Europas Rechtsparteien im Aufwind
11. Juni 2025
Mit der AfD wollen die anderen Parteien in Deutschland nichts zu tun haben. Verschiedene Politiker fordern sogar ein Verbot der AfD. In anderen Ländern Europas ist das bei vergleichbaren Parteien völlig anders.
Niederlande: Partij voor de Vrijheid
Geert Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) hat die Viererkoalition unter Führung seiner Partei platzen lassen, weil sie bei Migration nicht hart genug durchgegriffen hat. "Wir wollen einen sofortigen totalen Asylstopp. Wir wollen, dass jeder, aber auch wirklich jeder Asylbewerber sofort an der Grenze zurückgewiesen wird", sagte Wilders. Für den nach seiner Ansicht drohenden "Untergang der Niederlande" habe seine Fraktion keine Verantwortung mehr tragen wollen. Jetzt soll es im Herbst Neuwahlen geben.
Wilders' Partei war zwar stärkste Kraft bei der Parlamentswahl geworden, trotzdem wurde er nicht Regierungschef, weil er den Koalitionspartnern zu radikal war. Stattdessen wurde der parteilose Dick Schoof Ministerpräsident der Niederlande.
Wenn es nur nach Wilders ginge, würde er den Koran und alle neuen Moscheen verbieten. Ansonsten macht er gegen Klimaschutz und gegen eine als übergriffig kritisierte EU mobil. Seine Partei beherrscht er vollkommen: Wilders ist einziges Parteimitglied, selbst Abgeordnete und Minister sind offiziell nur Unterstützer der PVV. Dadurch kann Wilders auch das Parteiprogramm allein bestimmen und Kandidaten für Wahlen selbst ernennen.
Polen: Prawo i Sprawiedliwość
Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterlag zwar bei den Parlamentswahlen Ende 2023; seitdem regiert der liberale frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk in Polen. Die PiS stellte aber den Staatspräsidenten, der mit seinem Veto die Regierungspolitik ausbremsen kann.
Daran hat sich seit der Präsidentschaftswahl Ende Mai 2025 nichts geändert, denn die hat der von der PiS unterstützte Karol Nawrocki knapp gewonnen. Nawrocki hatte auch mit antideutschen und antieuropäischen Tönen Wahlkampf gemacht.
Die PiS als Partei tritt in der EU aber eher vorsichtig auf - die Finanzflüsse aus Brüssel sind für das Land wichtig. Sie steht auch klar an der Seite der Ukraine im Krieg gegen Russland und befürwortet eine starke NATO-Präsenz als Schutz gegen den mächtigen Nachbarn.
Migrationspolitisch vertritt sie dagegen die harten Positionen ihrer Geschwister anderswo in Europa. In gesellschaftlichen Fragen steht sie der katholischen Kirche in Polen nahe und spricht sich gegen die Legalisierung der Abtreibung sowie die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften aus.
Ungarn: Fidesz
Die Partei, offiziell Fidesz - Ungarischer Bürgerbund -, ist wohl europaweit die erfolgreichste Rechtsaußen-Partei. Mit ihrem Chef Viktor Orban war die Fidesz zwischen 1998 und 2002 und ist wieder seit 2010 ununterbrochen in Ungarn an der Macht. Dabei war die Partei 1988 kurz vor Ende des Kommunismus als radikalliberale Kraft gegründet worden und behielt diese Ausrichtung auch lange bei.
Spätestens seit der von der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 ausgerufenen Willkommenskultur für Flüchtlinge schwenkten Orban und seine Fidesz aber nach rechts. Inzwischen steht die Partei ausdrücklich für eine illiberale Demokratie, sie sieht einen christlichen Westen durch Überfremdung bedroht und will den Einfluss der EU stark begrenzen.
