Europäische Banken massiv vom Madoff-Skandal betroffen
15. Dezember 2008Der Zusammenbruch des Investitionsfonds von Ex-Nasdaq-Chef Bernard L. Madoff birgt dramatische Risiken für etliche Großbanken in Europa. Die französische BNP Paribas bezifferte den möglichen Schaden auf 350 Millionen Euro. Das von der Finanzkrise ohnehin schwer angeschlagene belgisch-französische Institut Natixis fürchtet Verluste von bis zu 450 Millionen Euro. Die Kunden der spanischen Gruppe Santander legten insgesamt 2,33 Milliarden Euro bei Madoff an. Geld, das möglicherweise vollständig verbrannt ist.
Risiko-Abschätzung im neunstelligen Bereich
Natixis erklärte am Montag (15.12.2008), zwar habe man keine Direktinvestitionen in Madoffs Hedgefonds getätigt. Allerdings seien 450 Millionen Euro von Klienten über Fonds indirekt bei Madoff Investment Securities angelegt worden. Der Schaden hänge davon ab, "in welchem Maß die Anlagen zurückgewonnen werden können". Das gleiche Szenario gilt für BNP Paribas, hieß es in einer kurzen Erklärung vom Sonntag.
Die US-Behörden haben unterdessen die Auflösung von Madoffs Anlageberatungsfirma angeordnet. Ein Amtsgericht in New York habe der Liquidation zugestimmt und einen Treuhänder beauftragt, teilte die Anlegerschutzorganisation SIPC am Montag mit.
Schweiz und Schottland
Die Schweizer Reichmuth & Co gab ebenfalls ein Risiko von 350 Millionen Euro bekannt. Man bedaure ernsthaft, von dem mutmaßlichen Betrug betroffen zu sein, teilte die Bank ihren Kunden mit, ohne zunächst weitere Einzelheiten zu nennen.
Die Royal Bank of Scotland, zu 58 Prozent britisches Staatseigentum, bezifferte das Risiko auf 400 Millionen Pfund (446 Millionen Euro). Auch Banken in Fernost drohen in den Strudel mit hineingezogen zu werden. Das größte japanische Börseninstitut Nomura Holdings legte 27,5 Milliarden Yen (227 Millionen Euro) bei Madoff an.
"Eine einzige große Lüge"
Madoff ist Gründer der Bernard L. Madoff Investment Securities LLC. Er war maßgeblich am Aufbau der Technologiebörse Nasdaq beteiligt. Zeitweise war er deren Verwaltungsratsvorsitzender. Wegen Verdachts auf massiven Betrug war Madoff am Donnerstag festgenommen und die Konten seiner Fonds eingefroren worden.
Nach Angaben der Ermittler hatte Madoff eingeräumt, bei dem Geschäft habe es sich um "eine einzige große Lüge" gehandelt habe. Tatsächlich sei er seit Jahren zahlungsunfähig. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft und eine Geldstrafe bis zu fünf Millionen Dollar.
Die Ermittler in New York fürchten Verluste von insgesamt 50 Milliarden Dollar, neben Banken hatten auch dutzende Wohltätigkeitsorganisationen und Privatpersonen ihr Geld bei dem als seriös geltenden 70-Jährigen angelegt. Der Fall traf die Aufsichtsbehörden völlig unvorbereitet. Madoffs eigene Familie machte den Fall öffentlich. (kas)