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EU setzt Sanktionen gegen Weißrussland aus

29. Oktober 2015

Viele nennen ihn den letzten Diktator Europas. Nun kann Alexander Lukaschenko einen wichtigen Erfolg verbuchen - als Lohn für die Freilassung politischer Gefangener vor der Wahl. Wirtschaftsführer zeigten sich erfreut.

Präsident Alexander Lukaschenko (Archivbild: Sergey Guneev/Host Photo Agency/Ria Novosti via Getty Images)
Seit zwei Jahrzehnten an der Macht: Präsident Alexander Lukaschenko (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/Ria Novosti/S. Guneev

Es ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. "Do ut des" - ich gebe, damit du gibst -, hieß das bei den alten Römern. Als der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko vor der Wahl am 11. Oktober eine Reihe politischer Gefangener freiließ, wusste er genau, was er wollte - und er bekam es. Schon am Tag nach der Abstimmung entschieden die Außenminister der Europäischen Union, die Strafmaßnahmen gegen Weißrusslands politische Elite zu lockern. Dieser Beschluss wurde nun von den EU-Mitgliedsstaaten formell bekräftigt.

Für Lukaschenko, den viele als "letzten Diktator Europas" bezeichnen, ist das ein wichtiger Erfolg. So werden Reise- und Vermögenssperren gegen insgesamt 170 Weißrussen ausgesetzt, wie der EU-Rat mitteilte. Auch die Vermögen dreier Organisationen sind damit wieder freigegeben. Einziger Wermutstropfen: Das alles gilt zunächst nur für vier Monate. Anfang 2016 will die EU entscheiden, ob die Sanktionen dauerhaft aufgehoben werden.

Lockruf sorgt für Aufbruchsstimmung

Die Europäische Union wolle die Regierung in Minsk "zu weiteren positiven Entwicklungen ermutigen, die zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und Weißrussland führen würden", heißt es in der Erklärung weiter. Dieser Lockruf dürfte freilich nicht nur im Osten Europas für Aufbruchsstimmung sorgen. Auch die Wirtschaft des Westens hatte mit der gebotenen diplomatischen Zurückhaltung signalisiert, dass sie auf eine Lockerung der Sanktionen wartet. Der Leiter der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) hatte bereits vor zwei Wochen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur geschwärmt: "Weißrussland könnte sich zu einer Ost-West-Drehscheibe entwickeln."

Weniger enthusiastisch waren nach der Wahl die ersten Stellungnahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ausgefallen, die mehrere Beobachter entsandt hatte: "Einige bedeutende Probleme, insbesondere bei der Auszählung und Auswertung der Stimmen, untergraben die Integrität der Wahl", erklärte damals der Leiter der Mission, Kent Harstedt.

"Sanfte Diktatur": Proteste nach der Präsidentenwahl (Archivbild)Bild: DW/E. Daneyko

Hochglanzbilder in der internationalen Presse

Innerhalb der weißrussischen Opposition ist die Aussetzung der Sanktionen umstritten. Ihre wichtigsten Vertreter, Mikola Statkewitsch und Anatoli Lebedko, hatten nach der Präsidentenwahl bekräftigt, dass sie das Ergebnis nicht anerkennen. Die diesjährige Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch bezeichnete Lukaschenkos Regierungsstil als "sanfte Diktatur". Auch sie warnte die EU davor, den Druck auf ihn zu lockern.

Lukaschenko steht seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Spitze Weißrusslands. Er hielt sich mit der Ausschaltung politischer Gegner an der Macht, verstand es aber auch, die diplomatischen Kanäle Richtung Westen offenzuhalten. So konnte er zuletzt punkten, als sich Mitte Februar die Konfliktparteien des Ukraine-Krieges in der weißrussischen Hauptstadt auf ein Abkommen einigten. Der immer wieder zitierte "Friedensplan von Minsk" brachte Lukaschenko Hochglanzbilder in der internationalen Presse und positive Assoziationen.

Doch die Europäer wissen, dass sie die Annäherung nicht zu weit treiben dürfen. Vier Weißrussen bleiben auch fernerhin auf der Sanktionsliste der EU: Mitarbeiter des Geheimdienstes, denen vorgeworfen wird, für das Verschwinden politischer Aktivisten verantwortlich zu sein. Und auch das Waffenembargo gegen Belarus bleibt in Kraft. Für Lukaschenko dürfte dies zu verschmerzen sein. Er startete erst einmal mit einem Rekordergebnis in seine fünfte Amtszeit.

jj/mm (dpa, afp, rtr)

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