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Politik

EU will US-Sanktionen blockieren

6. August 2018

Mit einem "Abwehrgesetz" will die EU Firmen bewegen, weiter im Iran zu arbeiten. Doch ein Schutz vor US-Sanktionen im Streit um das Iran-Atom-Abkommen bleibt in der Praxis eher schwierig. Bernd Riegert aus Brüssel.

Flagge EU Iran
Bild: Getty Images/AFP/E. Dunand

Unsicherheit im Iran-Geschäft wächst

02:51

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Die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, und drei EU-Außenminister, Jeremy Hunt aus Großbritannien, Jean-Yves Le Drian aus Frankreich und Heiko Maas aus Deutschland, haben gemeinsam die US-Sanktionen gegen den Iran verurteilt. Nach dem Rückzug der US-Administration aus dem "Iran-Deal", der eine friedliche Nutzung der Kernenergie im Iran sicherstellen soll, halten die EU, China, Russland und der Iran weiter an dem Abkommen fest. Die EU will die aktuellen amerikanischen Sanktionen, die auch europäische Unternehmen abstrafen sollen, die mit dem Iran Handel treiben, gerne unterlaufen.

Die "sekundären" Sanktionen, die die USA gegen europäische Unternehmen verhängen, hält die EU-Kommission in Brüssel für illegal. Die Amerikaner wollen europäischen Autobauern, Banken und Energiekonzernen verbieten, mit dem Iran Geschäfte zu machen. Sollten sie gegen das Verbot verstoßen, könnten Vermögenswerte in den USA beschlagnahmt werden. Auch amerikanische Unternehmen, die mit europäischen Firmen handeln, welche wiederum im Iran engagiert sind, werden mit Strafen bedroht.

Auf einer Linie: Irans Außenminister Zarif (li.), EU-Außenbeauftragte Mogherini (Archiv Mai 2018)Bild: picture-alliance/Photoshot/European Union

EU möchte US-Sanktionen "blockieren"

Die EU hat deshalb ihrerseits ein sogenanntes "Blocking Statute" erlassen, um die Wirkung der amerikanischen Sanktionen abzuwehren. "Europäische Unternehmen sollen geschützt werden", erklärte dazu ein EU-Beamter in Brüssel. "Wir schreiben den Unternehmen aber nicht vor, welche wirtschaftlichen Entscheidungen sie treffen. Kein Unternehmen kann gezwungen werden, im Iran zu investieren." Die europäischen Firmen erhalten das Recht, vor europäischen Gerichten gegen die US-Sanktionen zu klagen und Schadenersatz vom amerikanischen Staat oder amerikanischen Unternehmen einzufordern. In der Praxis dürfte dieser Weg sehr langwierig und kostspielig sein. Die EU-Kommission räumte ein, dass es keinen Präzedenzfall gebe. Das "Blocking Statute" oder Abwehrgesetz ist, obwohl bereits 1996 zum ersten Mal erlassen, noch nie angewendet worden. Damals reichte bereits die Drohung mit dem Gesetz, um die USA zu einem Aussetzen von sekundären Sanktionen zu bewegen. Damals ging es um Wirtschaftssanktionen gegen Kuba und auch den Iran.

Im aktuellen Streit um den Iran hat die US-Regierung es Ende Juli ausdrücklich abgelehnt, die EU-Unternehmen von den sekundären Sanktionen auszunehmen. US-Präsident Donald Trump setzt auf Konfrontation und hat sich mit der iranischen Führung scharfe Wortgefechte geliefert. Er ist allerdings auch zu einem Gipfeltreffen bereit.

Wie groß der wirtschaftliche Schaden für Unternehmen sein könnte, die den sekundären US-Sanktionen unterworfen werden, konnte die EU-Kommission nicht beziffern. Bereits jetzt haben viele Unternehmen und Banken angekündigt, sich aus dem Iran-Geschäft zurückzuziehen, vor allem wenn sie Unternehmenswerte oder Immobilien in den USA haben, auf die der Staat im Zweifelsfalle zugreifen könnte.

Entschlossener Rückzug: US-Präsident Trump kündigt das Atomabkommen mit Iran (Mai 2018)Bild: Reuters/J. Ernst

Strafen wegen Befolgen der Sanktionen möglich

Das "Blocking Statute" verbietet es europäischen Unternehmen, sich an die amerikanischen Sanktionen zu halten. Das könnte in den EU-Mitgliedsstaaten mit Strafen belegt werden. Allerdings kann ein Unternehmen immer sagen, es ziehe sich aus wirtschaftlichen Überlegungen und nicht wegen der US-Sanktionen aus dem Iran zurück. Ein hoher EU-Beamter machte in Brüssel deutlich, dass es nicht darum gehe, europäische Unternehmen doppelt zu strafen. Es solle vielmehr um Abschreckung gehen.

Die USA sollten das klare politische Signal erhalten, dass sich Europa nicht so einfach amerikanischen Alleingängen unterwirft. Deshalb haben die EU-Außenbeauftragte Mogherini und die drei europäischen Außenminister auch angekündigt, sich für einen Finanzierungskanal und weitere Öl- und Gasexporte aus dem Iran einzusetzen. Das Ziel der USA ist es, den Iran völlig vom Geldmarkt auszuschließen und seine Energieexporte, die Hauptdevisenquelle, auf Null zu drücken. Die Sanktionen gegen Öl- und Gasfirmen sollen im November wieder in Kraft gesetzt werden. Die EU will nun prüfen, ob die Zentralbanken der Mitgliedsstaaten den weiteren Zahlungsverkehr mit der iranischen Staatsbank aufrecht erhalten können.

Frankreichs Autobauer Renault bleibt vorerst im IranBild: ILNA

EU setzt weiter auf den Iran

Viele private Banken, darunter auch die Deutsche Bank, winken beim Thema Iran allerdings ab. Für sie ist der ungehinderte Zugang zum amerikanischen Finanzmarkt wesentlich wichtiger. Selbst die Bank der Europäischen Union, die Europäische Investitionsbank (EIB), ist äußerst zurückhaltend. Bank-Präsident Werner Hoyer hatte im Juli gesagt, die EIB könne sich künftig nicht mehr an Iran-Geschäften beteiligen. "Wir können dort keine Rolle mehr bei internationalen Finanzierungen spielen." Die EU-Kommission hat die EIB nun aufgefordert und juristisch ermächtigt, eben das zu tun.

Betroffen von den US-Sanktionen sind vor allem französische und italienische Firmen. Der französische Energiekonzern "Total" will ein 5 Milliarden Euro teures Großprojekt nicht mehr fortführen. Italienische Unternehmen sagen bereits geplante Investitionen wieder ab. Ähnliches gilt für den deutschen Siemens-Konzern. Der französische Autokonzern PSA will sein Iran-Geschäft wieder verkleinern. Renault will vorerst bleiben. Der europäische Flugzeugkonzern Airbus hat 100 Bestellungen iranischer Luftfahrtlinien vorliegen. Wie viele der Maschinen wirklich geliefert werden können, ist unklar, da sie auch Teile aus amerikanischer Produktion oder US-Lizenzen beinhalten.

"Wir wollen zeigen, dass wir uns dem Iran-Abkommen nach wie vor verpflichtet fühlen", sagte ein hoher EU-Beamter. Die Hoffnung ist nun, dass sich auch die wirtschaftlich schwer unter Druck stehende Führung in Teheran weiter an das Abkommen hält und auf den Bau von Atomwaffen verzichtet.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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