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Politik

Europawahl: Sieben von 28

25. Mai 2019

Tag drei der Wahlen zum EU-Parlament: In sieben EU-Mitgliedsländern wurde bereits gewählt, erste Trends zeichnen sich ab und erste Überraschungen. Doch der Superwahltag kommt erst noch.

Europawahl 2019 | Rumänien, pro-EU-Kundgebung in Bukarest
EU-Unterstützer demonstrieren in der rumänischen Hauptstadt BukarestBild: picture-alliance/AP Photo/V. Ghirda

In 21 EU-Ländern sind die Wähler aufgerufen, am Sonntag über das Europäische Parlament abzustimmen. Im Wahlkampf war immer wieder die Rede von einer Schicksalswahl, weil rechte EU-Kritiker in einer neuen Allianz das weitere Zusammenwachsen der Gemeinschaft stoppen wollen. In Deutschland haben die großen Parteien und die Kirchen vor Rechtspopulisten und Nationalisten gewarnt. "Nationalistische Angstmacher" hätten keine Antworten, mahnten Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz. Dennoch könnten genau diese Nationalisten bei der Europawahl triumphieren.

Ein solcher Wahlausgang würde nicht nur die Europäische Union, sondern auch die große Koalition in Berlin erschüttern. Europaweit dürften Christ- und Sozialdemokraten gegenüber der Wahl 2014 deutlich verlieren und erstmals keine Mehrheit mehr unter den 751 Abgeordneten des EU-Parlaments haben. Zugewinne werden Liberalen und vor allem den Grünen vorhergesagt - die Klimapolitik hat die Migration als wichtigstes Wahlkampfthema abgelöst.

Gemeinsam für Europa: Reinhard Marx und Heinrich Bedford-Strohm Bild: Imago/A. Fischer

Es geht auch um Merkel

Die deutschen Unionsparteien CDU und CSU, aus deren Reihen die Bundeskanzlerin kommt, waren noch nie unter die Marke von 30 Prozentpunkten gerutscht. Nun müssen sie ein Ergebnis um 28 Prozent befürchten. So ein Wahlausgang würde auch Angela Merkel - und ihre große Koalition - erheblich unter Druck setzen.

Und die Sozialdemokraten? Der Niederländer Frans Timmermans, der mit seiner sozialdemokratischen Partei laut Prognosen überraschend stärkste Kraft in seiner Heimat wurde, sieht darin ein "Signal" für Europa. In den Niederlanden und Großbritannien hatte die viertägige Europawahl am Donnerstag begonnen.

Die deutsche SPD liegt in Umfragen allerdings bei nur etwa 17 Prozent. Ein Desaster für die älteste noch bestehende Partei Deutschlands. Verliert sie auch bei der parallel stattfindenden Landtagswahl in Bremen gegen die CDU, könnte die große Koalition im Bund noch instabiler werden.

Frankreich rückt nach rechts

Ganz anders fallen die Prognosen für die nationalistischen EU-Kritiker in einigen großen Ländern aus. In Italien liegt die rechte Lega in Umfragen bei über 30 Prozent und damit vor allen anderen Parteien. Auch in Frankreich könnte die Partei der Nationalistin Marine Le Pen wie schon bei der Europawahl 2014 stärkste Kraft werden - noch vor der Partei des Präsidenten und Europafreunds Emmanuel Macron. In Deutschland erreicht die rechte AfD in Umfragen mit rund zwölf Prozent in etwa den Wert der Bundestagswahl 2017.

Neben den Briten und den Niederländern haben bereits die Wähler in Irland, Tschechien, Lettland, Malta und der Slowakei abgestimmt. Auch in den französischen Überseegebieten wird seit Samstag gewählt.

Aus Großbritannien wird es erst Sonntagnacht erste Ergebnisse geben. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt die erst in diesem Jahr gegründete Brexit-Partei von EU-Gegner Nigel Farage vorn. Dagegen gibt es Prognosen aus Irland, wonach die pro-europäische Regierungspartei Fine Gael die meisten Stimmen holte. Die Slowakei dürfte mindestens einen rechtsextremen Abgeordneten ins Europaparlament gewählt haben.

Der irische Premierminister Leo Varadkar bei der StimmabgabeBild: Getty Images/AFP/P. Faith

Geringes Interesse in Tschechien

In Tschechien hatten die Wähler zwei Tage lang Zeit. Dennoch dürfte nur jeder Vierte bis Fünfte der rund 8,5 Millionen Wahlberechtigten seine Stimme abgegeben haben. Das Ergebnis wird erst am Sonntagabend bekannt. Prognosen gibt es nicht.

In den letzten Umfragen lag die populistische ANO des Ministerpräsidenten Andrej Babis mit rund 28 Prozent vorn. Erst am Dienstag waren Zehntausende in Prag gegen Babis auf die Straße gegangen, weil dem schwerreichen Geschäftsmann Betrug bei EU-Subventionen vorgeworfen wird.

Hass und Social Bots

Begleitet wird die Wahl von Falschinformationen und Manipulationsversuchen. Die EU richtete daher ein Frühwarnsystem ein. Das Londoner Institut für Strategischen Dialog warnte vor europaweiten Online-Kampagnen, die von rechtspopulistischen Gruppen und "Cybermilizen" gesteuert würden. Dabei geht es um den massenhaften Einsatz von Social Bots, also computergesteuerten Accounts, durch die Brexit-Partei in Großbritannien und die Facebook-Aktivitäten der AfD. Zudem sei die Diskussion über die EU-Wahl im Netz in besonderem Maß von "Hasssprache" geprägt.

Insgesamt sind in den 28 Mitgliedstaaten 427 Millionen Bürger aufgerufen, die 751 Abgeordneten des Europaparlaments zu bestimmen. Offizielle Wahlergebnisse dürfen erst nach Ende der viertägigen Europawahl in allen Mitgliedstaaten am Sonntagabend veröffentlicht werden.

rb/djo (afp, dpa, rtr, DW)

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