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Eurobike: Trend zum Elektro-Fahrrad bleibt stabil

21. Juni 2023

Das E-Bike-Geschäft hat Europas Fahrradindustrie 2022 gute Geschäfte beschert. Trotz des nachlassenden Corona-Rückenwindes wuchs der Umsatz mit Fahrrädern mit und ohne Elektroantrieb um 7,4 Prozent.

Frankfurt Fahrradmesse Eurobike
Fahrradmesse 2023: Ein E-Bike wird auf einen Sockel gehobenBild: Andreas Arnold/dpa/picture alliance

Der Branchenumsatz im vergangenen Jahr habe 21,2 Milliarden Euro erreicht, teilte der Verband der europäischen Fahrradindustrie (Conebi) am Mittwoch in Frankfurt mit. Dabei legten die Verkäufe von Rädern mit Elektro-Motor in der EU und Großbritannien insgesamt um 8,6 Prozent auf 5,5 Millionen zu, während deren Produktion um fast ein Fünftel (19 Prozent) hochschoss, berichtete Conebi auf der Branchenmesse Eurobike in Frankfurt, die heute in Frankfurt eröffnet wurde.                                   

Insgesamt allerdings sank der Absatz von Fahrrädern und Bikes mit E-Antrieb um gut neun Prozent auf 20,2 Millionen Stück und die Produktion um fünf Prozent. "Trotz der Verlangsamung der Fahrradverkäufe in Europa im Jahr 2022 ist der Gesamttrend der Branche und des Marktes positiv", sagte Conebi-Geschäftsführer Manuel Marsilio. Die Zahl der direkten und indirekten Arbeitsplätze habe das Rekordniveau von 190 000 erreicht.

In Deutschland, dem größten Fahrradmarkt Europas, ist der Trend zum E-Bike besonders stark. Der Branchenverband ZIV erwartet, dass E-Bikes dieses Jahr klassische Räder erstmals im Verkauf überholen. Die Fahrradbranche hatte in der Pandemie einen Boom erlebt, da Kunden den Öffentlichen Nahverkehr scheuten und das Radeln bei geringem Infektionsrisiko an der frischen Luft für sich entdeckten. Wegen der hohen Nachfrage sprang die Produktion hoch, es kam zu Lieferproblemen. Zuletzt kühlte sich der Markt wieder ab.                           

Voll im Trend: das neue elektrische Gravelbike aus HolzBild: Hartenfelser/Imago

Zum zweiten Mal in Frankfurt

Die Messe Eurobike in Frankfurt zeigt Neuheiten und Trends rund ums Fahrrad. Bei der Messe, die im vergangenen Jahr von Friedrichshafen am Bodensee nach Frankfurt gezogen war, werden mehr als 1900 Aussteller aus 62 Nationen erwartet - nach Angaben des Veranstalters ein Rekord. Bei der Frankfurt-Premiere waren es noch rund 1500 gewesen. Der Veranstalter Fairnamic rechnet dieses Jahr auch mit einem starken Anstieg der Besucherzahl.

Auf einer erweiterten Fläche von 150.000 Quadratmetern präsentieren die Aussteller verschiedene Arten von Fahrrädern, Ausrüstung, Fahrrad-Mode, Teile und Zubehör, Maschinen, Werkzeuge, Werkstatt- und Ladeneinrichtung sowie Fachliteratur. Themen sollen unter anderem Fahrradreisen und Touristik, Lösungen für E-Mobilität und Mobilität in den Städten, Digitalisierung und Fahrrad-Infrastruktur sein. Das Messegelände in Frankfurt war bis 2019 fast 70 Jahre Gastgeber der weltgrößten Automesse IAA; sie ist mittlerweile nach München umgezogen.

Wo früher nur die Muskeln arbeiteten, herrscht nun High Tech am DrahteselBild: Daniel Kubirski/Imago

Achterbahn statt Engpass

Die Fahrrad-Branche in Deutschland wird nicht länger durch Lieferengpässe ausgebremst. Die Fahrrad-Branche befinde sich stattdessen auf einer Achterbahnfahrt, sagte der Geschäftsleiter von Bosch eBike Systems, Claus Fleischer. "In der Pandemiezeit gab es eine riesige Nachfrage und gleichzeitig große Probleme in der Lieferkette. Das betraf zum einen mechanische Komponenten, aber auch elektrische Komponenten wie Halbleiter. Damals konnte der Bedarf nicht bedient werden, weil alles knapp war."

