Euro-Länder zwingen Griechenland zum Sparen
16. Februar 2010Griechenland muss nach dem Willen der Euro-Partner unverzüglich mit seiner radikalen Sanierung seines Haushalts beginnen. Falls sich bis Mitte März herausstellen sollte, dass die Einschnitte nicht ausreichten, müsse die Regierung in Athen nachlegen, erklärte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker.
Die in Brüssel versammelten Finanzminister sprachen sich am späten Montagabend (15.02.2010) unter anderem für Gehaltskürzungen bei Beamten und eine Rentenreform in Griechenland aus - wie es die Europäische Kommission vorgeschlagen hatte. Ein zusätzlicher Schritt könnte beispielsweise in einer Mehrwertsteuererhöhung bestehen.
Allein im laufenden Jahr soll Griechenland sein ausgeufertes Defizit - es erreichte im vergangenen Jahr knapp 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - um vier Prozentpunkte drücken. Dieses Ziel gilt als äußerst ehrgeizig. Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou sicherte zu, sein Land wolle die Auflagen der Europäischen Union erfüllen. Erlaubt ist in der Eurozone eigentlich ein Defizit von maximal drei Prozent des BIP.
Die Lage ist dramatisch,
...da die griechische Schuldenkrise auf den Euro drückt und das junge Währungsgebiet in den Grundfesten erschüttert. Die Euro-Länder wollen Instrumente zur Unterstützung Griechenlands in der Schuldenkrise bereithalten, darüber aber die Öffentlichkeit nicht näher informieren.
"Wir halten es nicht für klug, in aller Öffentlichkeit über solche Instrumente zu sprechen", sagte Eurogruppen-Chef Juncker. Sollte es notwendig werden, verfügten die Euro-Länder über die notwendigen Mittel. Er gehe jedoch davon aus, dass die griechische Regierung ihr Sparprogramm umsetzen werde und es deshalb nicht erforderlich werde, sie auch zum Einsatz zu bringen. "Die Finanzmärkte täuschen sich schwer, wenn sie meinen, dass sie Griechenland in die Knie zwingen können", ergänzte Juncker.
Mehr Kontrolle
Als Konsequenz aus frisierten griechischen Schuldenstatistiken der letzten Jahre will die EU-Kommission die Befugnisse des europäischen Statistikamtes Eurostat stärken. Vertreter der Behörde sollten künftig unter anderem häufiger in die Mitgliedsstaaten reisen, um deren Finanzen unter die Lupe zu nehmen, schlug die Kommission am Montag vor.
Jeder Mitgliedsstaat sei dazu verpflichtet, korrekte und verlässliche Informationen über seine Finanzen vorzulegen. "Dies ist unerlässlich für das Funktionieren der Eurozone und das gegenseitige Vertrauen innerhalb der EU", betonte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn.
Im Herbst hatte Griechenland die anderen Euro-Staaten mit der Enthüllung des massiven Defizitanstiegs böse überrascht. Die neu gewählte sozialistische Regierung offenbarte Manipulationen der Schuldenstatistik der konservativen Vorgängerregierung. Bisher haben die EU-Statistiker keine Prüfungsrechte gegenüber den nationalen Ämtern.
Weber statt Trichet?
Als neuen Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) nominierten die Finanzminister der Eurozone den Portugiesen Vitor Constancio, bisher Chef der Notenbank in Lissabon. Die Ernennung des 66-Jährigen muss am Dienstag noch durch die Finanzminister aller 27 EU-Länder bestätigt werden. Mitte März müssen zudem die europäischen Staats- und Regierungschefs zustimmen. Beides gilt jedoch als Formsache. Der griechische Amtsinhaber Lucas Papademos scheidet nach acht Jahren Ende Mai aus.
Durch Constancios Nominierung steigen die Chancen für Bundesbank-Chef Axel Weber, im Herbst kommenden Jahres an die Spitze der Europäischen Zentralbank zu rücken. Die Bundesregierung sieht den 52-jährigen Weber laut Medienberichten als Nachfolger von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vor. Die Amtszeit des Franzosen endet im Oktober 2011. Dem italienischen Zentralbank-Gouverneur Mario Draghi werden nun geringere Aussichten auf den Spitzenposten eingeräumt, da er wie Constancio "Südländer" ist.
Autor: Christian Walz (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Herbert Peckmann