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PolitikEuropa

Europarat: Strafverfahren gegen Türkei

3. Dezember 2021

Der Fall um den inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala könnte die Türkei und den Europarat endgültig entzweien. Einen wirtschaftlichen Schaden trägt Ankara schon jetzt davon.

Osman Kavala, seit 2017 inhaftiert
Osman Kavala, seit 2017 in der Türkei inhaftiert Bild: Anadolu Culture Center/REUTERS

Der Europarat hat wegen der anhaltenden Inhaftierung des türkischen Kulturförderers und Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala ein Strafverfahren gegen die Türkei eingeleitet. Das Ministerkomitee mit Vertretern der 47 Mitgliedsstaaten forderte in Straßburg die Regierung in Ankara zugleich auf, bis zum 19. Januar ihren Standpunkt darzulegen, wie das Gremium mitteilte. 

Doch die politische Führung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan gibt sich hartleibig: Die anhaltende Inhaftierung Kavalas sei eine Sache der "unabhängigen Justiz" in der Türkei, bekräftigte sie jüngst. Ankara ermahnte den Europarat, auf jegliche "Einmischung" in türkische Justizangelegenheiten zu verzichten.

"Aus Rücksicht auf das laufende Gerichtsverfahren fordern wir den Europarat auf, keine Entscheidung zu treffen, die eine Einmischung in die unabhängige Justiz darstellen würde", heißt es aus dem türkischen Außenministerium.

Vier Jahre Haft, aber keinen Beweis

Kavala sitzt bereits seit mehr als vier Jahren ohne Verurteilung in Haft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits im Dezember 2019 Kavalas Freilassung angeordnet, doch wurde das Urteil von der türkischen Regierung ignoriert. Im Oktober drohte der Europarat, dessen Mitglied die Türkei ist, Schritte gegen Ankara einzuleiten, sollte der inzwischen 64-jährige Mäzen nicht vor dem nächsten Treffen der Organisation am 30. November freikommen.

Kein Kompromiss in Sachen Kavala: Präsident Recep Tayyip ErdoganBild: Presidential Press Office

Ein Gericht in Istanbul setzte sich über die Forderungen erneut hinweg und verlängerte vier Tage vor Ablauf der Frist Kavalas Untersuchungshaft. Seit Dienstag beriet das Ministerkomitee des Europarats in Straßburg über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. 

Der Streit befeuert den Kurssturz der Lira

Im Oktober hatte der Streit für einen diplomatischen Eklat gesorgt: Weil sie im vergangenen Monat die Freilassung von Kavala gefordert hatten, drohte Präsident Erdogan zehn westlichen Botschaftern, darunter den Vertretern der USA, Frankreichs und Deutschlands, wegen Einmischung in die "unabhängige Justiz der Türkei" die Ausweisung an. Erst in letzter Minute lenkte Erdogan wieder ein.

Unterstützer von Osman Kavala protestierten vor einer Woche vor dem Gericht in IstanbulBild: Ozan Köse/AFP/Getty Images

Dieser internationale Konflikt könnte die Türkei aus mehreren Gründen teuer zu stehen kommen. Denn alleine schon die Erwartung eines Vertragsverletzungsverfahrens reichte aus, um die schwer gebeutelte Lira weiter auf Talfahrt zu schicken. Die türkische Währung fiel am Donnerstag um weitere 3,5 Prozent und hat in diesem Jahr bereits 44 Prozent an Wert verloren. Im Gegenzug ist die Inflation im Land auf 25 Prozent gestiegen. Die US-Ratingagentur Fitch hat den Bonitäts-Ausblick für die Türkei auf "negativ" gesenkt.

rb/mak (AFP, Reuters, dpa)

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