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"Europa nicht gegen die USA gerichtet"

Daniel Scheschkewitz19. November 2003

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer hat seinen USA-Besuch für eine Informationsoffensive genutzt: Das irakische Konflikt-Knäuel läßt sich nur gemeinsam entwirren.

Fischer trat als leiser Ratgeber auf, hier neben Amtskollege Colin PowellBild: AP

Abends bei CNN, morgens im nationalen Hörfunk bei NPR. Die deutschen Diplomaten haben aus der häufig verzerrten Darstellung der deutschen Position in der Irak-Frage in den US-Medien gelernt. Jetzt wendet sich der deutsche Außenminister in fließendem Englisch selbst an die
amerikanische Öffentlichkeit.

Und immer wieder lautet die Botschaft: "Ob wir nun für oder gegen den Krieg waren. Jetzt sitzen wir alle zusammen im gleichen Boot. Wir müssen den Frieden zusammen gewinnen. Denn wenn wir scheitern, hätte das ernste Konsequenzen für die USA und Europa."

Sicherlich, Fischer sagt auch, dass die Europäer die UNO lieber stärker in der Verantwortung im Irak sehen möchten. Aber gleichzeitig ist er darauf bedacht, den Amerikanern die Angst vor neuen, zermürbenden Auseinandersetzungen im UN-Sicherheitsrat zu nehmen: "Wenn es aus praktischen Gründen einer neuen UN-Resolution bedarf, dann sind alle Mitglieder im Sicherheitsrat zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit."

Realpolitik ist gefragt

Geduldig erklärt Fischer immer wieder, warum Deutschland gegenwärtig keine Truppen in den Irak schicken kann. Schaut nach Afghanistan, da stellen wir die meisten Soldaten nach den USA, sagt er. Und immer wieder wird der Außenminister von den US-Medien gefragt, was Deutschland und die Europäer empfehlen, um den Karren im Irak aus dem Dreck zu ziehen.

Auch Fischer hat natürlich kein Patentrezept. Er begrüßt den Plan der USA, die Macht beschleunigt an die Iraker zurück zu geben. Doch soweit wie die Franzosen, die diesen Prozess bis Ende des Jahres 2003 abgeschlossen sehen möchten, will Fischer nicht gehen: "So schnell es geht. Denn es gibt eine umgekehrte Agenda - die eines brutalen menschenverachtenden Terrorismus. Und diese Dynamik, die darf sich nicht schneller entwickeln als eine positive. Das habe ich unseren amerikanischen Partnern versucht, nahe zu bringen. Aber letztendlich entscheidet die Koalition am Boden, also die Amerikaner."

Im Namen der EU

Fischer weiß, dass manch einer in den USA den europäischen Einigungsprozess mit Argwohn betrachtet, vor allem wenn es um eine eigene europäische Verteidigungspolitik geht. Auch hier versucht er
seine Gastgeber zu beruhigen: "Ein integriertes, vereintes Europa ist niemals gegen die USA gerichtet. Aber wenn wir uns überwerfen und wenn Europa versuchen würde, ein Gegenwicht zu Amerika zu bilden, würde es darauf
hinauslaufen. Dann würde das nicht nur in Europa zu einem Desaster führen. Im 21. Jahrhundert wären beide Seiten die Verlierer. Es wäre einfach dumm."