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Europawahl 2024: Klimaschutz und Hochwasser im Fokus

4. Juni 2024

Kurz vor der Europawahl dominieren Krieg und Rechtspopulismus die Schlagzeilen, doch Umweltthemen könnten die Abstimmungen in den 27 EU-Staaten entscheidend prägen.

Ein Mann betrachtet in der Hocke seinen von Hochwasser überfluteten Bauernhof in Pfaffenhofen an der Ilm in Süddeutschland
Hochwasser und Überschwemmungen betreffen viele Menschen in Süddeutschland - beeinflussen sie auch die Europawahl?Bild: Wolfgang M. Weber/IMAGO

Luisa Neubauer, die bekannteste deutsche Aktivistin der Klimagruppe Fridays for Future, klingt vor der Europawahl nicht gerade optimistisch. Im Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagt sie: "Unsere Gegner sind stärker geworden, die Rechtsradikalen vor allem, und die Klimaleugner." Tatsächlich ist die Bedeutung des Klimaschutzes gegenüber der letzten Europawahl vor fünf Jahren deutlich gesunken. Damals gingen nicht nur in Deutschland, sondern auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern tausende junge Menschen auf die Straße und forderten einen besseren Klimaschutz.

Heute verbindet auch Fridays for Future ihre Kampagne für die Europawahl mit dem Thema Rechtspopulismus. Der Slogan lautet: "Wählen ist wie Zähneputzen, machst du es nicht, wird's braun!" In Deutschland findet die Europawahl am 9. Juni statt. 

Weniger Menschen für den Klimaschutz auf die Straße

Dass der Kampf gegen der Erderwärmung heute in einem gänzlich geänderten Umfeld stattfindet als noch vor fünf Jahren, wurde auch auf Klima-Demonstrationen am vergangenen Freitag in MünchenBerlin und anderen deutschen Städten deutlich: Den Aufrufen von Fridays for Future folgen tausende Menschen. In Berlin waren es 13.000, in Hamburg sprachen die Veranstalter von 4700 Teilnehmern. Das sind viele, aber bei weitem nicht so viele wie zur Hochzeit der Bewegung 2018 und 2019 unmittelbar vor der Corona-Pandemie. Damals kamen zu Demonstrationen allein in Berlin über 100.000 Menschen zusammen.

Weniger Menschen als noch vor fünf Jahren demonstrieren vor der Europawahl für den Klimaschutz, hier am Freitag in MünchenBild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Die Forderungen der Klimaaktivistinnen und -aktivisten: ein Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis 2035 in der gesamten Europäischen Union und eine Verdoppelung der Förderung von erneuerbaren Energien.

Aktuell sind das Thema Klimawandel und seine Folgen durchaus präsent in Deutschland. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte sich selbst ein Bild von der Lage in den Hochwassergebieten in Bayern und zeigte sich tief betroffen. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte: "Es wird immer deutlicher, dass wir uns gegen die Folgen der Klimakrise besser schützen müssen. Dafür brauchen wir auch ein neues Hochwasserschutzgesetz." Aus ihrem Ministerium hieß es, dass mit dem geplanten Gesetz die bereits bestehenden Vorschriften zum Hochwasserschutz weiterentwickelt werden sollen. 

Klimaschutz nicht so wichtig wie vor fünf Jahren

Im aktuellen "Deutschlandtrend" des Meinungsforschungsinstitutes "infratest-dimap" wird deutlich, dass das Thema Klimaschutz keine besondere Rolle mehr für die Wähler spielt. Die Menschen sind in Sorge wegen der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und fürchten sich vor wirtschaftlichem Abstieg. Die Umfrage fand allerdings vor dem jüngsten Hochwasser in Süddeutschland statt. 

Klimaschutz auf den Wahlplakaten? 

Auch ein Blick auf die Wahlplakate der Parteien zeigt: Es sind innenpolitische Themen und nicht europapolitische, die die Agenda bestimmen. Die regierenden Sozialdemokraten werben mit dem Konterfei des Bundeskanzlers (neben Europa-Spitzenkandidatin Katharina Barley) und dem Thema Frieden. Oder mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen und mit dem Mindestlohn, was im EU-Parlament gar nicht zur Debatte stehen wird. "Ein Europa für Frieden und Wohlstand" steht auf einem Plakat der Konservativen der CDU. Von Klimaschutz keine Spur.

Sicherheit und Arbeitsplätze, eher kein Klimaschutz: Plakate der deutschen Parteien vor der Europawahl Bild: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

Das haben auch die führenden Umweltgruppen in Deutschland gemerkt. Martin Kaiser, Klimaexperte der Umweltgruppe Greenpeace,  sagt der DW: "Das drohendeErstarken des Rechtsextremismus spielt bei den bevorstehenden EU- Wahlen eine entscheidende Rolle. Denn die Rechtsextremen versuchen nicht nur, die Demokratie unserer pluralen Gesellschaft auszuhebeln, sondern auch, die notwendigen Regelungen zu Klimagesetzen und Förderungen als völlig unnötig und gegen die Interessen der Menschen darzustellen."

Aber vielleicht, so Kaiser, könnten die aktuellen Überschwemmungsbilder aus Süddeutschland kurz vor der Europawahl das Thema noch einmal nach vorne bringen. "Am eindrücklichsten widerlegen diese rechten Vorstellungen die Bilder der Flutkatastrophe im Süden Deutschlands, die zeigt, dass die Sicherheit von allen Menschen in Europa von einer konsequenten, aber sozial ausgerichteten Klimapolitik abhängt."

Luisa Neubauer, Klimaaktivistin von Fridays for Future, blickt eher skeptisch auf die Europawahl Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Kaiser zitiert eine repräsentative bundesweite Meinungsumfrage unter 1000 Erstwählern im Alter von 16 bis 23 Jahren, die das F&P Marketinginstitut im Auftrag von Greenpeace hat erarbeiten lassen. Ergebnis: 55 Prozent der jungen Menschen, die erstmals an einer Europawahl teilnehmen dürfen, interessieren sich am stärksten für Umweltpolitik.

Umweltgruppe WWF ist weniger optimistisch

Etwas weniger optimistisch klingt da Matthias Meißner von der Umweltgruppe WWF.  "Mit großer Sorge beobachten wir, dass Klima-, Umwelt- und Naturschutz im Europawahlkampf bisher kaum eine Rolle spielen", sagt er im Gespräch mit der DW. "Wir sehen, dass bei vielen wichtigen Themen kaum um politische Lösungen gerungen wird. Vielmehr geht es um Verfehlungen einzelner Politiker, was Parteien und Fraktionen gemeinsam können und vor allem, was nicht. Thematisch wird stark polarisiert."

Am 9. Juni wird sich zeigen, ob die Themen Hochwasser und Klimaschutz die Europawahl beeinflussen werden. 

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