicht aus. Spanien dürfte daher noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt