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KonflikteEuropa

EU einigt sich auf weitreichende Sanktionen gegen Russland

18. Juli 2025

Nach einer wochenlangen Blockade durch die Slowakei bringt die EU ein neues Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg. Im Fokus: Ölhandel, Schattenflotte, Finanzsektor - und erstmals auch chinesische Firmen.

Sitzungssaal des Europäischen Rates vor EU-Gipfel zu Ukraine und Nahost
Im Sitzungssaal des Europäischen Rates sollte es eigentlich schon im Juni eine Einigung zu neuen Sanktionen gebenBild: John Thys/AFP/Getty Images

Nach wochenlangen Verhandlungen haben die EU-Mitgliedstaaten ein neues, umfassendes Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Es ist das mittlerweile 18. seiner Art seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bestätigte die Einigung, die nach dem Ende einer Blockade durch die Slowakei in Brüssel erzielt wurde.

"Die EU hat gerade eines ihrer bislang schärfsten Sanktionspakete gegen Russland gebilligt", erklärte Kallas. "Wir werden den Druck weiter erhöhen, so dass ein Ende der Aggression für Moskau zur einzig verbleibenden Option wird", schrieb sie in sozialen Netzwerken.

Fokus auf Öl, Gas und Finanzsystem

Ziel der neuen Strafmaßnahmen ist es vor allem, Russlands Einnahmen aus dem Export von Öl in Drittstaaten weiter zu verringern und den russischen Finanzsektor empfindlich zu treffen. Ein zentrales Element: Sanktionen, die eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 ausschließen sollen.

Obwohl drei der vier Röhren durch einen Anschlag im September 2022 zerstört wurden, könnten sie Russland nach einer Reparatur wieder Milliardeneinnahmen durch Gasexporte ermöglichen.

Vier Explosionen zerstörten im September 2022 Teile der Nord-Stream-Pipelines in der Nähe der dänischen Insel Bornholm in der Ostsee Bild: Swedish Coast Guard/AP/dpa/picture alliance

Die Einigung war ursprünglich bereits im Juni angestrebt worden, wurde jedoch vom slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico blockiert. Dieser fürchtete Nachteile für sein Land durch den vorgesehenen Import-Stopp der EU auf russisches Gas ab 2028. Die Slowakei hat eigentlich noch bis 2034 einen Vertrag mit dem russischen Gaskonzern Gazprom.

Möglich wurde der Durchbruch nun durch Zugeständnisse an Bratislava: Die Slowakei erhielt die Zusicherung, dass sie keine schwerwiegenden wirtschaftlichen oder finanziellen Folgen zu befürchten habe, sollte der Import-Stopp für russisches Gas umgesetzt werden. Anders als beim Sanktionspaket kann dieser Plan per Mehrheitsentscheid beschlossen werden - auch gegen den Willen einzelner Staaten.

Der slowakische Premierminister Robert Fico gibt seinen Widerstand aufBild: John Thys/AFP/Getty Images

Kompromiss beim Ölpreisdeckel

Auch Malta, Griechenland und Zypern hatten Vorbehalte - insbesondere gegenüber Maßnahmen zur Senkung der Einnahmen aus dem russischen Rohölexport in Drittstaaten. Sie befürchteten Wettbewerbsnachteile für ihre Schifffahrtsunternehmen bei einer drastischen Absenkung des sogenannten Ölpreisdeckels für Verkäufe von russischem Öl an Drittstatten.

Der Kompromiss sieht nun vor, die Preisobergrenze regelmäßig anzupassen - langfristig soll sie nicht mehr als 15 Prozent unter dem durchschnittlichen Weltmarktpreis liegen.

Ursprünglich war ein fixer Deckel von 45 US-Dollar pro Barrel vorgesehen. Die Regelung betrifft Verkäufe an Drittstaaten wie Indien, China oder die Türkei. Sie wurde bereits 2022 gemeinsam mit den USA, Kanada, Großbritannien und Japan eingeführt.

Zur Durchsetzung des Preisdeckels werden Unternehmen sanktioniert, die russisches Öl mit einem Verkaufspreis oberhalb dieser Grenze transportieren oder Dienstleistungen wie Versicherung, Finanzierung oder technische Hilfe leisten.

Zusätzlich dürfen mehr als 100 Schiffe der russischen Schattenflotte künftig keine EU-Häfen mehr anlaufen. Insgesamt sind rund 450 Schiffe vom Ausschluss aus europäischen Versicherungen, Finanzierungen und technischen Dienstleistungen betroffen.

Erstmals auch chinesische Firmen betroffen

Ein weiterer zentraler Punkt des neuen Pakets ist die Abkopplung von 22 zusätzlichen Banken vom internationalen Finanzsystem SWIFT. Erstmals treffen die Maßnahmen auch zwei chinesische Finanzinstitute sowie mehrere chinesische Firmen, denen eine direkte Unterstützung des russischen Kriegs zugeschrieben wird.

Die Effektivität der Russland-Sanktionen bleibt in der politischen Debatte umstritten. Kritiker bezweifeln, dass sie die Strategie von Präsident Wladimir Putin nachhaltig beeinflussen. Befürworter argumentieren hingegen, dass die Strafmaßnahmen die russische Wirtschaft erheblich schwächten und dem Staat massive Einnahmeausfälle zufügten. Ohne die Sanktionen, so ihre Einschätzung, hätte Russland den Krieg möglicherweise längst gewonnen.

Der formale Ministerratsbeschluss soll im Laufe des Tages erfolgen. Die neuen Strafmaßnahmen treten kurz darauf in Kraft.

pgr/se (dpa, afp)

Redaktionsschluss: 17.00 Uhr (MESZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.