Warum fällt Europa die Verteidigung gegen Drohnen so schwer?
26. September 2025
Vor wenigen Tagen traf es den Flughafen Aalborg im Norden Dänemarks: Nachdem dort Drohnen gesichtet worden waren, wurde er geschlossen. Dabei handelte es sich nur um die jüngste durch Drohnensichtungen verursachte Schließung eines Flughafens. Auch über Esbjerg, Sonderburg und Skrydstrup waren Berichten zufolge unbemannte Drohnen aufgetaucht. Skrydstrup und Aalborg werden auch von der Königlichen Dänischen Luftwaffe genutzt. Bereits Anfang der Woche war der Flugverkehr der dänischen Hauptstadt Kopenhagen eingestellt worden, weil auch hier Drohnen entdeckt worden waren.
Auf einer Pressekonferenz sagte der dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen, alles deute auf "das Werk eines professionellen Akteurs" hin: "Es sieht ganz sicher nicht nach einem Zufall aus. Es sieht systematisch aus. Ich würde das als hybriden Angriff bezeichnen." Die Vorfälle würden noch von der Polizei untersucht. Doch auf die Frage, wer hinter diesen Vorfällen stecke, wollte der dänische Justizminister Peter Hummelgaard "nichts ausschließen".
Ob Russland mit den Vorfällen in Dänemark zu tun hat, steht noch nicht fest. Doch nach dem Eindringen unbemannter Flugzeuge in den Luftraum im Osten Europas forderte die NATO Maßnahmen. Anfang September waren russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte kündigte daraufhin eine neue Operation des Verteidigungsbündnisses mit dem Namen "Eastern Sentry" zum Schutz der Ostflanke an.
Auch die dänischen Behörden haben nun die Erfahrung machen müssen, wie schwer sich Drohnen identifizieren und stoppen lassen. Im Umfeld eines Flughafens auf solche Flugkörper zu reagieren, ist eine Herausforderung. Und sie unterscheidet sich stark von jenen, mit denen die NATO und die EU normalerweise konfrontiert sind.
Warum lassen sich Drohnen nur schwer aufhalten?
Drohnen oder andere unbemannte Kampfflugkörper werden seit den 1970er Jahren von zahlreichen Streitkräften intensiv genutzt. Sie sind mittlerweile Teil der modernen Kriegsführung, insbesondere im Krieg Russlands gegen die Ukraine.
Aber auch im kommerziellen Bereich schreitet die Technik rapide voran, sagt Richard Gill, Gründer und Geschäftsführer des Sicherheitsunternehmens Drone Defence: "Drohnen sind leichter verfügbar und leichter einzusetzen", sagt er zur DW. "Die Preise sinken. Die Leute können mittlerweile in ihren Kellern Sachen machen, für die sie vor zehn oder 15 Jahren noch hochentwickelte militärische Mittel benötigt hätten."
Für Flughäfen, die ihren Luftraum absolut unter Kontrolle haben müssen, ist das ein echtes Problem. "Mit dem Vorfall in Dänemark wurde wieder einmal klar, dass der Einsatz von Drohnen über Flughäfen zur Einstellung des Luftverkehrs führt", betont Jukka Savolainen. Sie arbeitet beim European Center of Excellence for Countering Hybrid Threats (Hybrid CoE), einem Kompetenzzentrum, das die EU- und NATO-Staaten bei der Abwehr hybrider Angriffe unterstützen soll. "Bei der Flugsicherheit ist keinerlei Risiko akzeptabel."
Dieser Grundsatz hat bereits weltweit zur Schließung von Flughäfen geführt - von New York über London bis Dubai und Frankfurt. Das gibt allen, die es darauf angelegt haben, die Möglichkeit, den Flugverkehr gravierend zu stören. Selbst Hobby-Drohnenpiloten könnten aufgrund der leichten Verfügbarkeit von Drohnen durch einen Fehler schnell ganze Flughäfen lahmlegen.
Warum nicht einfach abschießen?
Im Krieg werden Drohnen ständig abgeschossen. Doch für die Sicherheitsbehörden ist es aus der Ferne oft schwer zu bestimmen, ob es sich um eine militärische oder eine Hobby-Drohne handelt, bevor sie wieder verschwunden ist. Selbst wenn sich ein Verdacht bestätigt, sind wichtige Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen.
