EURO 2025: Debütantinnen aus Wales wollen für Furore sorgen
4. Juli 2025
Sie sind EM-Debütantinnen, die am niedrigsten eingestufte Mannschaft im Wettbewerb und treffen in der Gruppenphase auf Ex-Europameister Niederlande (2017) und Titelverteidiger England (2022). Dennoch glauben die Waliserinnen an ihre Chance.
Nach einer Reihe knapp verpasster Qualifikationen sicherte sich Wales unter der kanadischen Trainerin Rhian Wilkinson im Dezember mit einem Sieg gegen Irland einen Platz bei der EURO 2025. Wie viele ihrer Spielerinnen hat auch Wilkinson über ihre Eltern walisische Wurzeln.
"Als Trainerin muss ich darauf achten, dass wir nie aus den Augen verlieren, dass dies eine walisische Mannschaft ist, die von einer roten walisischen Ader durchzogen ist", sagt Wilkinson der DW. "Das ist entscheidend. Wir dürfen diese Verbindung, diesen Stolz nie verlieren. Das müssen die Spielerinnen, die nur familiäre Wurzeln in Wales haben, genauso spüren wie jene, die dort geboren sind. Meiner Meinung nach tun sie das. Wir haben ein tolles Team."
Starke Verbundenheit im Team
Seit Wilkinson Anfang 2024 das Ruder übernahm, verlor die walisische Mannschaft nur eines ihrer elf Spiele - und das, obwohl in dem Team nur wenige bekannte Fußballerinnen spielen.
"Wir haben nicht die Kadertiefe und den Talentpool, den größere Nationen haben", sagt Wilkinson über das Land mit nur drei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. "Was wir aber haben, ist eine starke Verbindung jeder einzelnen Spielerin zum Team, zu dieser Schwesternschaft, die für alle wie eine Familie ist. Das lässt sie auf einem Niveau spielen, das die Leute immer wieder überrascht. Sie geben wirklich alles für ihr Team."
Wilkinson, die als Spielerin 181 Länderspiele für Kanada absolvierte, hat eine erfahrene Mannschaft zusammengestellt. Angeführt wird sie von der 38 Jahre alten Mittelfeldspielerin Jess Fishlock. Sie sei "unglaublich wichtig" für das Team, so die Trainerin.
Fishlock spielte unter anderem in der Saison 2014/15 in der deutschen Bundesliga für den 1. FFC Frankfurt und 2018/19 für den französischen Topklub Olympique Lyon. Als sie 2006 ihr Debüt für Wales gab, war die Welt des Frauenfußballs noch eine ganz andere.
Spielerinnen verlassen Wales, um Karriere zu machen
Nur drei Jahre zuvor hatte sich Wales aus der Qualifikation für die Frauen-Europameisterschaft 2005 zurückgezogen. Der walisische Fußballverband FAW hatte befunden, dass die anstehenden Reisen der Fußballerinnen nach Weißrussland, Kasachstan, Estland und Israel zu teuer seien und das Geld für das Männer-Nationalteam benötigt werde.
In den knapp zwei Jahrzehnten seither hat sich das Tempo, in dem sich der Frauenfußball verändert, rasant erhöht. Alle walisischen Spielerinnen, die jetzt bei der EM antreten, sind Profis.
Allerdings spielt keine von ihnen in der heimischen Liga. Die meisten talentierten Spielerinnen aus Wales ziehen ins benachbarte England, um auf Spitzenniveau Fußball zu spielen. Bethan Wooley, im Verband FAW für die Strategie im Mädchen- und Frauenfußball zuständig, glaubt, dass die EURO 2025 eine Initialzündung für weitere Veränderungen sein wird.
EM-Schwung mitnehmen
"Die Menschen werden unsere Spielerinnen zum ersten Mal auf der Weltbühne sehen können", sagt Wooley der DW. "Es geht um Sichtbarkeit und Bewusstsein. Und darum, dass unsere jungen Mädchen jemanden haben, zu dem sie aufschauen können." Als Beispiel dient Nachbar England: Als die Engländerinnen 2022 ihre Heim-Europameisterschaft gewannen, stieg die Zahl der Fußballerinnen dort rapide an.
Auch in Wales gibt es laut Wooley einen Aufschwung. Jetzt gehe es darum, auf einen möglichen Ansturm nach der EURO 2025 vorbereitet zu sein.
"Wir müssen sicherstellen, dass die Fußball-Infrastruktur auch für Mädchen und Frauen geeignet ist. Wir müssen zudem Investitionen an Land ziehen", sagt Wooley. "Das ist eine Riesenchance für uns. Die Augen werden auf unser Team gerichtet sein. Wir wollen dafür sorgen, dass unsere Spielerinnen überall bekannt werden."
Entspannung durch Lesen und Yoga
Die sportliche Ausgangslage ist allerdings alles andere als leicht. In der starken Gruppe D ist Wales eindeutig Außenseiter. Am Samstag (5. Juli) startet das Team gegen die Niederlande, anschließend folgen Partien gegen Frankreich (9. Juli) und England (13. Juli). Eine ziemlich harte Nuss für Wales, das in der Weltrangliste aktuell nur auf dem 30. Platz steht.
Die Spielerinnen sind laut Torhüterin Olivia Clark für die großen Herausforderungen des Turniers aber gerüstet. "Es ist schon aufregend", sagt Clark der DW. "Zum Glück verstehen wir uns alle sehr gut, wir sind eine große Familie. Um uns zu entspannen, haben wir einen kleinen Buchklub und eine Yoga-Gruppe. Und an so einem schönen Ort wie der Schweiz gibt es sicher noch viele andere Dinge, die man machen kann. Wir sind ziemlich gechillt."
Trainerin Wilkinson hofft, dass ihre Mannschaft auch so entspannt bleibt, wenn sie im Rampenlicht steht. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch in den sozialen Medien, wo Sportlerinnen häufig beschimpft und beleidigt werden.
"Ich ermutige sie, die Kommentare auszuschalten und nichts zu lesen", sagt Wilkinson. Die Spielerinnen sollten sich auf den Fußball konzentrieren und mit ihren Leistungen "ein paar Leute aus dem Schlaf aufschrecken", so die Trainerin.
Der Artikel wurde aus dem englischen Original "Euro 2025: Plucky newcomer Wales to battle football's giants" adaptiert.