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Gesellschaft

Europa im Würgegriff von Corona

24. Oktober 2020

In Deutschland steigen die Corona-Zahlen enorm, doch die Hotspots der Pandemie liegen in den Nachbarländern Tschechien, Belgien und den Niederlanden. Ein Überblick über die rasante Verbreitung des Virus in Europa.

Symbolbild EU Corona
Bild: Yves Herman/Reuters

Erst mahnte die Bundeskanzlerin, persönliche Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren und auf Reisen zu verzichten, dann infizierte sich ausgerechnet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit dem Coronavirus. Die Zahl der Todesfälle, die in Verbindung mit einer SARS-CoV-2-Infektion gebracht werden, überschritt an diesem Samstag die Marke von 10.000, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilte. 10.003 Menschen sind demnach bislang im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Das sind 49 mehr als am Vortag (Datenstand: 24.10.2020, 0 Uhr MESZ).

Außerdem meldeten die Gesundheitsämter laut RKI 14.714 neue Fälle binnen eines Tages, so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie in Deutschland mit seinen rund 83 Millionen Einwohnern. Da es allerdings am Donnerstag zeitweise zu Datenlücken bei der Übermittlung von Infektionszahlen gekommen war, könnten in der jüngsten Zahl entsprechende Nachmeldungen enthalten sein. Betroffen von der Datenpanne waren unter anderem Corona-Hotspots in Nordrhein-Westfalen. 

Bei den europäischen Nachbarn ist die Lage allerdings noch besorgniserregender.

Tschechien

In Prag protestieren Tschechen gegen die Corona-MaßnahmenBild: David W Cerny/Reuters

Seit dem 5. Oktober gilt in dem Land der nationale Notstand. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Prävention und Kontrolle (ECDC) ist aktuell nirgends in der EU die Infektionsrate höher als in der Tschechischen Republik. Insgesamt wurden bereits mehr als 238.000 Corona-Fälle im Land mit knapp elf Millionen Einwohnern gezählt, fast 2000 Menschen starben. Seit Donnerstag müssen außer Lebensmittelläden und Apotheken fast alle Geschäfte schließen. Die Regierung ordnete an, dass die Bürger ihre Kontakte mit anderen Menschen auf die "absolut notwendige Zeit" begrenzen müssen. 

Belgien

Shoppen in Brüssel - nur mit Maske!Bild: Zhang Cheng/Xinhua/Imago Images

Die Neuinfektionen in Belgien sind im Oktober regelrecht explodiert. Das Land gehört mit einer 14-Tage-Inzidenz von gut 1000 Fällen pro 100.000 Einwohnern zu den am schlimmsten betroffenen Regionen in Europa. Vom 1. bis zum 22. Oktober hat sich die tägliche Zahl der Neuinfektionen auf bis zu 15.400 mehr als verzehnfacht. Belgiens Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke sieht sein Land "kurz vor einem Tsunami". Schon Mitte November könnten alle 2000 Intensivbetten im Land belegt sein. Die Pandemie hat in Belgien bereits rund 10.000 Todesopfer gefordert.

Niederlande

Schon wieder geschlossen: Restaurants und Cafés in Amsterdam Bild: Paulo Amorim/VWPics/Imago Images

Mit einer Rate von rund 600 Personen je 100.000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen liegen die Niederlande im Corona-Ranking hinter Tschechien und Belgien an dritter Stelle. Die Zahl der Neuinfektionen erreichte nach Angaben des niederländischen Instituts für öffentliche Gesundheit (RIVM) im Zeitraum vom 14. bis 20. Oktober 55.000 Fälle. In der Woche davor lag die Zahl bei 43.000.

Angesichts der Ausbreitung der Epidemie hat die niederländische Regierung seit dem 14. Oktober einen teilweisen Lockdown angeordnet. Kneipen, Cafés und Restaurants mussten schließen, ab 20 Uhr darf kein Alkohol mehr verkauft werden, bei sich zu Hause darf man pro Tag nicht mehr als drei Gäste empfangen. Bus und Bahn sollte man nur in dringenden Fällen nutzen. Am 27. Oktober soll über weitere Maßnahmen beraten werden.

Frankreich

Corona-Testzentrum in einer Sporthalle in LyonBild: Jean-Philippe Ksiazek/AFP/Getty Images

In Frankreich steigt die Zahl der registrierten Neuinfektionen von einem Rekordhoch zum nächsten. Am Freitag wurden mehr als 42.000 Corona-Fälle registriert, noch einmal mehr als am Vortag. Die Gesamtzahl kletterte über die Marke von einer Million, die Zahl der Toten über 34.500. Aufgrund der Lage hat die Regierung die nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 6 Uhr, die bisher nur Paris und acht weitere Städte betraf, auf große Teile des Landes ausgeweitet. Von den Einschränkungen sind zwei Drittel aller Franzosen betroffen, das sind rund 46 Millionen Menschen.

