Europa schrumpft
6. Dezember 20069,1 Milliarden Menschen werden im Jahr 2050 die Erde bevölkern - so die Berechnung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2005. Noch im Jahr 1950 waren es nur 2,5 Milliarden, im Jahr 2000 schon über 6,1 Milliarden. Das erhebliche Wachstum bis hin zu 9,1 Milliarden ist jedoch ungleich verteilt. Denn die Bevölkerung Europas schrumpft weiter.
Nach mittlerer Wachstumsprognose des UN-Department of Economic and Social Affairs (DESA) werden im Jahr 2050 nur noch knapp 7 Prozent aller Menschen in Europa leben, also rund 650 Millionen. Das ist ein weiterer drastischer Rückgang, wenn man bedenkt, dass im Jahr 1950 noch 22 Prozent aller Menschen Europäer waren - und ihr Anteil an der Weltbevölkerung bereits bis zum Jahr 2000 auf 12 Prozent gesunken ist.
Bevölkerungsschwund kaum aufzufangen
Treffen diese Berechnungen zu, dann ist Europa der einzige Kontinent, der Menschen verliert - und zwar rund 75 Millionen. Denn laut DESA lebten 2005 noch 728 Millionen Menschen hier. Eine gezielte Zuwanderungspolitik könnte den Prozess zwar schwächen. Ganz auffangen kann sie diese Entwicklung aber sicher nicht.
So müssten beispielsweise nach Deutschland laut Schätzung des "Forums Demographischer Wandel" statt der derzeit etwa 200.000 Nettozuwanderer pro Jahr etwa 344.000 Menschen dauerhaft zuwandern. Besonders eine steigende Geburtenrate könnte den Schrumpfungsprozess entschärfen, schon durch einen Anstieg auf 1,7 Kinder pro Frau. Stiege das Verhältnis gar auf 2,1 Kinder pro Frau, bliebe die Bevölkerungszahl in Deutschland erhalten.
Bei einer momentanen Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau in Deutschland ist das ein hoch gestecktes Ziel. Und auch in anderen Ländern Europas sieht es nicht besser aus: Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lag die Geburtenrate zwar in Großbritannien bei 1,7 und in Frankreich bei 1,9 Kindern pro Frau, in Island waren es gar 2,0. In Ländern wie Spanien, Polen, Tschechien und Italien sieht es dagegen noch düsterer aus als in Deutschland. Sie schaffen es nur auf 1,2 Kinder pro Frau.
Warum Europa?
Dass der starke Rückgang vor allem Europa betrifft, hat mit dem Wohlstandsniveau dieses Kontinents zu tun. Vor allem in den Ländern Europas zeigt sich, was Wissenschaftler weltweit beobachten und als demographisch-ökonomisches Paradoxon bezeichnen: der gegenläufige Zusammenhang zwischen dem materiellen Lebensniveau eines Landes und dem Niveau seiner Geburtenrate.
Das heißt konkret: Je rascher die sozio-ökonomische Entwicklung eines Landes voranschreitet und je höher der Lebensstandard steigt, desto niedriger ist die Geburtenrate.