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PolitikEuropa

Europa: Rechte Parteien erleben Aufwind

26. Juni 2023

Deutschland diskutiert über den ersten gewählten AfD-Landrat in Sonneberg in Thüringen. Dabei wandert ganz Europa gerade nach rechts, sogar Spanien. Ein Überblick.

Eine Frau und ein Mann winken
Siegerlächeln: Mit ihren Attacken gegen Feminismus und Klimaschutz fährt Isabel Díaz Ayuso, Präsidentin der Regionalregierung Madrid und Mitglied der konservativen Volkspartei PP, einen Wahlerfolg nach dem anderen einBild: JAVIER SORIANO/AFP

Sie war so etwas wie die letzte linke Bastion Europas, doch auch sie fiel vor genau einem Monat. Bei den Kommunal- und Regionalwahlen in Spanien wurde das regierende Linksbündnis von Präsident Pedro Sánchez böse abgestraft, der Ministerpräsident rief daraufhin Neuwahlen aus. 

Strahlender Gewinner: die Konservative Volkspartei PP mit ihrer neuen Hoffnungsträgerin Isabel Díaz Ayuso aus Madrid, die im Duktus der AfD Feminismus, Gleichberechtigung, den Schutz von Minderheiten, Rechte von Transpersonen und den Klimaschutz mit schrillen Auftritten ins Lächerliche zieht.

Vor allem aber die rechtsextreme Vox-Partei, die in vielen Kommunen und autonomen Regionen künftig wahrscheinlich mitregieren wird. Zu den ersten Gratulanten von Vox gehörte nicht ganz zufällig Viktor Orbán, der sich darüber freute, dass die "rechte Reqonquista“ in Spanien voranschreite.

Ungarn: "Vorbild" Orbán

Der ungarische Ministerpräsident hat die Blaupause für den europäischen Rechtsruck geliefert, bei dem anscheinend wie beim Domino Stein um Stein fallen. Im April vergangenen Jahres sicherte er sich seine vierte Amtszeit in Folge, obwohl die Opposition vereint angetreten war und sich Chancen auf einen Regierungswechsel ausgerechnet hatte.

Rechter Quälgeist in Europa: Der ungarische Ministerpräsident Viktor OrbánBild: JOHN THYS/AFP/Getty Images

Orbán und seine rechtsnationale Fidesz-Partei hatten 2014 die "illiberale Demokratie“ nach russischem Vorbild ausgerufen, fremdenfeindliche Töne sind seit Jahren fester Bestandteil seines Regierungsprogramms. Seine Weigerung, Geflüchtete aufzunehmen, begründete er damit, dass die Ungarn "nicht zu einer gemischten Rasse werden wollen“ und dass multikulturelle westeuropäische Länder " keine Nationen mehr sind“.

Frankreich: Le Pen diskreter unterwegs

Nach Orbáns Wahlsieg vor einem Jahr konnte es Marine Le Pen gar nicht schnell genug gehen, Glückwünsche nach Budapest zu senden. Ihre rechtsextreme Partei "Rassemblement National" konnte bei den Parlamentswahlen vor einem Jahr die Zahl ihrer Abgeordneten vervierzehnfachen. Unermüdlich und immer staatstragender treibt Le Pen ihr Langzeitprojekt, den Einzug in den Élysée-Palast, voran.

Nächster Schritt hierzu: ein Sieg bei den Europawahlen 2024. Längst kein Ding der Unmöglichkeit mehr, seit zehn Jahren wählen kontinuierlich mehr Französinnen und Franzosen ganz rechts.

Italien: Meloni und Mussolini

Giorgia Meloni brauchte gar nicht einen so langen Anlauf zu nehmen, ihre rechtsradikale und im Faschismus verwurzelte Partei "Fratelli d‘Italia" kam fast wie aus dem Nichts und machte sie durch den Sieg bei den Parlamentswahlen im September 2022 zur ersten Ministerpräsidentin Italiens.

