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Euro-Gruppe billigt Griechenlands Plan

Bernd Riegert24. Februar 2015

Jetzt müssen nur noch die Parlamente der Mitgliedsstaaten zustimmen, dann kann das Hilfsprogramm für Griechenland bis Ende Juni verlängert werden. Athen musste nachgeben, denn die Regierung braucht dringend Geld.

Mann mit griechischer Fahne vor dem Parlament (Foto: Reuters/M. Djurica)
Bild: Reuters/M. Djurica

Nach einer Stunde Telefonkonferenz war es entschieden: Die Finanzminister der Euro-Gruppe billigen die vorläufige Liste an Reformen, die Griechenland in der Nacht nach Brüssel zur Prüfung übermittelt hatte. Jetzt müssen noch Parlamente in einigen Euro-Staaten, darunter auch der Deutsche Bundestag, zustimmen. Lange hatte die radikale Links-Rechts-Koalition in Athen zuvor mit Hilfe der EU-Kommission an dem Text gefeilt. Euro-Gruppen-Chef, Jeroen Dijsselbloem, der niederländische Finanzminister, bestätigte im Europäischen Parlament, dass die Liste rechtzeitig vor Mitternacht eingetroffen sei. Diese Frist hatte die Euro-Gruppe am vergangenen Freitag Griechenland gesetzt. "Sie kam spät, aber noch rechtzeitig", sagte Dijsselbloem.

EU-Diplomaten berichteten, dass man im Umgang mit Griechenland schon einige Fristüberschreitungen erlebt habe. Das gelte auch schon für die Regierungen vor der jetzigen Links-Rechts-Koalition. Die Umsetzung von Reformen habe sich in der Vergangenheit aus vielerlei Gründen fast immer verzögert. Die Prüfer von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und vom Internationalen Währungsfonds, früher Troika, jetzt "Institutionen" genannt, hätten fast immer mehrere Anläufe gebraucht, um die griechischen Zusagen zu prüfen. "Wir müssen vorsichtig sein. Wir haben in den letzten Wochen gesehen, wie schwierig es war, mit den Griechen zu verhandeln", mahnte Frans Timmermans, der Vizepräsident der EU-Kommission in einem Interview mit dem ARD-Fernsehen. Der Chef der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, sieht einen guten Ansatz, warnt aber vor zu positiven Bewertungen. "Das ist erst ein erster Schritt. Da muss noch viel Arbeit geleistet werden", sagte Djisselbloem im Europäischen Parlament.

Webseite der griechischen Schuldenagentur: Die Strategie ist noch in ArbeitBild: Public Debt Management Agency, Greece

Griechenland will mehr Steuern einnehmen

Auf der sechs Seiten langen Liste kündigt die Mannschaft von Griechenlands Premier Alexis Tsipras einen umfassenden Kampf gegen Steuerhinterziehung, Schmuggel und Korruption an. Außerdem sollen wohlhabende Griechen stärker besteuert werden. Die Maßnahmen sollen fünf bis sieben Milliarden Euro einbringen. Allerdings wird das nicht kurzfristig, sondern erst in vielen Monaten oder Jahren der Fall sein. Auf Reformvorhaben, die noch die alte konservative Regierung mit der Troika ausgehandelt hatte, wie etwa die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf den griechischen Inseln, will das neue Links-Rechts-Bündnis verzichten. Stattdessen möchte Finanzminister Yanis Varoufakis Bedürftigen die Stromrechnung ermäßigen und kostenlose Mahlzeiten austeilen. Das soll rund 800 Millionen Euro kosten. Varoufakis hatte letzten Freitag nach dem Kompromiss mit den Finanzministern der Euro-Gruppe angekündigt, Griechenland wolle "Ko-Autor" der Reformen sein. Die Regierung will wenigstens einen Teil ihrer Wahlversprechen retten.

