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Lena Oberdorf, die Zweikampf-Harte

Alima Hotakie
29. Juli 2022

Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf ist eine der Stützen des DFB-Teams bei der EM in England. Die 20-Jährige vom VfL Wolfsburg ist im deutschen Team für die Knochenarbeit zuständig.

Lena Oberdorf grätscht im EM-Halbfinale bei einem Zweikampf mit der Französin Calra Mateo Richtung Ball
An Lena Oberdorf (r.) kommt man nur schwer vorbeiBild: Jonathan Brady/PA Wire/empics/picture alliance

Wenn es eine Sache gibt, die Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf bei der Euro 2022 über sich selbst gelernt hat, dann ist es, wie sie zu ihrer Höchstform aufläuft. "Ich brauche drei oder vier gute Zweikämpfe, um in ein Spiel zu kommen", sagte Oberdorf der DW.

Das Zweikampfverhalten war schon immer ein Schlüsselelement im Spiel der 20-Jährigen. Als Kind schaute sie sich auf YouTube Videos von Real Madrids Kapitän und Defensivstar Sergio Ramos an. Offenbar hat sie von ihm einiges gelernt. So gewann Oberdorf im Viertelfinale gegen Österreich 79 Prozent ihrer Zweikämpfe. "Ich versuche, noch mehr auf meine eigenen Stärken zu vertrauen", sagt die Verteidigerin, "und einfach alles reinzuwerfen."

Oberdorfs leistet Knochenarbeit, um gegnerische Angriffe zu unterbinden. Ihre Zweikampfhärte ist einer der Gründe dafür, dass Deutschland auf dem Weg ins Finale nur ein einziges Tor kassiert hat - und selbst das war eher ein Zufallsprodukt: Im Halbfinale gegen Frankreich prallte der Ball nach einem Schuss von Kadidiatou Diani an den Pfosten, von dort an den Rücken von Torfrau Merle Frohms und rollte über die Linie. Es war das bisher einzige Mal in diesem Turnier, dass Oberdorf zu spät kam. Ihre überragende Turnierleistung schmälert dies jedoch nicht.

Auf dem Weg zum Star

Die Mittelfeldspielerin des deutschen Meisters spielte bereits im Alter von zwölf Jahren für die deutsche U-15-Nationalmannschaft. Mit 17 lief Oberdorf bei der Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich auf und löste damit die legendäre Birgit Prinz als jüngste deutsche Spielerin bei einem großen Turnier ab. Inzwischen, mit jetzt 31 Länderspielen auf dem Konto, ist sie eine feste Größe im deutschen Team. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bescheinigt ihr "Reife, Intensität und eine Lust, Bälle zu erobern".

Lena Oberdorf - hier bei der WM 2019 - ist aus dem deutschen Spiel kaum wegzudenkenBild: Melanie Laurent/DPPI Media/picture alliance

Auch die deutsche Öffentlichkeit ist von den Auftritten der defensiven Mittelfeldspielerin bei dieser Europameisterschaft begeistert. "Lena Oberdorf zeigt, was Weltklasse bedeutet", titelte der Sender "n-tv" nach dem Halbfinale. Die "Westdeutsche Zeitung" bezeichnete die Spielerin aus der Region - Oberdorf wurde in der Stadt Gevelsberg im Ruhrgebiet geboren - als "das kraftvolle Herzstück" der deutschen Mannschaft. 

Vorne mit einschalten

Dass Oberdorf mehr kann, als nur gegnerische Angriffe im Mittelfeld zu zerstören, zeigen ihre bislang drei Länderspiel-Tore. In der Bundesliga spielt sie beim Meister und DFB-Pokalsieger VfL Wolfsburg noch deutlich offensiver. Dazu wird sie auch in der Nationalmannschaft ermutigt.

"Ich glaube, gerade heutzutage ist es wichtig, dass man auch als Defensivspielerin torgefährlich ist und Tore schießen kann", sagte Oberdorf im vergangenen Jahr in einem DW-Interview. "Martina [Voss-Tecklenburg, Anm. d. Red.] fordert immer wieder, dass wir Defensivspielerinnen uns vorne mit einschalten. Bei Ecken und Freistößen darf ich immer mit nach vorne."

Oberdorf führt ihre kompromisslose Spielweise auch darauf zurück, dass sie in ihrer Jugend meist mit Jungen spielte. Das habe sie härter gemacht, sagt die Mittelfeldspielerin. Ihr älterer Bruder Tim Oberdorf - Profi bei Fortuna Düsseldorf in der 2. Bundesliga - ermutigte sie schon in jungen Jahren immer wieder, sich voll und ganz auf Fußball zu konzentrieren.

Gelb-Neigung

Zu ihren Vorbildern auf dem Rasen gehört - neben Sergio Ramos - auch Nationalspieler Joshua Kimmich. Mit dem Profi des FC Bayern würde sie sich gerne einmal über ihre ähnlichen Rollen austauschen, sagte Oberdorf kürzlich, "weil er auch so ein bisschen das verkörpert: diese Emotionen im Spiel, niemals aufgibt, in jeden Zweikampf nochmal reingeht, jeden Laufweg nochmal macht. Ich glaube, dass unsere Spielideen ganz gut zusammenpassen."

Wie Ramos und Kimmich neigt auch Oberdorf dazu, Gelbe Karten zu kassieren. Im Halbfinale wäre sie fast ohne Verwarnung davongekommen. Doch nach einem Foulspiel an der Französin Diani in der Nachspielzeit kassierte sie zum dritten Mal in diesem Turnier Gelb und führt damit die Liste der bei der Euro 2022 verwarnten Spielerinnen an.

"Ich dachte, ich hätte gelernt, wie man ein Spiel ohne Gelbe Karte übersteht", sagte Oberdorf der DW lachend. "Das hat nicht so gut funktioniert. Aber ich werde dranbleiben." Doch im Finale am Sonntag im Wembley-Stadion gegen EM-Gastgeber England (Anpfiff 18 Uhr MESZ) dürfte das zweitrangig sein. Hier ist Oberdorfs robuste Spielweise gefordert.

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.