Es hat dann doch viel länger gedauert als gedacht. Doch in einer weiteren Nachtsitzung meisterten die Euro-Finanzminister die letzte Etappe der Griechenland-Rettung. Künftig soll sich Athen selbst finanzieren können.
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Zum Abschluss der jahrelangen Rettungsprogramme soll Griechenland im Sommer noch einmal Milliardenhilfen und Schuldenerleichterungen bekommen. Darauf einigten sich Deutschland und die übrigen Europartner am frühen Freitagmorgen in Luxemburg mit der Regierung in Athen. Demnach sollen Laufzeiten für ältere Kredite um zehn Jahre verlängert werden, zudem soll das Land eine Auszahlung von 15 Milliarden Euro erhalten, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr.
Selber finanzieren ohne Hilfe
Ziel ist, dass sich Griechenland ab August wieder ohne Hilfe am Kapitalmarkt finanzieren kann. Damit kämen acht Jahre dramatischer Rettungsaktionen zu einem vorläufigen Ende. Doch soll Athen den strikten Spar- und Reformkurs auf Jahre hinaus weiter führen, was auch regelmäßig überprüft werden soll. Das im Sommer 2015 aufgelegte dritte Rettungsprogramm im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro läuft regulär im August aus. Bisher flossen knapp 50 Milliarden Euro.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte im Zuge der Verhandlungen auch in Aussicht gestellt, einen Teil der hohen Zinsgewinne aus den Hilfsprogrammen an Athen abzutreten. Allein Deutschland hat seit 2010 mindestens 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen eingestrichen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung an die Grünen hervorgeht.
Dickes Lob aus Berlin und Paris
Scholz und andere Finanzminister sowie EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici lobten die positive Entwicklung in Griechenland und die großen Anstrengungen der Regierung in Athen. "Wir müssen anerkennen, dass Griechenland seine Aufgabe sehr gut erledigt hat, sie haben ihre Pflichten erfüllt", sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire.
Griechenland kappt den Rettungsschirm
Das Drama geht zu Ende. Halbwegs saniert kann Griechenland jetzt wieder selbst bestimmen. Doch große Sprünge sind nicht drin. Die EU verlangt weiter Ausgabendisziplin und Reformeifer. Stationen einer Rettung.
Bild: picture-alliance/R. Geiss
Auf eigenen Füßen
Nach acht Jahren Dauerkrise, drei Rettungspaketen und einem Schuldenschnitt wird der Patient Griechenland an diesem Donnerstag von den Finanzministern der Euro-Zone als einigermaßen stabil entlassen. Die Wirtschaft wächst, aber der Schuldenberg bleibt gigantisch. Die Medizin für viele Jahre: Eiserne Finanzdisziplin.
Geständnis
Am 23. April 2010 bittet der griechische Premier George Papandreou auf der Insel Kastellorizio um Hilfe. Griechenland steht nach Misswirtschaft und Verschuldung vor der Pleite.
Bild: picture-alliance/AP Photo/T. Bolari
Sparzwang
Griechenland erhält ein erstes Kreditpaket: 110 Milliarden Euro. Die Finanzmärkte werden beruhigt. Europäische Banken bleiben flüssig. Die Euro-Staaten verlangen drastische Sparmaßnahmen. Rentner protestieren im Mai 2010 vor dem Finanzministerium in Athen.
Bild: dapd
Feindbilder
Viele Griechen geben Deutschland und der EU die Schuld an der Finanzkrise. Kanzlerin Angela Merkel besucht im Oktober 2012 Athen und wird übel beschimpft. "Widerstand gegen das Vierte Reich" fordert dieses Plakat. Die Deutschen kritisieren die "faulen Pleite-Griechen".
Bild: picture-alliance/dpa
Gefahren
Die Schuldenkrise in Griechenland wächst sich zur Krise der gemeinsamen Währung Euro aus. Auch Portugal, Irland und Zypern brauchen den Rettungsschirm. Schuldenschnitt für Griechenland, weitere Hilfspakete. Erst der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, beendet den Trauerzug. Er verspricht den Euro mit "allen Mitteln" zu retten.
Bild: Getty Images/AFP/A. Messinis
Experiment
Die Griechen wählen im Winter 2015 ihre konservative Regierung ab. Der neue linksradikale Finanzminister Yanis Varoufakis versucht die Kreditgeber zu erpressen. Die Investoren sind entsetzt. Vier Monate Chaos folgen. Im Juli tritt Varoufakis zurück.
Bild: DW/B. Riegert
Machtwort
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ist bereit, Griechenland aus der Währungsunion zu werfen, um den Euro zu retten. Wenn sie nicht Bedingungen erfüllten, so Schäuble, dann "isch over". Die Krise spitzt sich zu. Eine Serie von Sondergipfeln und dramatischen Nachtsitzungen folgt.
Bild: DW/Bernd Riegert
Absturz
Unter der Krise in Griechenland leiden viele Menschen. In Thessaloniki sucht ein Mann Tomaten im Müll zusammen. Die Wirtschaft stagniert. Am 30. Juni 2015 kann Griechenland seine Schulden nicht mehr bezahlen. Das Bargeld wird knapp. Kapitalflucht droht. Die linke Syriza-Regierung lenkt nach Volksabstimmung und Neuwahlen ein.
Bild: picture-alliance/dpa/N. Giakoumidis
Letzte Rettung
Am 13. Juli 2015 einigen sich die Euro-Gruppe und Griechenland auf ein neues, letztes Hilfspaket. Weitere 80 Milliarden Euro gegen strikte Auflagen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gibt nach durchverhandelter Nacht den Durchbruch bekannt.
Bild: Reuters/F. Lenoir
Flüchtlingskrise
Kaum ist die Schuldenkrise begrenzt wird klar, dass Griechenland gebraucht wird, um den Strom der Flüchtlinge im September 2015 einzudämmen. Mit der Türkei wird im März 2016 vereinbart, die Flucht nach Griechenland zu verhindern. Athen erhält Finanzhilfen für die Versorgung der gestrandeten Menschen.
Bild: DW/B. Riegert
Versöhnung
Der griechische Premier Alexis Tsipras ist voll auf den Kurs der Euro-Retter eingeschwenkt. Er erfüllt alle Bedingungen, lobt die Bundeskanzlerin. Auch die ist zufrieden. Griechenland soll von August an wieder auf eigenen Füssen stehen.
Bild: picture-alliance/abaca/D. Aydemir
Kein Freudenfest
Am 20. August 2018 wird das dritte Hilfsprogramm für Griechenland formal beendet werden. Am Tag danach will das Land wieder Geld an den Finanzmärkten leihen. Der Schuldenberg ist mit 176 Prozent der Wirtschaftsleistung gewaltig. Es wird Jahrzehnte dauern ihn abzubauen. Die Party wird bescheiden ausfallen, verspricht Premier Tsipras.
Bild: dapd
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Griechenland war seit 2010 auf Unterstützung der europäischen Partner und des Internationalen Währungsfonds angewiesen. Als Gegenleistung für vergünstigte Kredite in Höhe von knapp 274 Milliarden Euro musste das Land Sparprogramme und Strukturreformen auflegen. Nach Angaben der EU-Kommission wurden allein in den vergangenen drei Jahren 450 Einzelmaßnahmen durchgesetzt.
Inzwischen verzeichnet Griechenland wieder Wirtschaftswachstum und Haushaltsüberschüsse. Doch ist immer noch jeder Fünfte arbeitslos, und die staatliche Verschuldung liegt bei etwa 180 Prozent der Wirtschaftsleistung.