EUFOR-Militärmission verstärkt Kräfte in Bosnien-Herzegowina
8. März 2025
Angesichts der jüngsten Spannungen in Bosnien-Herzegowina hat die EU-Mission EUFOR eine "vorübergehende Verstärkung" ihrer dortigen Kräfte angekündigt. Dabei handele es sich um eine "proaktive Maßnahme", die darauf abziele, Bosnien-Herzegowina "im Interesse aller seiner Bürger zu unterstützen", teilte EUFOR mit. Zur Anzahl der zusätzlichen Kräfte machte die Mission zunächst keine Angaben. Zugleich kündigte die NATO an, Generalsekretär Mark Rutte werde am Montag die bosnische Hauptstadt Sarajevo besuchen.
Das bosnische Verfassungsgericht hatte am Freitag mehrere vom bosnischen Serbenführer Milorad Dodik unterzeichnete Gesetze einstweilig gekippt. Diese sahen vor, die gesamtstaatliche bosnische Polizei und Justiz aus der überwiegend von bosnischen Serben bewohnten Republika Srpska zu verbannen. Zudem stünde damit eine Tätigkeit bosnischer Serben für die Polizei oder die Justiz des Zentralstaats unter Strafe; es drohten bis zu fünf Jahre Gefängnis. Das Verfassungsgericht begründete die Aufhebung der Gesetze damit, dass ihre Anwendung die Verfassungs- und Rechtsordnung und die politische Stabilität in Bosnien-Herzegowina gefährden würde.
Ein Jahr Haft für Dodik
Die Annahme des Gesetzespakets durch das Parlament der Republika Srpska war wiederum eine Reaktion auf ein Gerichtsurteil gegen Dodik. Die Justiz des Zentralstaats hatte Dodik in der vergangenen Woche zu einem Jahr Haft verurteilt und mit einem sechsjährigen Ausschluss von allen politischen Ämtern belegt.
Die Richter in Sarajevo sahen es als erwiesen an, dass der Serbenführer Weisungen des Hohen Repräsentanten der Vereinten Nationen, Christian Schmidt, missachtet hatte. Gegen dieses Urteil sind noch Rechtsmittel möglich.
Dodik kündigte an, er wolle die Entscheidung des Verfassungsgerichts vom Freitag nicht anerkennen. Der Präsident der Republika Srpska gilt als Russland-naher Nationalist. Er setzt sich seit Jahren für eine Abspaltung des serbischen Landesteils vom bosnischen Staat ein.
Sein jüngstes Vorgehen wurde von mehreren westlichen Regierungen scharf kritisiert. Der Außenminister der USA, Marco Rubio, erklärte, die Maßnahmen gegen die zentralstaatlichen Institutionen Bosnien-Herzegowinas bedrohten die Sicherheit und Stabilität des Landes. Dies sei ein "gefährliches und destabilisierendes" Verhalten. Ähnlich äußerte sich Deutschlands Auswärtiges Amt in Berlin.
Sicherung eines fragilen Friedens
Die Stabilisierungsmission EUFOR Althea, von der Europäischen Union geführt, verfügt in Bosnien-Herzegowina über rund 1500 Soldaten. Diese Zahl nannte eine Parlamentsdelegation aus Österreich, die das Land im Februar besuchte. Seit 2022 beteiligt sich auch die deutsche Bundeswehr wieder mit bis zu 50 Soldaten. Die Mission soll für Frieden sorgen in dem vom Bosnien-Krieg in den frühen 1990er-Jahren stark betroffenen heutigen Staat Bosnien-Herzegowina. Der bosnisch-muslimische Vertreter der Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina, Denis Becirovic, forderte die EUFOR derweil auf, ihre Soldaten "an strategischen Punkten" im Land einzusetzen.
Das nun gekippte Gesetz hatte die ohnehin schon angespannte Lage weiter verschärft. So teilte die in der Republika Srpska liegende Gedenkstätte Srebrenica mit, sie habe ihre Türen "bis auf Weiteres" geschlossen. Die Leitung begründete dies mit der Unsicherheit, die durch die anhaltende politische Krise ausgelöst worden sei.
In der bosnischen Stadt Srebrenica hatten serbische Einheiten im Sommer 1995 rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet. Das Massaker gilt als eines der schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg; es wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und vom Internationalen Gerichtshof (IGH) als Völkermord eingestuft.
Schwache Zentralregierung
Bosnien-Herzegowina ist seit dem 1995 unterzeichneten Dayton-Abkommen aufgeteilt in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska im Norden und Osten sowie die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina, die sich vom Nordwesten bis zur Südspitze und ins Zentrum des Landes erstreckt. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung miteinander verbunden. Fast ein Drittel der 3,5 Millionen Einwohner Bosniens lebt in der Republika Srpska, deren Gebiet fast die Hälfte des Balkanstaates ausmacht.
Der Hohe Repräsentant der UN für Bosnien-Herzegowina überwacht die Umsetzung der zivilen Aspekte des Abkommens von Dayton. Der deutsche Politiker Christian Schmidt hat das Amt seit 2021 inne.
jj/AR (dpa, afp, kna, EUFOR)
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