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Politik

"Europa ist momentan sehr zerbrechlich"

9. Mai 2020

Am Europatag warnen die Vorsitzenden der drei wichtigsten EU-Institutionen eindringlich vor einer Schwächung der Union. Die Corona-Pandemie hat den Kontinent in eine schwere Krise gestürzt - und die EU zeigt sich uneins.

Belgien Pressekonferenz EU Parlament zum Brexit
EU-Spitzen von der Leyen, Sassoli, Michel (Archivbild, von rechts)Bild: Getty Images/J. Thys

Die Spitzen der EU haben größere Anstrengungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen gefordert. "Wir werden mehr tun müssen, um das Leben der Ärmsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft zu verbessern", schreiben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, EU-Ratschef Charles Michel und der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, in einem Gastbeitrag für das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Zu viele Menschen in Europa hätten es schon vor der Corona-Krise schwer gehabt. "Jetzt stehen weitere Millionen vor einer ungewissen Zukunft, nachdem sie ihren Arbeitsplatz oder ihr Unternehmen verloren haben." Besonders betroffen seien junge Menschen und Frauen. Europas Wirtschaftsmotor müsse wieder in Gang gebracht werden.

"Bruch mit der Vergangenheit"

Ein Ausweg aus der Krise erfordere "neues politisches Denken und den Bruch mit der Vergangenheit", schreiben von der Leyen, Michel und Sassoli. "Wir müssen anerkennen, dass wir neue Ideen und Werkzeuge für den Wiederaufbau brauchen." Gleichzeitig warnten sie vor einer Schwächung der EU in der Krise. "Europa ist momentan sehr zerbrechlich."

Denkmal im französischen Scy-Chazelle für Robert Schuman (2. v. l.) und weitere EU-VorreiterBild: Getty Images/J-C. Verhaegen

Nur eine starke Europäische Union könne das gemeinsame Erbe beschützen, heißt es. Der Wiederaufbau müsse sich an den Ratschlägen der Wissenschaft orientieren, damit die EU gesund und nachhaltig werde. "Wir können den Kampf gegen den Klimawandel nicht aufschieben und müssen unsere wirtschaftliche Erholung auf den europäischen Green Deal aufbauen."

Vater der Montanunion

Die Verfasser erinnern in ihrem Gastbeitrag an Robert Schuman. Genau vor 70 Jahren hatte der damalige französische Außenminister vorgeschlagen, die Kohle- und Stahlindustrie der einstigen Kriegsgegner Deutschland und Frankreich zusammenzulegen. Die sogenannte Montanunion gilt als Keimzelle der EU.

"Diese Menschen glaubten, dass aus den Trümmern des Krieges ein besseres Europa und eine bessere Welt entstehen könnten", so die heutigen EU-Spitzen. "Wenn wir unsere Lektionen lernen und solidarisch und geschlossen hinter unseren Werten stehen, dann wird Europa auch diesmal gestärkt aus der Krise hervorgehen."

Ex-Kommissionschef Jean-Claude Juncker (Archivbild)Bild: picture-alliance/AP Photo/J.F. Badias

"Röcheln, aber keine Todeskämpfe"

Auch von der Leyens Amtsvorgänger, Jean-Claude Juncker, riet angesichts der Herausforderungen zur Einigkeit. Zugleich signalisierte der Ex-Kommissionschef Gelassenheit: Düstere Prognosen, wonach die EU wegen der Corona-Pandemie zerfallen könnte, teile er nicht, sagte Juncker der Deutschen Presse-Agentur. Seit fast 40 Jahren lese er mindestens einmal im Monat, "dass die Europäische Union nicht nur in Atemnot ist, sondern auf dem Sterbebett liegt".

Zwar gebe es bisweilen ein "gefährlich klingendes Röcheln", aber keine Todeskämpfe. Tatsache sei jedoch, dass die EU-Reaktion auf die Krise "nicht die Insignien gehobener Staatskunst trug", fügte Juncker hinzu. Er bezog dies unter anderem auf die einseitig verhängten Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums, in dem eigentlich Reisefreiheit herrscht. Diese seien eine Bedrohung für den Binnenmarkt.

Noch sind viele Grenzübergänge geschlossen - wie hier der deutsch-polnische bei Guben in BrandenburgBild: picture-alliance/dpa/A. Franke

In Deutschland verlangen mehrere Länderchefs von Bundesinnenminister Horst Seehofer, die Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze wieder aufzuheben. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet unterstützte entsprechende Appelle seiner Amtskollegen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, Malu Dreyer und Tobias Hans. Für die EU-Außengrenzen hatte die Kommission am Freitag allen Mitgliedstaaten empfohlen, an den bestehenden Einreiseverboten bis Mitte Juni festzuhalten.

jj/as (dpa, afp, rtr)

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