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PolitikNiger

EU stoppt Finanzhilfe und Sicherheitskooperation mit Niger

29. Juli 2023

Die EU hat nach dem Militärputsch im Niger ihre finanzielle Unterstützung und die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit ab sofort auf Eis gelegt. Die USA pochen derweil auf eine Rückkehr zur Demokratie.

Belgien EU-CELAC Josep Borrell im Gebäude des Europäischen Rates in Brüssel
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel (Archivfoto)Bild: Francois Walschaerts/AP Photo/picture alliance

Die Europäische Union erkennt die aus dem Putsch im Niger hervorgegangenen Behörden nicht an und wird sie nach den Worten des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell auch nicht anerkennen. Präsident Mohamed Bazoum sei demokratisch gewählt, erklärte Borrel. "Er ist und bleibt daher der einzige rechtmäßige Präsident des Nigers", so der Spanier. Die EU mache die Putschisten für seine Sicherheit und die seiner Familie verantwortlich. Borrell betonte zudem: "Neben der sofortigen Einstellung der Budgethilfe werden alle Maßnahmen der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit mit sofortiger Wirkung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt."

Nigrische Militärs hatten Präsident Bazoum am Mittwoch für abgesetzt erklärt und setzten auch die Verfassung außer Kraft. Am Freitag übernahm ein Militärrat offiziell die Macht, der Putsch-General Abdourahamane Tchiani präsentierte sich als neues Staatsoberhaupt. Er rechtfertigte den Umsturz mit einer angeblichen Verschlechterung der Sicherheitslage.

AU stellt Militärs ein Ultimatum

Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) forderte die Militärs auf, sich innerhalb von 15 Tagen in ihre Kasernen zurückzuziehen und die "verfassungsmäßige Autorität" wiederherzustellen. Die AU zeigte sich zudem "zutiefst besorgt über das beunruhigende Wiederaufleben von Militärputschen" auf dem afrikanischen Kontinent.

Die EU, die Vereinigten Staaten und andere Länder forderten die bedingungslose Freilassung Bazoums aus der Haft und die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung in dem westafrikanischen Land.

Der neue Machthaber im Niger: General Omar TchianiBild: ORTN/Télé Sahel/AFP/Getty Images

Niger ist ein wichtiger Empfänger westlicher Hilfe und ein wichtiger Partner der Europäischen Union bei der Eindämmung der irregulären Migration aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Die EU hat dort auch eine kleine Zahl von Soldaten für eine militärische Ausbildungsmission stationiert. Für den Zeitraum 2021 bis 2024 stellt die Europäische Union dem Land 503 Millionen Euro (554 Millionen Dollar) unter anderem für die Verbesserung von Regierungsführung und die Bildung zur Verfügung.

Blinken macht sich für Rückkehr zur Demokratie stark

Die USA wollen für eine Rückkehr zur Demokratie im Niger sorgen. Außenminister Antony Blinken habe in einem Telefonat mit dem gestürzten Präsidenten erklärt, sein Land wolle die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung sicherstellen, teilte sein Ministerium in Washington mit. Die "Taten einiger weniger Männer" bedrohten Hunderte Millionen US-Dollar an finanzieller Unterstützung für die Menschen im Niger. Blinken habe sich deshalb auch mit seiner französischen Kollegin Catherine Colonna abgestimmt. Frankreich war Kolonialmacht im heutigen Staat Niger. Die USA unterhalten in dem afrikanischen Land zwei Stützpunkte mit rund 1100 Soldaten. Das Verteidigungsministerium will die Truppenstärke in Niger vorerst nicht verändern.

Nachdem sich General Tchiani selbst zum neuen Machthaber ernannt hat, ist zunächst Stille in den Straßen der Hauptstadt Niamey eingekehrt. In der Nacht zum Samstag zogen sich die meisten der gut eine Million Einwohner der Hauptstadt in ihre Häuser zurück - manche aus Angst, andere voller Hoffnung auf einen Neubeginn in dem von Armut und Terrorismus gebeutelten Land.

Frankreich setzt Entwicklungshilfe aus

Frankreich hat derweil seine Budgethilfe an das westafrikanische Land ausgesetzt. Auch sämtliche Maßnahmen der Entwicklungshilfe würden mit sofortiger Wirkung suspendiert, teilte das französische Außenministerium in Paris mit. Frankreich fordere die sofortige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung um den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum herum.

Unübersichtliche Lage nach Putsch in Niger

02:45

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Zuvor hatte unter dem Vorsitz von Präsident Emmanuel Macron der nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat über die Lage nach der Militärrevolte beraten. Frankreich hatte verlauten lassen, es erkenne die neuen Machthaber im Niger nicht an. Macron hatte den Putsch bereits von einer Auslandsreise in Ozeanien aus als illegitim und sehr gefährlich für die gesamte Region bezeichnet.

Für die ehemalige Kolonialmacht war der Niger zuletzt ein wichtiger Partner in seinem Anti-Terror-Kampf in der Sahelzone, nachdem die Militärmachthaber in Mali und Burkina Faso den Abzug französischer Truppen gefordert hatten. Paris hat im Niger Berichten zufolge etwa 1500 Soldaten stationiert. In der Hauptstadt befinden sich auch etwa 100 deutsche Soldaten. Die französischen und europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone haben durch den Militärputsch im Niger einen schweren Rückschlag erlitten.

Schlüsselland der Sahelzone

Erst Ende 2022 hatte zudem die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Die Sahelzone gilt als Zentrum insbesondere des islamistischen Terrors. Sowohl in Mali als auch in Burkina Faso und Niger sind Gruppen des "Islamischen Staates" und von Al-Kaida tätig. Wie es mit der Kooperation weitergeht, ist unklar. Nach Putschen in Mali und Burkina Faso war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.

Hunderte Unterstützer der Putschisten versammeln sich in der Hauptstadt NiameyBild: Souleymane Ag Anara/REUTERS

Auch der UN-Sicherheitsrat brachte seine Sorge über die Auswirkungen des Staatsstreichs für die Region zum Ausdruck. Man sei besorgt über die "negativen Auswirkungen verfassungswidriger Regierungswechsel in der Region, eine Zunahme terroristischer Aktivitäten und die verzweifelte soziale und wirtschaftliche Situation", hieß es in einer Stellungnahme des Gremiums. Die Entwicklungen im Niger unterminierten Bemühungen, Frieden und Stabilität in dem Land zu stärken. Die verfassungsmäßige Ordnung im Niger müsse dringend wiederhergestellt werden, forderte das Gremium.

kle/se/uh/jj (afp, dpa, rtr)