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Politik

Ist eine Brexit-Umkehr noch möglich?

4. Oktober 2018

Gibt es die Suche nach einem Notausgang? Die europafreundlichen Schotten wollen von den obersten EU-Richtern klären lassen, ob Großbritannien seinen Brexit-Antrag - im Falle eines Falles - noch zurückziehen kann.

Symbolbild Brexit EU Großbritannien Schottland Flaggen Schottenrock Tracht
Bild: Getty Images/JJ.Mitchell

Schottland dringt auf ein rasche richterliche Klärung der Frage, ob Großbritannien grundsätzlich auch ohne Zustimmung der anderen EU-Mitglieder den beantragten Austritt aus der Staatengemeinschaft rückgängig machen könnte. Das höchste Gericht Schottlands mit Sitz in Edinburgh bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hierzu um eine Vorabentscheidung. Eine mit dem Fall vertraute Person sagte, das Gericht mit Sitz in Luxemburg hoffe auf eine Entscheidung noch vor Weihnachten.

Initiative von schottischen Abgeordneten

Mehrere schottische Abgeordnete hatten den Antrag in Edinburgh eingereicht. Darin argumentieren sie, dass Großbritannien zweifelsfrei den Brexit mit Erlaubnis der anderen 27-EU-Staaten stoppen könnte, wenn es dies wollte. Es sollte ihrer Auffassung nach jedoch auch juristisch möglich sein, dass die Briten dies einseitig machen können - unabhängig davon, ob die anderen EU-Länder dies gutheißen.

Das Gebäude des Obersten Gerichtshofes von Schottland in Edinburgh Bild: Imago/McPhoto

Konkret geht es um das offizielle Austrittsverfahren nach Artikel 50 der EU-Verträge. Demnach muss ein Mitgliedsstaat, der die Europäische Union verlassen will, dies offiziell mitteilen; der Austritt wird dann genau zwei Jahre später rechtskräftig. Im Falle Großbritanniens ist das der 29. März 2019. Geklärt werden soll nun nach Angaben des schottischen Gerichts, ob, wann und wie die Notifizierung vor Ende der Zwei-Jahres-Frist einseitig zurückgenommen werden kann.

Die Schotten hatten beim Brexit-Referendum im Juni 2016 klar für einen Verbleib in der EU gestimmt. In ganz Großbritannien votierten jedoch insgesamt mehr Wähler für einen Austritt aus der Staatengemeinschaft. Knapp sechs Monate vor dem angepeilten Austrittstermin Ende März stocken die Verhandlungen mit der EU über ein Brexit-Abkommen. Ohne eine solche Vereinbarung droht ein ungeregelter Abschied mit großen politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen.

Tusk signalisiert Entgegenkommen in Irland-Frage 

EU-Ratspräsident Donald Tusk versuchte derweil - und damit unmittelbar nach dem Parteitag der britischen Konservativen - einen neuen Anlauf mit dem Ziel, in nur zwei Wochen einen Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen zu erreichen. Tusk bot London nämlich erneut ein umfassendes Handelsabkommen an und signalisierte zugleich Zugeständnisse bei der zentralen Streitfrage an: der Vermeidung einer harten Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland.

EU-Ratspräsident Tusk will die Zeit nach dem - für Premierministerin May glimpflich verlaufenen - Tory-Parteitag für Verhandlungsfortschritte nutzen. Das Foto zeigt ein Treffen der beiden Politiker Anfang März in London. Bild: Getty Images/AFP/D. Leal-Olivas

Die Verhandlungen über den britischen EU-Austritt 2019 liegen hauptsächlich deswegen auf Eis, weil sich die britische Regierungschefin Theresa May internen Gegnern ihres Brexit-Kurses erwehren muss. Den Parteitag in Birmingham überstand May jedoch unbeschadet. Bei der EU wächst nun die Hoffnung, dass bis zum EU-Gipfel am 17. Oktober eine Grundsatzeinigung gelingen kann. 

Zweiter Knackpunkt nach dem Thema Irland ist die geplante "politische Erklärung" mit Eckpunkten der künftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU. Sie soll das Austrittsabkommen begleiten. Wird man sich über beides einig, kommt unmittelbar nach dem Brexit am 29. März 2019 eine knapp zweijährige Übergangsfrist, in der sich fast nichts ändert. Dann könnte man Details in Ruhe aushandeln. Scheitern indes die Verhandlungen, käme es in knapp einem halben Jahr wohl zu einem chaotischen Bruch.

EU-Kanada-Abkommen für Brüssel ein Vorbild

Tusk sagte, die EU stehe zum Angebot eines "Kanada-plus-plus-plus"-Abkommens. Gemeint ist ein Pakt wie das EU-Kanada-Abkommen Ceta, nur wesentlich umfassender und enger. May will allerdings noch mehr: Ihr sogenannter Chequers-Plan läuft im Warenverkehr auf eine Anbindung Großbritanniens an den EU-Binnenmarkt hinaus. Das lehnt die Europäische Union ab, weil London nicht mehr alle Regeln des gemeinsamen Marktes einhalten will, vor allem nicht die Vorgabe, dass EU-Bürger überall leben und arbeiten dürfen. Tusk äußerte sich nach einem Treffen mit dem irischen Premierminister Leo Varadkar in Brüssel. 

sti/rb (afp, ap, dpa, rtr)

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