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Europa soll besser haushalten

Kay-Alexander Scholz11. Mai 2012

Deutschland steht unter Druck, nicht nur als Sparmeister Europas aufzutreten. Doch Wachstum durch neue Schulden, das sei der falsche Weg, sagte der Bundesaußenminister in Berlin und schlug einen Alternativplan vor.

Außenminister Guido Westerwelle spricht im Bundestag (Foto: dpa)
Guido Westerwelle im BundestagBild: picture-alliance/dpa

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat in seiner Regierungserklärung im Deutschen Bundestag ein Sechs-Punkte-Wachstumsprogramm vorgestellt. Ziel sei es, Wachstum durch Strukturreformen zu erreichen und nicht durch neue Schulden. "Wachstum kann man nicht mit Schulden kaufen", betonte Westerwelle.  Die Bundesregierung habe zur Umsetzung des Punkteplans eine Zukunftsgruppe ins Leben gerufen und wolle mit allen Mitgliedsstaaten und Institutionen der Europäischen Union darüber reden.

Wachstum, statt Wellness

"Wir dürfen in Europa nicht mehr Geld ausgeben als bisher, aber die Mittel müssen besser eingesetzt werden", sagte Westerwelle. Europa müsse diese Strukturmittel für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit einsetzen - und nicht für Wellness-Oasen. "Better spending" sei das Ziel. Westerwelle schlug weiterhin vor, die europäische Investitionsbank stärker zu nutzen, die europäische Infrastruktur unter Beteiligung privater Unternehmen auszubauen sowie den Binnenmarkt auf Zukunftsfeldern wie dem Internethandel und dem Energiesektor zu stärken. Zudem sprach sich der Bundesaußenminister dafür aus, den Freihandel mit den alten und neuen Kraftzentren der Welt zu stärken. 80 Prozent des weltweiten Wachstums würden inzwischen außerhalb der EU stattfinden.

"Wachstum durch mehr Wettbewerbsfähigkeit sei ein Kernanliegen, dazu muss man die Bundesregierung nicht überreden", erinnerte Westerwelle in seiner 20-minütigen Rede. Haushaltsdisziplin und Wachstum seien zwei Seiten derselben Medaille. Deutschland habe sich schließlich durch Strukturreformen in den letzten zehn Jahren vom kranken Mann Europas zur Wachstumslokomotive entwickelt habe.

"Solidarität ist keine Einbahnstraße"

"Der beschlossene Fiskalpakt gilt, Vereinbarungen werden nicht durch neue Wahlen ungültig", betonte Westerwelle und nahm damit Bezug auf die Forderung des neuen französischen Präsidenten Francois Hollande nach einem Wachstumspaket für Europa. Hollande wird am kommenden Dienstag zu seinem Antrittsbesuch in Berlin erwartet und mit Kanzlerin Angela Merkel auch darüber reden.

Westerwelle ordnete die derzeitige Krise in eine globale Entwicklung ein und mahnte, Europa sei - wie auch Deutschland - in einer wichtigen Prägephase. "Die Gewichte in der Welt verschieben sich, in Europa ist Deutschland relativ groß, aber in der Welt ist Deutschland relativ klein, deshalb brauchen wir die europäischen Partner." An die Adresse Griechenlands sagte Westerwelle, Solidarität sei keine Einbahnstraße. "Die Zukunft Griechenlands liegt in den Händen Griechenlands. Wir stehen zu den Hilfszusagen, aber Reformen müssen auch umgesetzt werden, Griechenland muss sich auch helfen lassen."

Regierungserklärung Westerwelle # O-Ton Westerwelle # 11.05.2012 # Journal Deutsch

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Kritik von der Opposition

Hubertus Heil, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, zeigte sich enttäuscht über die Rede von Westerwelle. Weihrauchreden und gestanzte Formeln würden das Vertrauen in Europa weiter aushöhlen, das durch das zögerliche Handeln der Bundesregierung in der Krise abhanden gekommen sei. Heil forderte mutige Entscheidungen von der Politik, um private Investoren zum Handeln zu bewegen. Generell fehle in Westerwelles Sechs-Punkte-Programm Konkretes.

Sahra Wagenknecht: Es geht in Wahrheit um Sozialabau in EuropaBild: dapd

Sarah Wagenknecht von der Linkspartei bezweifelte, dass es derzeit in Europa wirklich um einen Schuldenabbau gehe. "In Wahrheit geht es um eine Zerschlagung des europäischen Solidarstaates", so Wagenknecht. In weiten Teilen Europas gebe es eine verzweifelte einfache Bevölkerung, die einer immer reicher werdenden Oberschicht gegenübersteht. Der Fiskalpakt gehöre in den Reißwolf, stattdessen sollten europaweit die Reichen stärker besteuert werden, forderte Wagenknecht.

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