Großes Asien-Europa-Treffen
5. November 2012 Wenn sich die 27 EU-Länder mit ihren asiatischen Partnern am 5. und 6. November in Laos zum Asia Europe Meeting (ASEM) treffen, ist die To-do-Liste lang. Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Kampf gegen Terror und Massenvernichtungswaffen, das Sicherstellen von Energie- und Nahrungsmittelsicherheit. All das steht auf der Tagesordnung. Das Motto lautet: "Freunde für Frieden, Partner für Wohlstand". Trotz des breiten Themenspektrums wird das Treffen aber von der Euro-Krise dominiert.
Folgen der Euro-Krise
Die Partnerschaft zwischen den asiatischen und europäischen Ländern ist für die EU vor allem wirtschaftlich bedeutsam. In der ersten Jahreshälfte 2012 exportierten die 27 EU-Staaten fast ein Drittel ihrer Waren in ASEM-Partnerländer. Die Einfuhren lagen sogar noch höher: 43 Prozent der Importe stammen laut EU-Statistik aus ASEM-Partnerländern.
Allerdings belastet die Euro-Krise das Verhältnis, wie Shada Islam, Asienexpertin und Mitglied des Forschungsinstiuts "Friends of Europe", weiß: "Die Probleme in der Eurozone machen Asien schwer zu schaffen und die Asiaten haben Angst vor einer Ansteckung." Zwar sei das Wachstum im Moment gut, aber die Sorgen bestünden weiter. Cameron Fraser vom EU-Asia Centre in Brüssel bringt es auf den Punkt: "Die asiatischen Führungskräfte werden Europa letztendlich fragen: Wann bringt ihr Ordnung in euer Haus?"
Asiens Abkehr von Europa verhindern
Generell müsse Europa darum kämpfen, weiterhin eine wichtige Rolle zu spielen, sagt Shada Islam: "Wir müssen realistisch sein: Europa ist nicht mehr die Top-Priorität für Asien. Asien orientiert sich sehr stark in Richtung USA und zunehmend auf sich selbst. Angesichts des starken asiatischen Wachstums ist Asien inzwischen fast autark. Deswegen muss sich Europa wirklich anstrengen."
Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes, sagte gegenüber der Deutschen Welle, dass Europa seinen asiatischen Partnern erläutern werde, welche Schritte zur Überwindung der Staatsschulden getroffen worden sind. Es gehe darum, Vertrauen zurückzugewinnen: "Die Ereignisse der letzten beiden Monate geben uns allen und auch den asiatischen Partnern Hoffnung, dass wir einen guten Schritt vorangekommen sind bei der Problembewältigung."
Auch David O’Sullivan, der mit der EU-Kommission zum Treffen in der laotischen Hauptstadt Vientiane gereist ist, wirbt deutlich für eine vertiefte Partnerschaft: "Wir streben eine noch breitere Zusammenarbeit an." Diese solle sich nicht nur auf wirtschaftliche Zusammenarbeit beschränken, sondern auch die Bereiche Sicherheit und Außenpolitik umfassen. "Wir haben eine zentrale Rolle in der Zukunft und der erfolgreichen Entwicklung Asiens, und dazu wollen wir auch weiterhin beitragen", so der leitende Geschäftsführer des Europäischen Auswärtigen Dienstes.
Deutschlands Schlüsselrolle
Deutschland spiele im Verhältnis zu Asien eine besondere Rolle, betont Shada Islam: "Deutschland wird bei den asiatischen Partnern hoch angesehen. Die Deutschen engagieren sich in Asien über einen langen Zeitraum und haben den Ruf, sehr verlässlich zu sein. Deswegen hat Berlin in der Beziehung zwischen Europa und Asien eine Schlüsselposition."
Kein anderes Land der EU hat so weitgehende wirtschaftliche Kontakte nach Asien wie Deutschland: Auf den deutsch-asiatischen Handel entfielen in der ersten Hälfte dieses Jahres 35 Prozent des gesamten Exports und 20 Prozent des gesamten Imports zwischen der EU und Asien. Insofern wird die deutsche Position mit Spannung erwartet.
Strategische Ausrichtung der EU in Asien
Seit 2010 richten sich die USA strategisch neu aus und legen ihren Fokus auf den asiatisch-pazifischen Raum. Das verstärkte Engagement umfasst militärische Kooperationen etwa mit den Philippinen und Vietnam und eine Investitionsoffensive wie zum Beispiel in Myanmar. Die chinesische Regierung beobachtet diese Vorstöße mit Argusaugen. Fraser Cameron von EU-Asia warnt. "Die EU und USA haben in ihrer Asien-Politk viel gemeinsam, aber uns trennt auch einiges. Die EU muss hier vorsichtig sein, und sorgfältig auswählen, wo und wie sie gesehen werden möchten."
Zusätzliches Konfliktpotential bieten außerdem die Spannungen zwischen Japan und China im Ostchinesischen Meer: Beide Staaten beanspruchen eine Inselgruppe, in deren Umfeld es nicht nur reiche Fischgründe gibt, sondern auch Öl- und Gasvorkommen vermutet werden. Falls dieser Konflikt auf dem ASEM-Gipfel angesprochen wird, wird sich Deutschland aber zurückhalten: "Wichtig ist für uns, dass bei den Streitigkeiten alle Seiten besonnen vorgehen und gemeinsam den Dialog suchen. Denn nur eine politische Lösung auf Basis von Gesprächen kann eine dauerhaft nachhaltige friedliche Lösung bringen" sagte Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Networking auf lange Sicht
Beim diesjährigen Meeting werden neben den 27 EU-Staaten und den bisherigen 21 asiatischen und pazifischen Partnern zum ersten Mal auch Norwegen, die Schweiz und Bangladesch anwesend sein. Die EU wird hochrangig durch Ratspräsident Herman van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso vertreten, für Deutschland ist Außenminister Guido Westerwelle in Asien.
Am Ende des Meetings sind keine direkt umsetzbaren politischen Entscheidungen zu erwarten. Denn im Fokus steht die langfristige Perspektive. David O’Sullivan vom Europäischen Auswärtigen Dienst schätzt das ASEM-Meeting daher sehr: "Diese Treffen sind Teil eines Prozesses zum gegenseitigen Verständnis. Wir vertiefen unsere Beziehung und den intensiven Dialog, der uns ermöglicht, durch die schweren Zeiten zu kommen, die wir gerade erleben."