Einen menschenverursachten Klimawandel erkennt Fidesz im Gegensatz zu ähnlichen Parteien aber als Bedrohung an. Ganz im Gegensatz etwa zur polnischen PiS sucht die Fidesz unter Orban den Kontakt zu Russland trotz des Ukraine-Krieges, vor allem in Energiefragen. Auch ideologisch steht Orban Präsident Wladimir Putin nahe.
Slowakei: Smer - slovenská sociálna demokracia
Der heutige Ministerpräsident Robert Fico hat die Partei gegründet. Übersetzt heißt die Partei Richtung - Slowakische Sozialdemokratie. Die Richtung weist scharf nach rechts und hat mit Sozialdemokratie etwa deutscher Prägung kaum etwas zu tun. So warnt Smer vor einer "Überfremdung" der Slowakei. Parteichef und Ministerpräsident Fico hält Muslime generell für nicht integrationsfähig und sagte 2016: "Der Islam hat keinen Platz in der Slowakei."
Die von Russland überfallenen Ukrainer bezeichnet Fico als "Nazis und Faschisten" ganz im Sinne Putins. Vor der Parlamentswahl 2023, aus der die Smer als Sieger hervorging, kündigte Fico an, er werde die Waffenlieferungen an die Ukraine sofort stoppen.
Das tat er dann auch und behauptete, die NATO und die Vereinigten Staaten seien für den Angriff durch Moskau verantwortlich, was zu Demonstrationen in der ganzen Slowakei führte. Seine Regierung sprach sich auch wiederholt gegen EU-Sanktionen gegen Russland als "nutzlos und kontraproduktiv" aus.
Spanien: Vox
Die von Parteichef Santiago Abascal angeführte Vox (lateinisch: Stimme) hat einen steilen Aufstieg hingelegt. Gegründet 2013, erreichte sie noch 2016 bei den Parlamentswahlen nur 0,2 Prozent der Stimmen, 2019 aber 15 Prozent. Seitdem ist sie wieder etwas abgesackt.
Vox ist zur Zeit drittstärkste politische Kraft in Spanien. Zu einer Regierungsbeteiligung oder auch nur Duldung kam es aber bisher nicht. Für eine Zusammenarbeit wäre nur die konservative Volkspartei (Partido Popular) infrage gekommen. Stattdessen bildete der Sozialist Pedro Sánchez erneut die Regierung.
Das Hauptanliegen von Vox ist ein spezifisch spanisches: Die Autonomierechte der Regionen wie Katalonien oder das Baskenland sollen rückgängig gemacht, Spanien wieder ein Zentralstaat werden. Auch bei den migrations- und islamkritischen Tönen gibt es eine besondere spanische Note: Abascal fordert eine neue Reconquista - in Anlehnung an die Rückeroberung der jahrhundertelang muslimischen Iberischen Halbinsel bis 1492 durch christliche Herrscher.
Die Partei war Anfang Februar in Madrid Gastgeber einer großen Veranstaltung unter dem Titel "Make Europe Great Again". Teilnehmer waren unter anderen der ungarische Regierungschef Viktor Orban und die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen.
Dänemark: Dansk Folkeparti
Die Dänische Volkspartei wurde 1995 gegründet und hatte ihre erfolgreichste Zeit in den Nuller- und Zehnerjahren. Mit ihren einwanderungs-, globalisierungs- und EU-kritischen Positionen, kombiniert mit Forderungen eines starken Wohlfahrtsstaates, stützte sie damals mehrere Mitte-Rechts-Regierungen in Kopenhagen. Dabei konnte sie vor allem eine Verschärfung des Asylsystems durchsetzen.
In dem Moment jedoch, als die dänischen Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen ab 2019 die Anti-Asyl-Forderungen der Volkspartei nicht nur übernahmen, sondern auch durchsetzten, schwand die Zustimmung zur Volkspartei. Bei der letzten Folketing-Wahl 2022 bekam sie nur noch 2,6 Prozent. Die Einwanderungs- und Asylpolitik der amtierenden sozialdemokratische Regierung in Dänemark ist eine der schärfsten in Europa.