1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neue Strafen im Ukraine-Konflikt

Bernd Riegert28. April 2014

Die EU und die USA erlassen Sanktionen gegen weitere russische Staatsbürger. Die wirklich schmerzhaften Pfeile, Wirtschaftssanktionen, bleiben noch im Köcher. Doch wann ist die rote Linie überschritten?

Symbolbild Beziehungen Russland EU
Bild: picture-alliance/dpa

Die USA haben vorgelegt und als erster der G7-Staaten eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland beschlossen. Während die Botschafter der Europäischen Union in Brüssel noch tagten, gab das Weiße Hause in Washington bekannt, dass die Vermögen weiterer sieben russischer Staatsbürger eingefroren werden. Zwei davon sollen aus dem engen Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin stammen. Betroffen ist auch der Vorstandschef der staatlichen Ölgesellschaft Rosneft, Igor Sechin. Gegen 17 Unternehmen haben die USA Handelsbeschränkungen erlassen.

Die EU wollte der Ankündigung nicht nachstehen und schon wenige Minuten später kam auch die Nachricht aus Brüssel: Neue Sanktionen gegen 15 weitere russische Bürger. Sie dürfen nicht mehr in die EU einreisen und ihre Konten bei europäischen Banken werden gesperrt. Mit diesen koordinierten Schritten wollen die USA und die EU dem russischen Gegenüber demonstrieren, dass man sich in der Beurteilung der angespannten Lage in der Ukraine völlig einig sei, so EU-Diplomaten in Brüssel. Die Sprecherin der EU-Kommission, Pia Ahrenkilde sagte, es gebe zwischen den Sanktionen, die die G7-Staaten am Wochenende angekündigt hatten, und den jetzt beschlossenen Strafmaßnahmen der EU überhaupt keinen Unterschied. "EU-Kommissionspräsident Barroso und EU-Ratspräsident Van Rompuy haben eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der wir unsere tiefe Sorge über die Lage in der Ukraine ausdrücken. Die Führer der G7 sind sich einig, schnell weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Daran arbeitet die EU und wird das schnell umsetzen", so Pia Ahrenkilde. Schon am Dienstag wird die neue Sanktionsliste im Amtsblatt der EU veröffentlicht und damit rechtskräftig. Die Zahl der russischen und ukrainischen Bürger, die die EU für die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich macht, steigt damit auf insgesamt 48.

Treffen am 24. März in Den Haag: Die G7 geht gegen Russland vorBild: Jerry Lampen - Pool/Getty Images

Harte ökonomische Sanktionen "in Vorbereitung"

Von umfassenden Wirtschaftssanktionen, die Russland empfindlich treffen könnten, aber auch EU-Staaten massiv betreffen würden, ist die Europäische Union noch recht weit entfernt, so EU-Diplomaten. Die EU-Botschafter hätten sich leicht auf eine Ausweitung der Sanktionen gegen Personen einigen können. Diese Liste war schon in der vergangene Woche erstellt worden. Umstritten ist die Liste mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen ganze Branchen, die von Staaten wie Großbritannien oder Polen gefordert worden sei, heißt es aus den vertraulichen Beratungen in Brüssel. Staaten wie Frankreich oder Deutschland, die enge wirtschaftliche Verbindungen zu Russland haben, stehen solchen Strafaktionen skeptisch gegenüber, weil niemand richtig einschätzen könne, wie die Gegenmaßnahmen von Russlands Präsident Putin aussehen könnten. Deshalb bleibt es erst einmal bei Sanktionen der "Stufe 2", bestätigte auch der Sprecher der Bundesregierung in Berlin.

Rosneft-Chef Sechin (re.) steht auf der SanktionslisteBild: Reuters

Sanktionen der "Stufe 3" wären harte wirtschaftliche Einschnitte. Die hatten die Staats- und Regierungschefs der EU allerdings angedroht, falls Russland weitere Schritte zur Destabilisierung der Ukraine unternehmen sollte, nachdem es die Krim annektiert hatte. Ob diese rote Linie durch die Besetzung von öffentlichen Gebäuden durch pro-russische Milizen und die Gefangennahme von internationalen Beobachtern in der Ost-Ukraine überschritten ist, war unter den EU-Botschaftern umstritten. Nach Auskunft der Sprecherin der EU-Kommission würden Wirtschaftssanktionen der "Stufe 3" weiter vorbereitet. "Gleichzeitig gehen die Vorbereitungen für die Verhängung von wirtschaftlichen Sanktionen in noch zu bestimmenden Sektoren weiter voran", sagte Pia Ahrenkilde.

Umgekehrt: Slowakei will der Ukraine Gas liefern

Die EU-Kommission hatte für jeden einzelnen der 28 Mitgliedsstaaten eine Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen von Sanktionen gegen Russland erstellt. Die 28 Umschläge wurden kurz vor Ostern den EU-Botschaftern überreicht und waren in der vergangenen Woche in den Hauptstädten ausgewertet worden. Ein echter Handels- und Wirtschaftskrieg würde vermutlich Russland und die EU hart treffen. Russland ist weltweit gesehen der drittgrößte Wirtschaftspartner der EU. Die EU ist für Russland sogar der größte Handelspartner, wobei die Europäer hauptsächlich Gas und Öl in Russland einkaufen. Die USA sind wesentlich weniger mit Russland verflochten. Aus amerikanischer Sicht steht Russland gerade einmal auf Platz 23 der internationalen Wirtschaftspartner. Deshalb fielen den USA Entscheidungen über Sanktionen auch leichter, mutmaßten EU-Diplomaten in Brüssel.

Die Slowakei unterzeichnete am Montag einen Vertrag mit der Ukraine, der erstmals Gaslieferungen aus der EU in die Ukraine vorsieht. Dieser umgekehrte Gasfluss in der Pipeline, die eigentlich für Gaslieferungen aus Russland via Ukraine in die Slowakei vorgesehen ist, soll ab Ende 2014 möglich sein. EU-Kommissionspräsident Jose Barroso lobte in der slowakischen Hauptstadt Bratislava das Projekt als Beitrag, die Ukraine von den politischen Preisen Russlands für sein Gas unabhängiger zu machen. Der russische Gaskonzern Gazprom hatte im April die Lieferpreise für die Ukraine drastisch erhöht. Die Ukraine weigert sich, aufgelaufene Schulden an Gazprom zu zahlen.

Gas-Unternehmen aus der Ukraine und der Slowakei unterzeichnen VertragBild: Reuters

Moskau empört über neue Runde der Sanktionen

Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rybakow äußerte in Moskau "Abscheu" über die neuerlichen Sanktionen gegen Landsleute. Rybakow sagte laut der Nachrichtenagentur "Interfax", die "Kollegen in Washington verstehen offensichtlich überhaupt nichts von den wahren Verhältnissen in der Ukraine." Diese Verhältnisse kritisierte in Brüssel die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch". Sie forderte beide Seiten in der Ukraine - prorussische Milizen und Regierungstreue - auf, Menschenrechte zu achten und Angriffe auf Journalisten und lokale Politiker zu unterlassen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen