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Eurozone in der Schuldenfalle

Zhang Danhong25. Oktober 2012

Die Schuldenkrise nahm vor genau drei Jahren ihren Anfang in Athen. Seitdem kämpfen die Länder gegen ausufernde Ausgaben - mit mäßigem Erfolg. Droht der gesamten Währungsunion ein Schuldenschnitt?

Symbolbild Eurozeichen mit Rost (Foto: Fotolia/K.F.L. #23434670)
Symbolbild Eurozeichen mit RostBild: Fotolia/K.F.L.

Während ein Privathaushalt besser nicht mehr ausgibt als einnimmt, macht es für einen Staat durchaus Sinn, sich zu verschulden - vor allem dann, wenn es um langfristige Investitionen geht. Denn von einer neuen Autobahn oder von besseren Schulen profitieren auch künftige Generationen.

Leider haben zu viele Politiker das Schuldenmachen zum Prinzip erklärt und unzählige Wahlgeschenke mit geliehenem Geld finanziert. So wuchs der Schuldenberg Deutschlands von rund 20 Milliarden D-Mark (zehn Milliarden Euro) im Jahr 1950 auf über zwei Billionen Euro im vergangenen Jahr. Die Staatsschulden der Eurozone haben sich seit 1997 mehr als verdoppelt. Da sich alle Länder in der Eurozone über Jahre zu ähnlich günstigen Zinssätzen wie Deutschland Geld beschaffen konnten, griffen sie beherzt zu und genossen ein Leben auf Pump - bis die Krise in Griechenland ausbrach.

Schuldenschnitt hat nichts gebracht

Es folgten zwei Rettungspakete im Umfang von 240 Milliarden Euro. Auf 100 Milliarden mussten private Gläubiger verzichten. Und die Griechen haben ordentlich gespart - ihr um Konjunktureinflüsse bereinigtes Haushaltsdefizit wurde seit 2009 um 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesenkt. Auf den grünen Zweig ist das Land dennoch nicht gekommen. Die Schuldenquote, also die Staatsschulden in Relation zum BIP, steuert wieder auf 160 Prozent zu - so hoch war sie vor dem Schuldenschnitt schon einmal.

Der Schuldenschnitt war nur KosmetikBild: picture-alliance/dpa

Das liegt daran, dass die griechische Wirtschaft seit 2008 um 20 Prozent geschrumpft ist. Bezogen auf das BIP steigt die Schuldenquote automatisch, auch wenn die Gesamtschulden konstant bleiben.

Die Schulden werden nicht weniger

Auch in anderen Krisenländern macht die Rezession alle Sparbemühungen zunichte. So überschreiten elf der 17 Euroländer in diesem Jahr die erlaubte Defizitgrenze von drei Prozent des BIP. Die Schuldenquote der Eurozone marschiert in Richtung 90 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die selbst auferlegte Obergrenze von 60 Prozent rückt in immer weitere Ferne.

Eine Bankrotterklärung der Krisenpolitik? Nein, sagt Achim Wambach, Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Köln. Um die Schulden in den Griff zu bekommen, "muss ein Schrumpfungsprozess erfolgen, der automatisch weitere Zerwürfnisse mit sich bringt". Und es werde noch schlimmer kommen: "Wir sehen in den Banken noch viele Probleme kommen, die sind noch nicht alle bereinigt. Auch hier muss der Staat eingreifen", so Wambach zur DW.

Achim Wambach plädiert für einen SchrumpfungsprozessBild: DW

Ob die Banken gerettet oder abgewickelt werden, den Staat kostet es immer Geld. Deshalb geht Wambach davon aus, dass die Eurozone für längere Zeit mit einem hohen Schuldenstand leben muss. "Die Frage ist, bekommen wir es so hin, dass die realwirtschaftlichen Maßnahmen wirken", meint Wambach. Als Beispiele nennt er die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Öffnung des Dienstleistungssektors. In dieser Hinsicht seien erste Erfolge in Ländern wie Irland, Portugal, aber auch in Griechenland zu verzeichnen.

Italien tut sich mit Reformen schwer

So sind in Griechenland seit 2010 die Lohnstückkosten, das sind die Personalkosten für ein Produkt, um 14 Prozent gesunken. Auch Irland und Portugal holen in der Wettbewerbsfähigkeit auf. Nur in Italien hat sich bisher wenig getan.

"Dort ist der Arbeitsmarkt sehr stark reglementiert. Es ist für Unternehmen sehr schwierig, flexibel im Hinblick auf ihren Arbeitseinsatz zu reagieren", sagt Hanns Abele, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien. In Italien ist jede Kündigung vor dem Gericht anfechtbar. Bekommt der Arbeitnehmer recht, muss er wieder eingestellt werden. Wenn er sich freiwillig umschaut, wird er vom alten Arbeitgeber mit 15 Monatsgehältern "belohnt". Eine Lockerung des Kündigungsschutzes konnte Ministerpräsident Mario Monti wegen des Widerstands der Gewerkschaften nicht erreichen.

Hält Arbeitsmarktreformen für unverzichtbar: Hanns AbeleBild: privat

Während die Schuldenquote in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone auf dem hohen Niveau von mehr als 120 Prozent verharrt, rutscht die Wirtschaft immer tiefer in die Rezession. "Es ist klar, dass eine Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage es erschwert, auch noch Schulden abzubauen", sagte Abele im Gespräch mit der DW. Als ersten Schritt müsse man aber versuchen, keine neuen Schulden zu machen.

Deutschland ist kein gutes Vorbild

Das ist weder in Italien noch in Spanien der Fall. Auch der vermeintliche Musterknabe Deutschland schafft trotz Rekord-Steuereinnahmen von mehr als 600 Milliarden Euro in diesem Jahr gerade mal eine schwarze Null im Haushalt. Wenn das finanzstärkste Land der Eurozone die eine oder andere Garantie einlösen müsste, könnten auch hierzulande die Schulden schnell aus dem Ruder laufen. Droht der gesamten Eurozone irgendwann ein Schuldenschnitt?

Die Schuldenuhr tickt auch in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa

"Das ist sicherlich die Sorge", sagt Wambach von der Universität Köln. Es gebe Kommentatoren, die meinen, dass der Euro so oder so auseinanderbrechen wird, weil man das nicht in den Griff bekommt. "Deswegen ist es wichtig, dass die Europäische Union auch Instrumente bekommt, in die Fiskalpolitik einzugreifen, sie zumindest zu kontrollieren."

Damit meint Wambach den Fiskalpakt, der ab 2013 in Kraft tritt. Auch Abele hofft, dass dadurch ein überbordendes Neuverschulden einzelner Länder ein wenig gebremst wird. Doch "die Erfahrungen mit den letzten vertraglichen Vereinbarungen, beispielsweise den Maastrichter Bedingungen, lassen keine übertriebenen Hoffnungen aufkommen", so Abele. Die Maastrichter Kriterien zur Schuldenbegrenzung wurden bisher von den Euro-Staaten über 80 Mal verletzt.

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