Die griechische Regierung verspricht in ihrem Schreiben, an den Privatisierungen von staatlichen Betrieben festzuhalten. Der primäre Haushaltsüberschuss, der für dieses Jahr erwartet wurde, soll nach den Erwartungen der griechischen Regierung stärker für soziale Ausgaben verwendet werden. Der Chef der Euro-Gruppe, Jeroen Djisselbloem, warnte davor, zu hohe Erwartungen in den primären Überschuss, ohne Berücksichtigung des Schuldendienstes, zu setzen. Erst müsse man abwarten, wie sich das nach dem Regierungswechsel zurückgehende Wirtschaftswachstum in Griechenland auf den Haushalt auswirken werde. Man werde flexibel bleiben. "Man kann Maßnahmen austauschen, wenn sie zu den gleichen fiskalischen Ergebnissen führen", so Dijsselbloem.

Jeroen Dijsselbloem: Ein guter AusgangspunktBild: Reuters/Y.Herman

Geld fließt frühstens Ende April

Ohne Einigung wäre das Programm am Sonntag ausgelaufen, ohne dass die noch übrigen 7,2 Milliarden Euro aus Griechenland ausgezahlt werden könnten. Das Geld braucht Griechenland aber, um bis zum Sommer seinen Haushalt abzuwickeln und fällige Rückzahlungen von Krediten beim Internationalen Währungsfonds und bei der Europäischen Zentralbank zu tätigen. Tatsächlich ausgezahlt werden die letzten Raten des zweiten Hilfsprogramms aber erst, wenn die Institutionen, vormals Troika, einen positiven Abschlussbericht über die Umsetzung der jetzt angekündigten Maßnahmen vorlegen. Das sollte, so der Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, bis Ende April der Fall sein. Erst dann kann Geld fließen.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel zum griechischen Reformprogramm (MP3)

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Akute Geldprobleme in Athen

Bis dahin wird Griechenland Finanzierungsprobleme habe, räumte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis schon am vergangenen Freitag in seiner Pressekonferenz in Brüssel ein. Die Steuereinnahmen in Griechenland liegen seit Jahresbeginn etwa zwei Milliarden Euro unter den kalkulierten Einnahmen. Das sind rund 20 Prozent der Steuereinnahmen, so das griechische Finanzministerium. Steuerzahler halten Immobiliensteuern zurück. Unternehmer und Investoren seien verunsichert, berichtet die Deutsch-Griechische Handelskammer in Athen.

In den nächsten Wochen wird die griechische Regierung weiter von der indirekten Finanzierung der Europäischen Zentralbank abhängig sein. Die EZB stützt die griechischen Banken durch "Notfallkredite" (ELA), um diese mit Bargeld zu versorgen. Die EZB könnte wieder an sich wertlose griechische Staatsanleihen als Sicherheiten für Kredite an griechischen Banken akzeptieren. Das kann sie ausnahmsweise machen, wenn Griechenland sein zweites Hilfsprogramm ordnungsgemäß abwickelt. In den letzten Wochen hatten griechische Kontoinhaber täglich insgesamt 500 Millionen Euro abgehoben, weit mehr als gewöhnlich. Dieser "Run" auf die Banken bringt den Instituten Probleme mit ihrer Liquidität. Dieser Trend müsse umgekehrt werden, meinen Finanzexperten.

Yanis Varoufakis: Ko-Autor mit GeldsorgenBild: Reuters/E.Vidal

Harte Brocken im Sommer

Im Sommer müssen die Euro-Staaten mit Griechenland über ein neues, drittes Hilfsprogramm verhandeln, sollte sich die finanzielle Lage nicht verbessern. Bislang kann Griechenland nicht an die internationalen Finanzmärkte zurückkehren, um sich wieder selbst zu finanzieren. "Wir müssen mal sehen, ob das in vier Monaten der Fall sein wird. Das können Sie sich wahrscheinlich selbst ausmalen", sagte Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem auf die Frage einer EU-Abgeordneten aus Griechenland. "Im Sommer kommen dann die wirklich harten Brocken", meinte ein EU-Diplomat.

"Die Troika in 'Institutionen' umzubenennen und das Hilfsprogramm jetzt 'Vereinbarung' zu nennen, ist noch keine Reform und ändert nichts an der Lage", schreibt der Syriza-Abgeordnete Manolis Glezos auf seiner Internet-Seite. Er entschuldigte sich bei den griechischen Wählern für die Illusionen, die man sich gemacht habe. Ein Sprecher von Premierminister Alexis Tsipras wies die Anmerkungen von Manolis als "falsch und irreführend" zurück.

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