"Es ist nicht leicht, eine Drohne mit Wuchtgeschossen zu treffen. Es müssen also eine Menge davon abgefeuert werden, um einen Treffer wahrscheinlich zu machen", erklärt Savolainen von Hybrid CoE. "Selbst wenn Sie die Drohne treffen, gehen auch die überzähligen Geschosse irgendwann zu Boden. Es ist also nicht empfehlenswert, sie in dicht besiedelten Gebieten einzusetzen. Es sei denn, von der Drohne geht eine unmittelbare und gefährliche Bedrohung aus."
Weil diese Bedrohung aus der Ferne jedoch nur schlecht einzuschätzen ist und Flughäfen sich oft in der Nähe bebauter Gebiete befinden, ist die Gefahr von Kollateralschäden groß. Das - und die hohen Kosten - machen einen Abschuss der Drohne nahezu unmöglich. Gill fügt hinzu, dass die Gesetzgebung der rasant entwickelten Drohnentechnologie hinterherhinkt und auch dies die Flughäfen gefährdet.
"Nicht alle Flughäfen verfügen über Erkennungssysteme, um die Vorfälle richtig einordnen zu können. Wir müssen uns also in der Regel auf Menschen vor Ort verlassen. Also darauf, dass das Sicherheitspersonal oder andere Mitarbeiter Sichtungen melden. Und wie reagiert man dann darauf? Wenn die Drohne abgeschossen werden soll, wer übernimmt das?", fragt Gill. Derzeit gibt es keine rechtliche Grundlage für Verkehrsflughäfen, um Drohnen abschießen zu können.
Was können Flughäfen gegen Drohen tun?
Rein zivilen Flughäfen, insbesondere kleineren und nicht so gut ausgestatteten Verkehrsflughäfen, stehen nur wenige Möglichkeiten zur Verfügung. Das ist bei Luftwaffenstützpunkten oder sowohl für militärische als auch zivile Zwecke genutzten Flughäfen anders. Drohnen können mittels Funkfrequenzen, Videoübertragungen, Radar oder Überwachungskameras identifiziert werden, doch es bleibt schwierig, sie nach der Identifizierung zu stoppen.
Den Flugverkehr einzustellen ist eine extreme, aber häufig die erste Maßnahme, die ergriffen wird, wenn Drohnen dort gesichtet werden, wo sie nicht sein dürften. Sowohl für den kommerziellen als auch den militärischen Markt werden immer mehr Produkte entwickelt, die darauf abzielen, Drohnen zu stoppen. Doch die Aufrüstung von Flughafensicherungssystemen ist kostspielig und wäre vermutlich ein kontinuierlicher Prozess.
Der Ryanair-Vorsitzende Michael O'Leary hat vorgeschlagen, die Regierungen sollten die Kosten für die Lösung des von ihm als "Ärgernis" bezeichneten Problems tragen. "Es geht um ein Sicherheitsproblem der nationalen Regierungen. Nicht um etwas, das die Flughäfen lösen können" so der Chef der irischen Billig-Airline. Die EU scheint das in Teilen ebenso zu sehen. Am 10. September forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Europa müsse einen "Drohnenwall" errichten, um die Bedrohung durch weitere Übergriffe auf den hoheitlichen Luftraum einzudämmen.
Dieser "Drohnenwall" zum Schutz der Ostflanke soll ein Kooperationsprojekt zwischen Polen, Finnland, Estland, Lettland und Litauen werden, mit dem Ziel, die Verteidigung der östlichen Grenzen der EU zu stärken. Die Maßnahmen sollen auf vorhandener Technik aufbauen. Gefährliche Drohnen sollen aber gegebenenfalls abgeschossen werden können. Einzelheiten darüber sind bislang kaum bekannt. Das System soll außerdem deutlich kostengünstiger in der Anwendung sein als gegenwärtige Flugabwehrsysteme, die auf herkömmliche bemannte Flugzeuge und Raketen ausgerichtet sind.
"Das ist kein abstraktes Ziel", sagt von der Leyen über die Pläne. "Es ist der Grundpfeiler einer glaubwürdigen Verteidigung."
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.