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Politik

Warschau spricht von Erpressung

26. Juli 2017

Die Europäische Kommission kündigt weitere Schritte im Disziplinarverfahren gegen Polen an, sollte die Regierung Rechtstaatlichkeitsprinzipien verletzen. Warschau zeigt sich unbeeindruckt bis empört.

Polen Justizminister Zbigniew Ziobro
Bild: picture-alliance/PAP/P. Supernak

Der Vize-Chef der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, kündigte weitere Disziplinarschritte gegenüber Polen an, falls es weiterhin die Unabhängigkeit der eigenen Justiz nicht gewähren könne. Konkret sprach er von möglicher Anwendung von Artikel 7 des EU-Vertrages, falls die polnische Regierung die Unabhängigkeit der Richter einschränke und damit die Rechte der EU-Bürger beschneide. Für Polen könnte das schmerzhafte Konsequenzen bedeuten, wie etwa finanzielle Strafen. Timmermans gab der polnischen Regierung einen Monat Zeit, auf die Empfehlungen der Kommission zu reagieren.

EU-Kommissar Timmermans droht mit Artikel 7 des Lissabonner EU-Vertrages.Bild: Getty Images/AFP/T. Charlier

Regierung wirft der EU Erpressung vor

Wenig später ging man in Polen zum Gegenangriff über. Der Regierungssprecher nannte die Ankündigungen aus Brüssel eine "Erpressung durch Beamte der Europäischen Union". "Keine solche Drohungen werden uns beeindrucken, ganz im Gegenteil, sie sind für uns eine Bestätigung, dass wir richtig handeln", kommentierte der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro. Zugleich warf er der EU doppelte Standards vor und verwies auf Deutschland und die Niederlande, wo ebenfalls Richter von Politikern gewählt würden. Die Reform der polnischen Justiz sei notwendig und die Regierung habe das demokratische Mandat, die eigene Justiz zu reformieren.

Ziobro warf Timmermans zudem vor, Polen und seine Bürger "schlecht und ungerecht zu behandeln". Brüssels Forderungen seien gegenstandslos und unberechtigt, so der Minister, der nach den Plänen der Regierung fast uneingeschränkte Macht über die Besetzung der Gerichtsvorsitzenden in Polen erhalten soll. Die EU-Kommission warnte deshalb: Kommt es zur Entlassung von Richtern am Obersten Gericht, kann Artikel 7 sofort greifen. Dies wurde von der Opposition in Polen als Signal an Präsident Andrzej Duda verstanden, dass dieser sich bei der Übrarbeitung der bemängelten Gesetze nicht von der PiS über den Tisch ziehen lässt.

Schwieriger Dialog

Duda stoppte zwei von drei umstrittenen Gesetzen und soll binnen 21 Tagen neue Vorschläge erarbeiten. Die Opposition appelliert deshalb an den polnischen Präsidenten, dass er bei der Überarbeitung der Gesetze die Rechtstaatlichkeit in den Mittelpunkt stellt und auch noch das bereits unterschriebene Gesetz entsprechend verbessert. "Anderenfalls drohen Polen Konsequenzen, die zum 'Polexit' führen können", sagte Grzegorz Schetyna, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO).

Polens Präsident Andrzej Duda: Im Streit mit seiner bisherigen politischen Heimat.Bild: picture alliance/Pap/P.Supernak

Verschiedene Oppositionsparteien bieten jetzt dem Präsidenten an, ihn zu unterstützen. Duda kritisierte bei seiner Erklärung zum Veto, die Regierung bereite die Gesetze ohne gesellschaftliche Konsultationen vor.

Kommt es zur Spaltung der PiS?

Wie tief der Graben zwischen Regierung und Duda ist, zeigten die vergangenen Tage seit dem Veto des Präsidenten: Beide Seiten belehrten einander und machten sich gegenseitig Vorwürfe. So ging es um die Frage, ob Duda seine Kariere der PiS verdankt oder die Partei ihren Wahlerfolg dem Präsidenten. Über mögliche Kompromisse oder gar Inhalte wurde erst gar nicht gesprochen.

Die Regierung erklärt zwar Dialogbereitschaft gegenüber dem Präsidenten, kündigt aber zugleich an, bedingungslos an ihren Prioritäten festzuhalten. Damit droht eine weitere Zuspitzung: Gibt Duda in den umstrittenen Punkten nach, riskiert er seine Glaubwürdigkeit; er verglich die geplanten Gesetze mit dem Recht im kommunistischen Polen.

Stellt sich Duda sich quer, muss er damit rechnen, politisch isoliert zu werden. Bisher galt die Regierung als sein politisches Lager, der PiS-Vorsitzende Kaczynski als sein politischer Ziehvater. Seine aktuelle Emanzipation stellt diese "Ordnung" auf den Kopf. Plötzlich erscheinen sogar Neuwahlen und neue politischen Bündnisse möglich.

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