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Politik

EU und Japan: Neue beste Freunde

Catherine Martens
6. Juli 2017

Die Europäische Union und Japan erbringen zusammen ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Mit einem weitreichenden Handelspakt wollen sie ihre Beziehungen ausweiten. Und ein Zeichen setzen.

EU-Japan- Gipfel in Brüssel
v.l.: EU-Ratspräsident Donald Tusk, Japans Premier Shinzo Abe und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude JunckerBild: picture-alliance/abaca/D. Aydemir

Für Sekunden steht sein glatter Haarschopf zu Berge, dann lässt der Windstoß nach. Herzlich drückt Japans Premierminister Shinzo Abe die Hand von EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Keine höfliche Reserviertheit, sondern offenkundige Zufriedenheit steht nach ihrem Treffen in beiden Gesichtern geschrieben. Das Timing könnte nicht besser sein: "Pünktlich zum G-20-Gipfel morgen demonstrieren Japan und die EU unseren starken politischen Willen, die Flagge des Freihandels zu schwenken", sagte Abe bei der gemeinsamen Pressekonferenz ohne einen Hauch von japanischer Zurückhaltung: "In Zeiten internationalen Umschwungs wird Japan stärkere Bindung mit Europa suchen."

Fingerzeig für Trump

Wichtigster Adressat dieses Zeichens ist US-Präsident Donald Trump, der dem Protektionismus zu neuer Blüte verhelfen will: "Wir sind überzeugt, dass im Protektionismus keine Chance liegt", sagte dann auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit entsprechendem Nachdruck. Gemeinsam mit Japan habe man bewiesen, schob EU-Ratspräsident Donald Tusk hinterher, dass man nicht gewillt sei, rückwärts zu gehen, um sich von der Welt abzuschotten.

"Economic Partnership Agreement" heißt der Handelspakt im EU-Jargon. Seit 2013 laufen dazu die Gespräche, ganze 18 Verhandlungsrunden später könne man nun "den Beginn eines Konsenses" sehen, so EU-Diplomaten, die mit den Dossiers vertraut sind.

Die EU möchte die Ausfuhren nach Fernost erhöhen und dafür schrittweise fast alle Zölle abschaffen, die sich aktuell auf rund eine Milliarde Euro jährlich belaufen. Zuviel, kritisierten europäische Unternehmen immer wieder. Nun soll der japanische Markt etwa für europäischen Käse geöffnet werden. Im Gegenzug sollen die europäischen Zölle für japanische Autos fallen.

Viele Fragen offen

Das Freihandelsabkommen zwischen den beiden Staaten könnte die Exporte nach Japan um bis zu 30 Prozent steigern, so die Schätzungen. Einen Großteil des Warenverkehrs machen Maschinen und Elektrogeräte, Fahrzeuge sowie Chemie- und Pharmaprodukte aus. Besonders bei industriell verarbeiteten Lebensmitteln rechnet Brüssel mit einem deutlichen Anstieg. Einen großen Erfolg habe man laut EU-Diplomaten gerade in diesem Sektor eingefahren: Japan habe grünes Licht gegeben für den Schutz der Herkunftsbezeichnung. Das war den Europäern wichtig. Ein Gorgonzola bleibt also ein Gorgonzola, ein Champagner ein Champagner. Egal ob in Japan oder Europa.

Klars Zeichen, unklarer Inhalt. Bis zur Einigung haben die Freihandels-Delegationen der EU und Japans noch viel zu tunBild: picture-alliance/abaca/D. Aydemir

Eine knappe Stunde nur dauerte das bilaterale Treffen zwischen Japan und Europa. Nicht etwa, weil alle Kapitel bereits in trockenen Tüchern wären, sondern weil die heutige Zusammenkunft eine politische Willensbekundung und kein ein fertiger Deal war. An Superlativen wurde dennoch nicht gespart: Das heutige Treffen sei eine Sternstunde, heißt es aus japanischen Delegationskreisen. Und Jean-Claude Juncker schwärmte, die Europäische Union könne mit dem Handelspakt "schneller und einfacher nach Japan liefern" - und umgekehrt.

Transparenz? Note sechs.

So einfach ist es freilich nicht. Heikel und bislang ungeklärt bleibt etwa die Frage rund um die Schiedsgerichte: "Es ist kein Geheimnis, dass Brüssel auf sogenannte Investitionsgerichtshöfe drängt", sagte der japanische Delegations-Chef Norio Maruyama der DW. Alle Beteiligten wüssten, dass die EU bei diesem Thema "sehr eigene" Vorstellungen hege. Japan habe andere. "Es liegen derzeit zwei Vorschläge auf dem Tisch. Der europäische und der japanische. Dazwischen nichts."

Auch Sorgen um Standards in Umwelt und Nachhaltigkeit sind keine Petitesse. Der Grüne und EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer kritisiert etwa die laxe Haltung der EU bei illegalem Holzfällen. Es sei "nicht nachvollziehbar", warum die EU Japan nicht stärker in die Pflicht genommen habe. Dass die EU bislang nur eine Handvoll der Dokumente öffentlich machte, ist ein zusätzlicher Grund dafür, dass viele Bürger und Nichtregierungsorganisationen das Abkommen ablehnen.

Weitere Hakelei: Der Brexit

Auf den Ausstieg Großbritanniens hätten die Japaner gerne verzichtet. Wie genau er sich auswirken werde, ob eventuell nachverhandelt werden müsse, darauf gebe es derzeit noch keine konkrete Antwort. Doch eines stellt die japanische Delegation klar: "Japan hat im UK nur investiert, weil es Mitglied der EU ist." Sollte der Brexit Realität werden, so Chefdiplomat Maruyama, werde Japan nachjustieren.

Ratspräsident Tusk feuerte seinerseits eine Spitze gegen Großbritannien ab: "Wir haben heute bewiesen, dass Handel mit der EU besser funktioniert als ohne."

Lange Nase Richtung Trump. Lange Nase Richtung UK. Mission erledigt. Nur, alleine diese politische Genugtuung wird nicht ausreichen, damit 2019 das Freihandelsabkommen in Kraft treten kann. Auch der Rat der Europäischen Union und das EU-Parlament müssen noch ihre Daumen heben. Damit das glatt geht, so ein EU-Diplomat, seien noch ein paar Meter zu gehen.

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