Inzwischen hätten sich die Zeichen umgekehrt, sagte der Bosch-Manager. Durch die Verunsicherung der Verbraucher - etwa durch den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation - habe die Nachfrage etwas abgenommen. "Gleichzeitig ist die Ware eingetroffen, die zuvor gefehlt hat. Diese hohen Bestände drücken nun wirtschaftlich auf das Geschäft, beim Händler und Fahrrad-Hersteller, aber auch bei den Komponentenherstellern wie Bosch und weiteren Zulieferfirmen." Es werde wohl noch ein oder zwei Jahre lang dauern, bis Angebot und Nachfrage sich wieder eingependelt haben.

Ein trendiges E-Bike und etwas weniger trendige SockenBild: Frank Baumhammel/EUROBIKE Frankfurt

ABS für's Bike

Bosch setzt seine Hoffnungen im E-Bike-Markt auf ein neuartiges Motor- und Akku-System, das zusammen nur noch vier Kilo wiegt. E-Bikes seien in den vergangenen Jahren immer schwerer geworden, weil die Kunden sich mehr Leistung gewünscht hätten, also ein höheres Drehmoment, und gleichzeitig eine größere Reichweite, also größere Akkus. "Wir sehen jetzt aber einen weiteren Trend, dass die E-Bikes auch wieder leichter werden dürfen."

Eine gute Entwicklung sieht Fleischer auch bei der zweiten Generation des Antiblockiersystems (ABS) für Fahrradbremsen. Diese setze sich immer stärker am Markt durch. Hier habe Bosch sein Know-how aus dem Automobilbau zunächst auf das Motorrad übertragen können und dann auf das Fahrrad. ABS beim Fahrrad verhindert, dass bei einer Vollbremsung sich das Vorderrad quer stellt oder das Hinterrad gefährlich abhebt.

Ein Lastenrad könnte einen Zweitwagen überflüssig machen, braucht aber fast so viel Parkplatz wie ein AutoBild: Daniel Kubirski/Imago

E-Bike statt Zweitwagen

Die deutsche Fahrradindustrie forderte vor Messebeginn bessere Bedingungen für Radfahrer im Verkehr. "Wir erwarten von der Politik, dass sie Radfahren leichter macht", sagte Burkhard Stork, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV), der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben 75 Jahre lang Politik für das Auto gemacht, nun müssen wir das Radfahren zumindest gleichstellen. Wir brauchen Mut zum Umdenken der Städte."

Es gelte Dinge auszuprobieren, die in fahrradfreundlichen Ländern wie den Niederlanden längst Standard seien wie große Parkhäuser für Fahrräder und ein Netz breiter, gut ausgebauter Radwege.

Fahrradfahren sei nicht nur umweltfreundlich, sondern auch ein Mittel zum Sparen inmitten der Energiekrise, sagte Stork. "Radfahren spart CO2 und Geld im Alltag". Ein E-Bike könne ein Zweitauto ersetzen, gerade in Städten. "Auch teure Lastenräder zahlen sich auf Dauer aus, weil die laufenden Kosten deutlich niedriger sind als beim Auto." Vor allem kurze Strecken über wenige Kilometer ließen sich gut mit dem Rad zurücklegen. Doch in Deutschland sei das Gegenteil der Fall: "50 bis 60 Prozent der mit dem Auto gefahrenen Strecken sind kurze Wege bis zehn Kilometer."

Der Bund hilft                             

Das Bundesverkehrsministerium hat Länder und Kommunen aufgefordert, Fördergelder für Radwege zu nutzen. "Das Fahrrad spielt eine immer wichtigere Rolle im Mobilitätsmix und leistet einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilität", sagte der Parlamentarische Staatssekretär Oliver Luksic am Dienstag auf dem Nationalen Radverkehrskongress in Frankfurt.

Der Bund helfe Ländern und Kommunen, die Radinfrastruktur sicherer zu machen. Geld stehe im Bundeshaushalt bereit. Die Fördermittel seien auf 2,8 Milliarden Euro bis 2028 erhöht worden, sagte Luksic. "Jetzt müssen die zuständigen Akteure vor Ort diese Mittel auch abrufen und Maßnahmen zügig voranbringen."

Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir sagte auf dem Kongress vor Beginn der Eurobike, Städte seien jahrzehntelang für Autos ausgelegt worden. Nun gehe es um die "menschengerechte Stadt". Nötig seien der Ausbau der Radwege, eine gute Beschilderung und mehr Sicherheit im Verkehr und bei Stellplätzen. "Radfahren muss vor Ort attraktiver werden", sagte der Grünen-Politiker.                                                                                                     

dk/hb (dpa)

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