Handschütteln mit Scholz: Giorgia Meloni mit dem deutschen KanzlerBild: Roberto Monaldo/LaPresse via AP/picture alliance

Im Wappen der Partei: die grün-weiß-rote Flamme, die bei der italienische Rechten symbolisch für die ewige Flamme auf dem Grab Mussolinis steht.

Und überhaupt Mussolini: dieser sei "eine komplexe Persönlichkeit, die im Kontext gesehen werden müsse“, sagt die Frau, die ihre politische Karriere in einer neofaschistischen Jugendorganisation begann.

Schweden: Populisten zweitstärkste Kraft

Jimmie Åkesson, Chef der rechtspopulistischen "Schwedendemokraten", musste hingegen einen ziemlich langen Weg nach rechts gehen. In seinen jungen Jahren galt er noch als moderat.

Heute will er, ganz im Stile von Donald Trump, "Schweden wieder groß machen“. Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr stieg die Partei, die 1988 von Mitgliedern der rechtsextremen Szene gegründet wurde, zur zweitstärksten politischen Kraft auf.

So sehen Sieger aus: Jimmie Åkesson, Vorsitzender der SchwedendemokratenBild: Maja Suslin/TT News Agency/AP/dpa/picture alliance

Seitdem treiben die "Schwedendemokraten" mit einwanderungs- und islamfeindlichen Tönen die regierende Mitte-Rechts-Regierung vor sich her: Muslime sind für Åkesson die "größte Gefahr für Schweden seit dem Zweiten Weltkrieg“.

Finnland: "Finnen first"

Die lange Zeit erfolgreichsten Populisten Skandinaviens haben aber längst Nachahmer gefunden – zum Beispiel in benachbarten Finnland. Dort haben es die "Wahren Finnen" in einem Bündnis aus vier Parteien sogar jetzt in die Regierung geschafft. Sieben Kabinettsposten sicherte sich die rechtspopulistische Partei, deren Chefin Riikka Purra sogar zur Finanzministerin aufsteigen könnte.

Rechte Stimme im hohen Norden Europas: Riikka PurraBild: Lehtikuva/Roni Rekomaa/via REUTERS

Die Frau, die früher die Grünen wählte, will Finnland wieder auf den "rechten Weg“ bringen. Und das mit einem "Paradigmenwechsel“ bei der Migration, die Flüchtlingsquote soll auf 500 sinken.

Slowakei: Neonazis im Parlament

Dabei ist Purra im Vergleich zu Marian Kotleba lammfromm – der Parteichef der neofaschistischen L’SNS gehört zu den radikalsten Neonazis in der Slowakei. Der Mann, der sich von seinen Anhängern gerne "Führer“ nennen lässt, und bevorzugt gegen Roma, Juden und Homosexuelle hetzt, wurde 2022 wegen der "Förderung einer demokratiegefährdenden Ideologie" zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und musste seinen Sitz im nationalen Parlament abgeben.

Der Nazipropaganda für schuldig befunden: Marian KotlebaBild: Marek Molnar/AA/picture alliance

Dem Erfolg seiner Partei hat dies in der Vergangenheit allerdings keinen Abbruch getan: bei den Parlamentswahlen 2020 konnte sie sich mit acht Prozent 17 Sitze im slowakischen Nationalrat sichern. Bei den vorgezogenen Neuwahlen am 30.September rechnet sich die Neonazi-Partei sogar noch mehr aus. 

Griechenland: Massiver Rechtsruck

Dafür reicht der Blick nach Griechenland. Dort hat zwar der konservative Ministerpräsident Kyriakios Mitsotakis die Neuwahlen an diesem Sonntag gewonnen, doch die Überschrift des Urnengangs könnte auch lauten: Griechenland rückt massiv nach rechts. Die rechtspopulistische "Elliniki Lysi" (Griechische Lösung), die ultranationalistische und ultrareligiöse "Niki" (Der Sieg) und die "Spartianer" als Nachfolgerin der 2020 verbotenen Neonazipartei "Chrysi Avgi" (Goldene Morgenröte) zogen mit zusammen fast 13 Prozent allesamt ins neue griechische Parlament ein.