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Datenspeicherung nach EU-Regeln

15. Dezember 2009

In Deutschland klagen 35.000 Bürger gegen eine Richtlinie, die die Europäische Union beschlossen hat. Die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten steht auf dem Prüfstand. Was hat Europa damit zu tun?

Daten (Foto: picture-alliance/dpa)
Verbindungsdaten werden in der EU massenhaft gespeichtertBild: picture-alliance/ dpa

Nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 in den USA wurde den europäischen Innenministern klar, dass eine Überwachung der Telefon- und Internetverbindungsdaten der Täter möglicherweise geholfen hätte, die Taten zu vereiteln. Um weitere Terroranschläge zu verhindern, legte die dänische Ratspräsidentschaft 2002 einen ersten Entwurf zu einer einheitlichen Regelung der Datenspeicherung auf Vorrat vor. Dieser Entwurf fand keine Mehrheit. Einigen Mitgliedsländern war er zu lasch, anderen zu strikt. Viele Länder hatten bereits ähnliche Gesetze.

Terrorziel Vorortzüge: 131 Menschen starben in Madrid im März 2004Bild: AP

Viele Jahre gingen ins Land

Nach den Terroranschlägen im Bahnhof von Madrid 2004 wurde das Thema erneut aufgegriffen. Die Diskussion gewann an Fahrt: Die Daten sollten mindestens ein Jahr gespeichert werden und auch genutzt werden, um Straftaten zu vermeiden. Dabei ging es nicht mehr nur um Terrorakte.

Zunächst stritten der Ministerrat, die Vertretung der Mitgliedsländer, und das Parlament darüber, ob das Europäische Parlament zustimmen müsse oder nicht. 2005 wurde vereinbart, dass sowohl Ministerrat als auch Parlament den möglichen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Bürger beschließen sollten.

Wende nach den Anschlägen von London

Aufgeschreckt durch erneute Terroranschläge in London im Juli 2005 machte die britische EU-Ratspräsidentschaft das Thema zu einem ihrer wichtigsten Anliegen. Im Dezember 2005 stimmte das Parlament nach heftigen Auseinandersetzungen einer abgespeckten Version der Vorratsdatenspeicherung zu. Im Ministerrat waren alle Länder außer Irland und die Slowakei für das europäische Gesetz.

Abgeordneter Alexander Alvaro (FDP) betreute die EU-Richtlinie im EuropaparlamentBild: picture-alliance/ZB

Irland klagte gegen die Datenspeicherung vor dem Europäischen Gerichtshof und verlor im Januar 2009. Alle EU-Staaten waren verpflichtet, das europäische Gesetz innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen. 19 Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, schafften es aber nicht, das Gesetz rechtzeitig zu erlassen. Der Bundestag verabschiedete im November 2007 ein deutsches Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für Telefondienste. Die entsprechende Gesetzgebung für das Internet wurde noch einmal verschoben und trat in diesem Jahr in Kraft.

Muss die EU-Richtlinie geändert werden?

Gegen dieses Gesetz zur Umsetzung der lange umkämpften EU-Richtlinie richtet sich die Klage vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht. Die Richter in Karlsruhe können zwar das deutsche Gesetz kippen, nicht aber die Europäische Richtlinie. Diese könnten sie dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorlegen. Er könnte prüfen, ob die Richtlinie mit der Charta der Grundrechte übereinstimmt, die seit Inkrafttreten des Lissaboner Vertrages Bestandteil des EU-Rechts ist. Diesen Schritt hat das Bundesverfassungsgericht bisher aber noch nie getan.

Weitere Klagen nicht ausgeschlossenBild: picture-alliance/ dpa

Verfahren gegen Deutschland möglich

Sollte das höchste deutsche Gericht im kommenden Jahr entscheiden, dass die Europäische Gesetzgebung auf keinen Fall mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen ist, müsste die Bundesregierung innerhalb der EU auf eine Änderung oder Aufhebung der Richtlinie drängen. Sollte Deutschland die EU-Richtline nicht umsetzen, droht ein Verfahren wegen Vertragsverletzung. Dieses Verfahren, das die EU-Kommission führen würde, könnte vor dem Europäischen Gerichtshof enden. Die Verabschiedung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung war maßgeblich vom damaligen deutschen Innenminister, Wolfgang Schäuble (CDU), vorangetrieben worden.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn

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