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Politik

EuGH schränkt kirchliches Arbeitsrecht ein

11. September 2018

Der Chefarzt einer katholischen Klinik verliert seinen Job. Weil er ein zweites Mal geheiratet hat. Der Europäische Gerichtshof sieht darin eine "verbotene Diskriminierung". Die deutsche Bischofskonferenz ist entsetzt.

Europäischer Gerichtshof in Luxemburg
Bild: Reuters/F. Lenoir

Es gehört nicht zu den wesentlichen beruflichen Anforderungen an einen Chefarzt, den "heiligen und unauflöslichen Charakter" der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten. Das geht aus dem in Luxemburg veröffentlichten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor.

Die Richter betonen, dass eine Kirche grundsätzlich an ihre leitenden Angestellten - je nach deren Konfession oder Konfessionslosigkeit - "unterschiedliche Anforderungen" stellen dürfe. Nationale Gerichte müssten jedoch überprüfen können, ob die Religion mit Blick auf die Tätigkeit eine wesentliche Anforderung sei. Im vorliegenden Fall müsse dies nun das Bundesarbeitsgericht untersuchen.

Arzt aus Deutschland hatte geklagt

Geklagt hatte ein katholischer Arzt, der 2009 von einem katholischen Krankenhaus in Düsseldorf entlassen wurde, weil er nach der Scheidung wieder standesamtlich geheiratet hatte, ohne seine erste Ehe annullieren zu lassen. Die dem Erzbistum Köln unterstehende Klinik begründete die Kündigung damit, dass die zweite Ehe nach Kirchenrecht ungültig sei. Dadurch habe der Arzt seine Loyalitätspflichten erheblich verletzt.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz kritisiert das Urteil. Die "verfassungsrechtliche Position, die den Kirchen nach dem Grundgesetz zukommt", sei "nicht ausreichend berücksichtigt" worden. Es sei Sache der Kirchen, "im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts aus ihrer religiösen Überzeugung heraus selbst festzulegen, welche Loyalitätserwartungen sie an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen", betonen die Bischöfe.

Der Rechtsstreit ist noch nicht entschieden

In Deutschland hatte der Chefarzt in allen Instanzen bis hin zum Bundesarbeitsgericht (BAG) Recht bekommen. Das Bundesverfassungsgericht hob aber das BAG-Urteil auf, vor allem, weil die grundgesetzlich verbriefte Autonomie der Kirchen nicht genügend berücksichtigt worden sei.

Die EuGH-Richter weisen darauf hin, dass sie keinen Zusammenhang zwischen der Zustimmung zum Eheverständnis der katholischen Kirche und den Tätigkeiten des Chefarztes sehen. "Erhärtet" werde diese Annahme, da ähnliche Stellen im Krankenhaus nicht-katholischen Angestellten anvertraut worden seien. Zudem solle das Bundesarbeitsgericht prüfen, ob in Anbetracht der Umstände eine Beeinträchtigung des Ethos der Kirche und ihres Rechts auf Autonomie "wahrscheinlich" und "erheblich" sei.

hk/rb (kna, epd)