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Politik

Morales verliert den Machtkampf in Bolivien

10. November 2019

Den Ausschlag gab am Ende wohl das Militär: Ohne den Rückhalt der Armee- und Polizeiführung kann sich Evo Morales nicht im Präsidentenamt halten. Folgerichtig erklärt der Staatschef seinen Rücktritt.

Bolivien PK Präsident Evo Morales in La Paz
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Karita

"Ich verzichte auf mein Präsidentenamt", sagte Morales am Sonntag im Fernsehen. Sein Rücktrittsschreiben habe er dem Parlament geschickt. "Unser großer Wunsch ist es, dass der soziale Frieden wiederkehrt." Boliviens Vizepräsident Álvaro García Linera trat ebenso zurück wie auch mehrere Kabinettsminister sowie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, und die Chefin des Wahltribunals, María Choque Quispe.

"Bürgerputsch" und "illegaler Haftbefehl"

Morales sprach in der Fernseherklärung von einem "Bürgerputsch" seiner Gegner gegen ihn. Später erklärte er über Twitter sogar, dass die Polizei einen "illegalen Haftbefehl" gegen ihn habe und dass "gewalttätige Gruppen" sein Haus angegriffen hätten. Der Chef der bolivianischen Polizei äußerte dagegen, es gebe keinen solchen Haftbefehl.

Auch einige von Morales' Verbündeten in Lateinamerika bezeichneten die Wende der Ereignisse inzwischen als "Putsch" - darunter der venezolanische Präsident Nicolas Maduro und der designierte argentinische Präsident Alberto Fernandez. Der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard sagte, sein Land werde Morales Asyl anbieten, wenn er es suche.

Kurz vor seiner Erklärung hatte der Bolivien seit 14 Jahren regierende Links-Politker noch Neuwahlen versprochen. Die Armee- und Polizeiführung versagte ihm jedoch die Unterstützung. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Williams Kaliman, und Polizeichef Vladimir Calderón Mariscal waren unabhängig voneinander vor die Kameras getreten und hatten Morales im Sinne des Friedens zum Rücktritt aufgefordert. Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte Ermittlungen gegen Mitglieder des Wahltribunals wegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl vom Oktober an. Der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard sagte, sein Land werde Morales Asyl anbieten, wenn er es suche.

"Wahlcomputer manipuliert"

Der erste indigene Präsident Boliviens war in den vergangenen drei Wochen stark unter Zugzwang geraten. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte Neuwahlen in Bolivien empfohlen, weil sie bei der vorangegangenen Abstimmung, wie es hieß, ernste Unregelmäßigkeiten festgestellt hatte. Die OAS sprach von schwerwiegender Manipulierung der Computersysteme, weshalb die Wahl annulliert werden und es zu Neuwahlen kommen müsse.

Demonstranten haben in La Paz eine Straße nahe des Präsidentenpalastes blockiertBild: picture-alliance/dpa/J. Karita

Nach ersten Auszählungen am 20. Oktober lagen Morales und Oppositionsführer Carlos Mesa zunächst Kopf-an-Kopf. Dann wurde die Auszählung für einen Tag unterbrochen. Als die Stimmen dann weiter ausgezählt wurden, führte der Sozialist Morales mit rund zehn Prozentpunkten Vorsprung. Das löste massive, und auch gewaltsame Proteste im Land aus.

Tausende feiern den Abgang Morales'

Drei Menschen waren bei den Unruhen ums Leben gekommen, mehr als 300 weitere wurden verletzt. Und die Lage in dem südamerikanischen Land spitzte sich immer mehr zu. Am Samstag besetzten Demonstranten die Zentralen zweier Staatssender. Auch am Sonntag kam es zu neuer Gewalt. Nach der Rücktrittsankündigung strömten tausende Menschen auf die Straßen im Regierungssitz La Paz, schwenkten die bolivianische Fahne und feierten den Abgang von Morales mit Böllern. 

Der frühere Koka-Bauer regierte Bolivien mit seinen rund elf Millionen Einwohnern seit 2006. Lange Zeit stand Morales für politische und wirtschaftliche Stabilität. Doch Korruptionsvorwürfe und undemokratisches Vorgehen schmälerten die Unterstützung für ihn. Außerdem verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum. Bolivien zählt zu den ärmsten Ländern Südamerikas.

sti/rb/wa (afp, ap, dpa, rtr)

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