EURO 2025: Engländerin Jess Carter rassistisch beleidigt
22. Juli 2025
Jess Carter leitete ihren Instagram-Post als "eine Nachricht an die Fans" ein: "Seit Beginn des Turniers habe ich viele rassistische Anfeindungen erlebt. Auch wenn ich finde, dass jeder Fan das Recht auf eine Meinung zu Leistung und Ergebnis hat, halte ich es nicht für richtig oder akzeptabel, jemanden wegen seines Aussehens oder seiner Herkunft ins Visier zu nehmen."
Als Konsequenz kündigte die 27-jährige Tochter eines US-Amerikaners bereits an, die sozialen Netzwerke bis auf Weiteres zu verlassen. Diesen Schritt bezeichnet sie als "eine Maßnahme zum Selbstschutz" und wünscht sich, "dass mein offenes Wort zu einer weiteren positiven Veränderung beiträgt - für alle."
Feste Größe in Englands Abwehr
Die Abwehrspielerin ist ein wichtiger Baustein im Team von Nationaltrainerin Sarina Wiegman und stand bisher (Stand 22. Juli) in jedem England-Spiel bei der Fußball-Europameisterschaft 2025 in der Startelf. In einigen ihrer EM-Einsätze offenbarte sie allerdings vereinzelte Schwächen und geriet in die Kritik. Nach dem dramatischen Viertelfinalsieg der Lionesses gegen Schweden (5:4 nach Elfmeterschießen) verfasste Carter dann einen Instagram-Post, um auf die heftigen, teils rassistischen Social-Media-Angriffe gegen sie aufmerksam zum machen.
Unterstützung von allen Seiten
Sowohl Mitspielerinnen als auch Offizielle haben Carter umgehend ihre Unterstützung zugesichert. "Wenn überhaupt, dann hat es uns als Team zusammengebracht", sagte Carters Teamkollegin Georgia Stanway, die beim FC Bayern München spielt, wenn sie nicht für England auf dem Platz steht. "Wir müssen es aus der Gesellschaft und dem Fußball verbannen. Im Moment können wir nur unsere Unterstützung und unser Zusammengehörigkeitsgefühl zeigen."
Der britische Premierminister Keir Starmer ließ bei X verlauten, er stehe "an der Seite von Jess, den Lionesses und allen Spielerinnen, die auf und neben dem Spielfeld unter Rassismus zu leiden hatten". FIFA-Präsident Gianni Infantino versicherte, die laufenden Ermittlungen mit allen Mitteln unterstützen zu wollen. Der englische Fußballverband FA erklärte zudem gegenüber der BBC, dass er bereits "mit der Polizei zusammenarbeite, um die Verantwortlichen für dieses Hassverbrechen vor Gericht zu stellen".
Gemeinsames Zeichen auf dem Platz
Auch auf dem Platz wird die englische Nationalmannschaft ein gemeinsames Zeichen setzen: Die Spielerinnen werden vorläufig nicht mehr vor dem Anpfiff in die Knie gehen. Die Geste, die eigentlich als Zeichen gegen Rassismus bekannt ist, habe sich abgenutzt. "Diese Geste hat nicht den Erfolg gebracht, den wir uns davon erhofft haben", sagte Georgia Stanway. "Darum wollen wir stehen bleiben und so die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken."
Englands Trainerin Wiegman fügte hinzu, dass der Fußball einen anderen Weg finden müsse, um Rassismus zu bekämpfen: "Auf die Knie zu gehen ist nicht genug. Die Wirkung ist nicht gut genug, sie ist nicht so groß, wie wir denken."
Bronze: "Kein Spieler braucht soziale Medien"
Carters Teamkollegin Lucy Bronze nahm die Verbände FIFA und UEFA, vor allem aber die Betreiber von Social-Media-Plattformen in die Pflicht und drohte indirekt mit einem Rückzug der Spielerinnen. "Kein Spieler braucht soziale Medien", sagte Bronze. "Wir lieben es, mit unseren Fans in Kontakt zu kommen, und die sozialen Medien sind eine gute Möglichkeit, das zu tun. Aber wir brauchen sie nicht. Das ist etwas, dessen sich die Plattformen sehr bewusst sein sollten. Wir können auch ohne sie."
Das hatte bereits ihre Mitspielerin Lotte Wubben-Moy gezeigt, die sich nach den Attacken gegen Carter selbst von Social Media zurückzog. "Ich werde nicht weiterhin Plattformen füttern, die Missbrauch ohne Konsequenzen ermöglicht", sagte sie gegenüber dem "Guardian".
Die frühere FIFA-Weltfußballerin Bronze berichtete zudem von zunehmenden Attacken gegen Spielerinnen im Zuge des Wachstums ihres Sports. "Je größer der Sport wird, desto lauter wird der Lärm, desto mehr Fans gibt es, aber auch desto mehr Kritiker", so die 33-Jährige.
Privates Glück mit deutscher Torhüterin
Jess Carter ist die Verlobte der deutschen Torhüterin Ann-Katrin Berger, die im EM-Viertelfinale in Basel beim 6:5-Erfolg Deutschlands über Frankreich im Elfmeterschießen zur Matchwinnerin avancierte.
Mit einer spektakulären Parade bewahrte sie ihr Team vor einem Rückstand, ehe sie im Elfmeterschießen gleich zwei Schüsse parierte und ihren eigenen versenkte, um Deutschland den Halbfinaleinzug zu sichern. Bei der Europameisterschaft in der Schweiz könnten Carter und Berger (Stand 22.Juli) frühestens im Finale aufeinandertreffen.