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Europarat: Armenien hat bis September 2003 Grundrechte zu garantieren

30. April 2004

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Jerewan, 29.4.2004, ARMINFO

ARMINFO, russ., 29.4.2004

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats [PACE] hat Armenien fünf Monate gegeben, um die innenpolitische Lage zu klären. Die PACE-Sitzung, auf der es um die politische Situation in Armenien gegangen war, wurde gestern Abend beendet.

In der ersten Version der PACE-Entscheidung wird Armenien bis Juni dieses Jahres Zeit gegeben, ungehinderte Kundgebungen und Märsche, Meinungsfreiheit, die Wiederaufnahme der Sendungen von A1+TV und die Freilassung aller inhaftierten Oppositionellen zu garantieren. Nach einer Debatte aber wurde beschlossen, diese Frist bis zum September 2004 auszudehnen und auf der Juni-Sitzung der PACE über die Lage in Armenien zu sprechen, um zu entscheiden, ob die armenische Regierung den PACE-Forderungen nachkommt. Die armenische Führung hat die PACE kontinuierlich über die Maßnahmen zu informieren, die ergriffen werden, um die Forderungen bis September zu erfüllen. Sollten sie nicht erfüllt werden, behält sich die PACE das Recht vor, das Mandat der armenischen Parlamentarierdelegation nach Artikel neun ihrer Satzung im September aufzuheben.

Auf der PACE-Sitzung war es zu heftigen Diskussionen zwischen den Mitgliedern der armenischen Delegation - [dem stellvertretenden Parlamentspräsidenten] Tigran Torosjan, [dem Vorstandsmitglied der Armenischen Revolutionären Föderation Dashnaktsutiun] Armen Rustamjan, dem Oppositionellen [Mitglied der Fraktion "Gerechtigkeit"] Schawarsch Kotscharjan und [dem Vorsitzenden der Nationalen Einheitspartei] Artashes Gegamjan - gekommen. Schawarsch Kotscharjan repräsentierte den Standpunkt der Opposition, während Armen Rustamjan und Tigran Torosjan die Position der regierenden Koalition vertraten. Hauptanlass war die Frage, ob ein Referendum über das Vertrauen in die armenische Regierung abgehalten werden sollte sowie die Rechtmäßigkeit der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 2003. Die PACE stellte sich letztlich auf den Standpunkt der Koalition und ließ in ihrer Entscheidung unerwähnt, dass Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen die Abstimmungsergebnisse beeinflusst hatten.

Da die europäischen Parlamentarier nicht darüber entschieden haben, ob es sich bei dem Urteil des armenischen Verfassungsgerichts vom 16. April [2003] über die Abhaltung eines Referendums um eine Entscheidung oder eine Empfehlung handelte, unterstützte die PACE in ihrer endgültigen Entscheidung über Armenien den Standpunkt der Koalition.

Tigran Torosjan sagte zu der PACE-Entscheidung, sie zeige, dass es für Armenien keinen Sinn habe, stets umsichtig zu handeln und auf Entscheidungen aus Straßburg zu warten. Es müsse eigenständig Schritte ergreifen.

Beide Teile der armenischen Delegation - der auf Seiten der Regierung und der Opposition - waren sehr bestrebt, die PACE-Abgeordneten auf ihre Seite zu ziehen, indem sie ihnen verschiedene Dokumente zur Unterzeichnung vorlegten. Nur ein Mitglied der armenischen Parlamentarierdelegation unterzeichnete weder regierungs- noch oppositionsfreundliche Dokumente. Es war Karen Karapetjan, der Leiter der parlamentarischen Gruppe "Volksabgeordneter". Laut Karapetjan war seine Gruppe stets für den Dialog (...) (TS)

ARMINFO, russ., 29.4.2004

Die Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über die derzeitige innenpolitische Lage in Armenien hatte keine negativen Reaktionen armenischer regierungsfreundlicher politischer Kräfte zur Folge. Vertreter der regierenden Koalition erklärten heute auf einem Briefing in der armenischen Nationalversammlung, sie akzeptierten den PACE-Aufruf nach dem Beginn eines Dialogs zwischen Regierung und Opposition und der Rückkehr der Opposition ins Parlament. Die regierende Koalition begrüßte auch die PACE-Erklärung, dass die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen [2003 in Armenien] nicht in Frage gestellt werden sowie die Entscheidung, die Frage eines Referendums über das Vertrauen in den Präsidenten Armeniens nicht in die Resolution aufzunehmen, wie es die Opposition gefordert hatte.

Zu dem PACE-Appell an die Regierung des Landes, Kundgebungen der Opposition nicht zu behindern, sagten Vertreter der regierenden Koalition, die Abhaltung von Demonstrationen und Kundgebungen sei "ein heiliges Recht der Opposition". Es dürfe aber nicht gegen Recht und Ordnung verstoßen werden. Gleichwohl verurteilte die regierende Koalition die Bemühungen der Opposition, die derzeitige politische Lage in Armenien auf die Tagesordnung von PACE zu stellen. Ihrer Ansicht nach würde dies Armeniens Feinden dienen.

Galust Saakjan, der Vorsitzende der Fraktion der Republikanischen Partei, erklärte, die Opposition schade mit ihren Aktionen dem Ansehen Armeniens in der Welt und untergrabe die Sicherheit des Landes. Es dürfe nicht vergessen werden, dass das armenische Volk noch viele ungelöste Probleme habe, darunter die Karabach-Frage. Wenn die Opposition die derzeitige Lage im Lande in europäischen Organen zum Thema mache, behindere sie die Lösung dieser Probleme, erklärte der Parlamentarier.

"Die Opposition appelliert heute an Europa, armenische innenpolitische Probleme zu lösen, während dasselbe Europa Zeuge des Genozids an Armeniern im Osmanischen Reich war und dazu schwieg. Erst 100 Jahre später erkannten einige europäische Länder aus Eigeninteresse den Genozid an Armeniern an und verurteilten ihn", so Galust Saakjan. (TS)