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Politik

Merkel und Macron in vielem einig

Kay-Alexander Scholz
19. Juni 2018

Kanzlerin Merkel muss in zwei Wochen der CSU europäische Lösungen in Asylfragen präsentieren. Das Treffen mit Frankreichs Präsident Macron war für sie ein guter Anfang - auch, weil es Bewegung bei den EU-Reformen gab.

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Bild: Reuters/H. Hanschke

Als wäre es für Kanzlerin Angela Merkel gerade nicht schon schwer genug, die Krise zwischen den beiden konservativen Parteien CDU und CSU zu managen: Am Tag nach einer Vertagung des Streits um die Asyl- und Flüchtlingspolitik stand am Dienstag gleich die nächste Großbaustelle auf der Tagesordnung - beim Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ging es um die Reformen in der Europäischen Union. Lange hatte Deutschland nicht auf die französischen Vorschläge dazu geantwortet. Nun aber drängte die Zeit - Ende des Monats ist EU-Gipfel in Brüssel. Und: Beide Baustellen hängen zusammen.

Das Treffen fand im Rahmen des halbjährlichen deutsch-französischen Ministerrats statt. Tagungsort war das Gästehaus der Bundesregierung 70 Kilometer außerhalb Berlins. Vor dem Treffen hatten Merkel und Macron - trotz 75-minütiger Verspätung - die Gelegenheit zu einem Austausch zu zweit. Am Vorabend war schon der neue italienische Ministerpräsident bei Merkel zu Gast. Solch reger Besuchsverkehr auf Spitzenebene findet häufig vor EU-Gipfeln statt - schließlich gilt es sich abzusprechen.

Schloss Meseberg: Gemütliche Atmosphäre für Merkel und Macron im Gästehaus der BundesregierungBild: Reuters/Bundesregierung

Deutsch-französischer Schulterschluss

Die innenpolitisch geschwächte Kanzlerin verbuchte Meseberg als Erfolg. Merkel verkündete in einer gemeinsamen Pressekonferenz einen Schulterschluss mit Macron und sprach von einem "neuen Kapitel" für die bilaterale und die europäische Zusammenarbeit. Auch Macron gab sich optimistisch - Europa könne Fortschritte machen. Wichtig sei es, "souverän und gleichzeitig geeint" aufzutreten. Das müsse die neue Philosophie für Europa sein. Vier Themen standen auf der Tagesordnung:

  • Stärkung der Außen- und Verteidigungspolitik
  • Reform der Wirtschafts- und Währungsunion
  • gemeinsame Asylpolitik
  • Forschungskooperationen etwa bei Künstlicher Intelligenz.

Bei einigen Fragen lagen die Vorstellungen in beiden Hauptstädten weit auseinander. Folgende Punkte fanden Eingang in eine gemeinsame "Meseberger Erklärung":

  • eine "Interventionsinitiative" in der Verteidigungspolitik mit Abstimmung der Waffensysteme
  • ein europäischer Sicherheitsrat
  • mehr Geld und Personal beim Schutz der EU-Außengrenzen
  • Asylzentren auch außerhalb der EU zum Beispiel in Nordafrika
  • besondere Unterstützung für EU-Staaten mit besonders vielen Flüchtlingen
  • ein eigenes EU-Budget bis 2021 als Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) für Investitionen aus nationalen Mitteln und möglichen europäischen Steuern
  • eine Agentur für Künstliche Intelligenz
  • weniger EU-Kommissare
  • transnationale Listen bis zur übernächsten EU-Wahl im Jahr 2024.

Merkel und Macron betonten, dass diese Maßnahmen Vorschläge seien und im Detail noch nicht ausgearbeitet. Das hängt auch mit der neuen europäischen Gemengelage zusammen. War es in der Vergangenheit so, dass die anderen EU-Staaten mit aufsprangen, wenn das Tandem Paris-Berlin in Bewegung kam, so ist es nun nicht mehr so einfach. Aus den Niederlanden hieß es schon, man wolle bei einem Eurozonen-Haushalt nicht mitgehen. Auch aus Nordeuropa wurde zuletzt viel Skepsis über neue EU-Töpfe formuliert.

Frankreich sagt Hilfe im Asylstreit zu

Und beim Streitthema Asyl? Auf die Frage eines Journalisten sagte Macron "Ja" zu einem bilateralen Abkommen in Asylfragen. Schon in Frankreich registrierte Flüchtlinge sollen nicht nach Deutschland gelassen werden, versprach Macron.

Dass dürfte nicht nur Merkel gern gehört haben, sondern auch Bundesinnenminister Horst Seehofer. Beide haben sich zwei Wochen Pause im Asylstreit gegeben. Seehofer will eine Zurückweisung, wie Macron sie versprach. Merkel hat sich zum Ziel gesetzt, bilaterale Abkommen genau dieser Art auf den Weg zu bringen - innerhalb von zwei Wochen.

AfD fällt es schwer, CSU rechts zu überholen

Im Regierungsviertel in Berlin ging derweil die Diskussion über den Streit zwischen Seehofer und Merkel auch am Dienstag weiter - auch bei der "Alternative für Deutschland" (AfD). Die Rechtspopulisten präsentierten der Presse ihren "Notfallplan" in der Flüchtlingspolitik. Was dabei auffiel: Es fällt der AfD mittlerweile schwer, die CSU noch rechts zu überholen. Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten machen? Ist längst im Gespräch. Sach- statt Geldleistungen? Steht so im Masterplan. Nach einer längeren Diskussion mit Journalisten hieß das Motto dann: maximale Zuspitzung.

AfD-Politiker Beatrix von Storch und Alexander GaulandBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Die Gesetzeslage sei, so interpretiert es die AfD, dass eigentlich niemand mehr auf dem Landweg nach Deutschland einreisen dürfe, weil er immer über einen "sicheren Drittstaat" käme - was allerdings ausblendet, dass es dennoch ein sogenanntes Selbsteintrittsrecht gibt. "Kein Anspruch auf Asyl heißt aber auch kein Anspruch auf Asylverfahren", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Beatrix von Storch. Politisches Asyl solle nur noch einzelnen Personen zustehen, wie zum Beispiel dem Whistleblower Edward Snowden. Ansonsten gelte eine "Quote Null".

Trotz aller Streitigkeiten: In einem Punkt ist man sich im Regierungsviertel über Parteigrenzen hinweg einig: Das wird ein politisch heißer Sommer - nix mit Sommerpause. Allerdings sei das doch schon fast normal, wenn man auf die vielen Krisen der letzten Jahre zurückblicke. Das sagt eine Frau, die das immer hautnah mitbekommt: die Kassiererin in der Bundestagskantine.

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