Spanien

In Madrid gibt es schon ein Denkmal für die Opfer der Pandemie Bild: Meng Dingbo/Xinhua/Imago Images

Schon kurz vor Frankreich war die Zahl der Corona-Fälle in Spanien über eine Million gestiegen. Zwischen dem 13. und dem 22. Oktober verdreifachte sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen auf knapp 21.000 Fälle. Regierungschef Pedro Sánchez bereitete die Bevölkerung auf weitere Einschränkungen vor. "Die Lage ist ernst", sagte Sánchez in einer Fernsehansprache. Nur mit "größter Disziplin", "Entschlossenheit" und der "notwendigen Einheit" lasse sich die drastisch nach oben gehende Ansteckungskurve wieder umkehren. Reisen aus Deutschland sind auf die Kanarischen Inseln - im Gegensatz zum spanischen Festland - wieder möglich. Die von der Bundesregierung verhängte Reisewarnung wurde aufgehoben. 

Portugal

Portugals Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo ist auch infiziert, arbeitet derzeit jedoch in ItalienBild: Lapone/Fotogramma/ROPI/picture-alliance

In Portugal gehen die täglichen Infektionenszahlen ebenfalls steil nach oben. Zu Beginn des Monats, am 5. Oktober, wurden noch 734 Fälle registriert, am 22. Oktober waren es schon 3270. Seit dem 14. Oktober gilt der nationale Notstand. Am 23. Oktober hat die Regierung zusätzliche Einschränkungen für drei Regionen im Norden des Landes verhängt, unter anderem die Pflicht, zuhause zu bleiben. Der 2. November wurde zum nationalen Trauertag erklärt, um der über 2000 Todesopfer zu gedenken. Die digitale Nachverfolgung soll ausgeweitet und die Nutzung der Smartphone-App "Stay Away Covid" bald verpflichtend für alle sein. 

Polen

Polen wirbt für die MaskeBild: Wojtek Radwanski/AFP/Getty Images

Auch Polen fügt sich in den negativen Trend ein. Für Freitag wurden rund 13.600 neue Corona-Fälle gemeldet. Auch Staatspräsident Andrzej Duda wurde positiv getestet. Die Regierung verfügte wegen steigender Fallzahlen und überlasteter Krankenhäuser, Teile des Nationalstadions in Warschau zu einem Corona-Lazarett umzufunktionieren. Ab Ende der Woche sollen dort rund 500 Betten, davon 50 Intensivbetten, für COVID-19-Patienten bereitstehen. Seit dem 18. Oktober gelten zudem erhebliche Kontaktbeschränkungen.

Österreich, Schweiz, Luxemburg und Dänemark

Abstand halten in einem Genfer RestaurantBild: Salvatore Di Nolfi/Keystone/dpa/picture alliance

Deutschlands übrige Nachbarländer verzeichnen derzeit ebenfalls höhere Neuinfektionsraten als hierzulande - die vergleichsweise geringste gibt es in Dänemark. Das kleine Luxemburg hingegen wird weiterhin zu den Zentren der Pandemie in Europa gezählt. Auch in Österreich sind die Zahlen mit zuletzt mehr als 2500 registrierten Neuinfektionen pro Tag hoch.

Bedrohlich erscheint die Lage in der Schweiz. Die Schweizer Tageszeitung "Südostschweiz" aus Chur prognostiziert, dass sich "die reiche und durchorganisierte Schweiz zu einem internationalen Corona-Hotspot" entwickeln werde. Nach offiziellen Zahlen des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit (BAG) legten zuletzt die Infektionen im Wochendurchschnitt um 112 Prozent zu.

Schweden

In Schweden gehen die Bürger relativ gelassen mit der Pandemie umBild: picture-alliance/A. Farnsworth

Die schwedische Regierung verhängte für die viertgrößte Stadt Uppsala nördlich von Stockholm erstmals strengere Corona-Maßnahmen. Bis zum 3. November dürfen die Einwohner der Region aufgrund der gestiegenen Infektionszahlen weder Feste organisieren noch an ihnen teilnehmen. Kontakte zu Menschen außerhalb des Haushalts sollen vermieden und öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr genutzt werden. Staatsepidemiologe Anders Tegnell erklärte, er könne nicht ausschließen, dass die Einschränkungen bald auch in anderen Regionen des Landes nötig sein könnten. 

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