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Politik

Europarat-Kommission beklagt Hassreden

17. März 2020

Deutschland sollte nach Einschätzung europäischer Experten stärker gegen Hass im Netz und gegen Racial Profiling vorgehen. Auf Seiten der Polizei fehle für dieses Problem das Bewusstsein.

Hanau Gedenken deutschlandweit / Hanau
Demonstration gegen rechte Gewalt und Rassismus nach dem Attentat in Hanau im Februar 2020Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Der Hass prägt Debatten. "Die ständige islamophobe und fremdenfeindliche Rhetorik der extremen Rechten hat sich auf den politischen Diskurs niedergeschlagen", beklagen europäische Experten. So mahnt die Antirassismus-Kommission des Europarats (Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, ECRI) mehr Engagement der Polizei und der Nachrichtendienste in diesem Bereich an. In seinem am Dienstag (17.03.2020) veröffentlichten Bericht benennt das Expertengremium nach wie vor bestehende Defizite bei der Erfassung von Hassreden im Internet wie in der Alltagswirklichkeit. 

Ausdrücklich sprechen die Experten von einem "hohen Grad" an Islamfeindlichkeit in Deutschland. Muslime seien die von Hass und Rassismus "am häufigsten betroffene religiöse Gruppe in Deutschland". 

Vor Halle und Hanau 

Die Arbeiten an dem nun vorgelegten Bericht wurden bereits im Juni vorigen Jahres abgeschlossen. Da lagen die Umstände der Ermordung des Kasseler CDU-Politikers Walter Lübcke durch einen Rechtsextremen noch im Vagen. Die fremdenfeindlichen und rassistischen Anschläge von Halle (Oktober 2019) und Hanau (Februar 2020) sind im Bericht selbst noch nicht berücksichtigt. In den Berichtszeitraum fiel dagegen der islamistisch motivierte Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit elf Toten vom Dezember 2016, der auch Erwähnung findet. 

Einschussloch in der Scheibe des Döner-Ladens nach dem Anschlag in Halle im Oktober 2019Bild: picture-alliance/AP/J. Meyer

Vor wenigen Tagen ordnete die Generalsekretärin der in Straßburg ansässigen Länderorganisation, Marija Buric, die Beobachtungen der aktuellen Berichte europaweit ein. "Antisemitische, islamfeindliche und andere rassistische Hassverbrechen nehmen in alarmierendem Maße zu", erklärte sie. Dabei verwies sie auf den "zunehmenden Einfluss ultranationalistischer und fremdenfeindlicher Politik in ganz Europa".

"Diskurs immer fremdenfeindlicher"

ECRI äußert im jetzigen Bericht sein Bedauern darüber, "dass der deutsche öffentliche Diskurs in den letzten Jahren immer fremdenfeindlicher geworden ist und dass es immer häufiger Hassreden gibt". Dabei verweist er auf die wöchentlichen Pegida-Demonstrationen in Dresden und auf die AfD, ausdrücklich auf die Unterorganisationen "Der Flügel" und "Junge Alternative". In beiden zeigten sich nach Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz verfassungswidrige Tendenzen. Erst vor wenigen Tagen hatte die Behörde mit Blick auf den "Flügel" von einer gesichert rechtsextremistischen Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" gesprochen und dessen nachrichtendienstliche Beobachtung angekündigt. Ganz generell brauche es mit Blick auf Hasskriminalität eine umfassendere Erfassung und präzisere Einordnung.

Ein europäisches Phänomen 

Die Empfehlungen der Antirassismus-Kommission des Europarates - der nicht mit der Europäischen Union oder ihren Institutionen zu tun hat - sind nicht bindend. Die Kommission lenkt jedoch mit ihren Berichten Aufmerksamkeit zumindest zeitweise auf Defizite im Kampf gegen Intoleranz und Diskriminierung.

Schon 2014 lautete die Mahnung des damals vorgelegten ECRI-Berichts, Deutschland müsse mehr Anstrengungen dem Kampf gegen Rassismus und Intoleranz widmen. Im jetzigen Bericht bekommt Deutschland auch Lob für das Engagement der vergangenen Jahre. So habe das Netzwerkdurchsetzungsgesetz spürbar zu Fortschritten im Kampf gegen Hass und Rassismus im Netz beigetragen. 

Längere Ausführungen des jetzigen Berichts gelten dem sogenannten racial profiling, einem rassistisch motivierten Verhalten von Strafverfolgungsbehörden, gerade der Polizei. Dazu gebe es gerade von Schwarzafrikanern immer wieder Beschwerden, die auch statistisch erfasst würden. Auf Seiten der Sicherheitskräfte mangele es dazu an Problembewusstsein. Der Bericht empfiehlt eine deutlichere Erfassung und Maßnahmen in Aus- und Weiterbildung, um solches Vorgehen abzustellen.