EU und China fordern Neuausrichtung ihrer Beziehungen
24. Juli 2025
Die Spitzen der Europäischen Union und der chinesischen Staatsführung haben sich in Peking zu einem eintägigen Gipfeltreffen getroffen. Es markiert den ersten direkten Austausch auf höchster Ebene seit Dezember 2023 und fällt in das 50. Jahr diplomatischer Beziehungen zwischen der EU und China.
Chinas Präsident Xi Jinping betonte die Bedeutung engerer Beziehungen. "Je schwieriger und komplexer die internationale Lage ist, desto wichtiger ist es für China und die EU, die Kommunikation zu verstärken, das gegenseitige Vertrauen zu stärken und die Zusammenarbeit zu vertiefen", sagte Xi in der Großen Halle des Volkes in Peking.
Es gebe keine fundamentalen geopolitischen Gegensätze zwischen den beiden Seiten, so Xi weiter. Die Herausforderungen Europas kämen nicht aus China.
Gegenseitige Kritik an Handelsbeschränkungen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete ihren Besuch in Peking als "besonders". Sie betonte in einem Statement, dass eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit möglich sei.
Zugleich forderte von der Leyen eine "Neugewichtung" der bilateralen Beziehungen. Die wachsende wirtschaftliche Verflechtung habe auch zu stärkeren Ungleichgewichten geführt. "Ein Wendepunkt ist erreicht", sagte sie. Die EU und China müssten ihre "jeweiligen Anliegen anerkennen und echte Lösungen vorlegen".
Auch EU-Ratspräsident António Costa sprach sich in Peking für ein neues Gleichgewicht aus: "Wir wollen beide, dass unsere Beziehung für beide Seiten von Vorteil ist."
Ein zentrales Thema beim Gipfel war das enorme Handelsdefizit der EU mit China. Dieses betrug laut von der Leyen im vergangenen Jahr 305,8 Milliarden Euro - ein Wert, den sie als "untragbar" bezeichnete. Die EU drängt daher auf besseren Marktzugang für europäische Unternehmen und eine Lockerung der chinesischen Exportkontrollen für Seltene Erden, die für Europas Hightech-Industrie von großer Bedeutung sind.
Zugleich beklagte die Führung in Peking erneut die von der EU verhängten Einfuhrzölle auf chinesische Elektroautos und medizintechnische Geräte. Diese Maßnahmen stoßen auch in Teilen der europäischen Industrie auf Kritik.
Umgekehrt kritisiert Brüssel chinesische Überkapazitäten in Sektoren wie Solarzellen oder E-Mobilität, die europäische Produzenten zunehmend unter Druck setzten. Von der Leyen sprach in diesem Zusammenhang von einem notwendigen "strategischen Kurswechsel".
Chinas Einfluss im Ukraine-Krieg
Der Krieg in der Ukraine stellt nach wie vor das größte geopolitische Hindernis in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China dar. Während Europa China auffordert, seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss auf Russland aktiv zu nutzen, um den Angriffskrieg zu beenden, bleibt die chinesische Regierung bei seiner Haltung der "strategischen Ambiguität".
Die EU wirft China vor, Russland über Zwischenhändler oder durch laxen Zoll- und Finanzkontrollen mit sogenannten Dual-Use-Gütern zu versorgen. Das sind Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können.
Die Aufnahme mehrerer chinesischer Unternehmen und Banken in das 18. EU-Sanktionspaket gegen Russland hat zu diplomatischen Verstimmungen geführt. Aus Sicht der EU ist Chinas Unterstützung für Russland mitverantwortlich für die Verlängerung des Kriegs.
EU-Ratspräsident Costa forderte daher in Peking deutlich: "Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates fordern wir China auf, seinen Einfluss auf Russland geltend zu machen, damit es die Charta der Vereinten Nationen achtet und den Angriffskrieg gegen die Ukraine beendet."
Obwohl China offiziell betont, eine neutrale Vermittlerrolle einnehmen und sich für Friedensverhandlungen einsetzen zu wollen, sehen europäische Diplomaten bislang wenig konkrete Anzeichen für eine echte Kursänderung. Insgeheim hoffen EU-Vertreter dennoch, dass China mittel- bis langfristig aus eigenem geopolitischen Kalkül eine aktivere Rolle in Richtung Konfliktlösung einnimmt.
Trotz der Spannungen gibt es auch Anknüpfungspunkte - etwa beim Klimaschutz. Beobachter halten eine gemeinsame Erklärung zum Thema für möglich. Der Kampf gegen den Klimawandel gilt als einer der wenigen Bereiche, in denen EU und China aktuell konstruktiv zusammenarbeiten könnten.
pgr/AR (dpa, afp, rtr)
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