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KonflikteSyrien

Ex-Direktor von syrischem Folter-Gefängnis in USA angeklagt

13. Dezember 2024

Samir Usman Alscheich soll während seiner Zeit als Leiter des Zentralgefängnisses in Damaskus Häftlinge persönlich gefoltert haben. Nun droht dem heute 72-Jährigen Gefängnis bis ans Ende seiner Tage.

Ein Häftling geht an einem Stock durch einen vergitterten Gang im Adra-Gefängnis in Damaskus
Ein damaliger Häftling im Inneren des berüchtigten Adra-Gefängnisses in Damaskus (Archivbild)Bild: Xinhua/Imago

In den USA ist der frühere Leiter eines berüchtigten syrischen Gefängnisses wegen Foltervorwürfen angeklagt worden. Der bereits wegen anderer Vorwürfe inhaftierte Samir Usman Alscheich werde beschuldigt, persönlich Gegner der gerade gestürzten Regierung des Machthabers Baschar al-Assad gefoltert zu haben, erklärte das Justizministerium in Washington. Alscheich soll das umgangssprachlich als Adra-Gefängnis bekannte Zentralgefängnis von Damaskus von etwa 2005 bis 2008 geleitet haben.

Alscheich habe Inhaftierten persönlich körperliche und seelische Schmerzen zugefügt sowie seine Mitarbeiter angewiesen, dies zu tun, erklärte das US-Justizministerium weiter. So seien Häftlinge etwa an der Decke aufgehängt und dann geschlagen worden oder ihre Körper mit einem als "Fliegender Teppich" bekannten Gerät verbogen worden, teils mit gebrochenen Wirbeln als Ergebnis.

100.000 Menschen in Haft gestorben? 

Der 72-Jährige muss sich wegen Folter in drei Anklagepunkten und in einem weiteren Anklagepunkt wegen Verschwörung zur Folter verantworten. Sollte er verurteilt werden, drohen ihm für jeden der Foltervorwürfe bis zu 20 Jahre Haft. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind unter dem Assad-Regime mehr als 100.000 Menschen in Gefängnissen gestorben, häufig unter Einwirkung von Folter.

Ein freigelassener Häftling vor dem Eingangstor des Adra-Gefängnisses (Archivbild von 2012) Bild: Youssef Badawi/dpa/picture alliance

Dem Ministerium zufolge hatte Alscheich eine ganze Reihe verschiedener Posten im syrischen Polizeiapparat und der Staatssicherheit inne. Er gehörte demnach auch Assads Baath-Partei an und war 2011 von dem Machthaber zum Gouverneur der Provinz Deir Essor ernannt worden. Er lebt seit 2020 in den USA und war im Juli in Los Angeles wegen separater Vorwürfe zu mutmaßlichem Einwanderungsbetrug festgenommen worden.

Blinken zu Erdogan: Alle Zivilisten schützen

US-Außenminister Antony Blinken betonte derweil in einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die Notwendigkeit des Schutzes aller Zivilisten in Syrien. Blinken habe bei dem Treffen in Ankara am Donnerstag bekräftigt, dass "alle Akteure in Syrien" die Menschenrechte respektieren, das humanitäre Völkerrecht achten und "die Zivilbevölkerung, einschließlich der Angehörigen von Minderheiten" schützen müssten, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums.

US-Außenminister Antony Blinken und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei ihrem Treffen in AnkaraBild: DHA

Die Türkei hatte nach dem Umsturz in Syrien Sicherheitsbedenken geäußert. In dem Land bekämpft Ankara kurdisch angeführte Kräfte, die wiederum von Washington als wichtige Akteure in der Auseinandersetzung mit der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) unterstützt werden. Die US-Unterstützung der kurdischen Milizen hat zu diplomatischen Verstimmungen mit Ankara geführt, da die türkische Regierung die Milizen als verlängerten Arm der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ansieht. Die PKK wird in der Türkei als Terrororganisation eingestuft. 

1,1 Millionen Syrer noch auf der Flucht

Laut dem Nothilfebüro der Vereinten Nationen (OCHA) sind seit Beginn der Offensive der syrischen Rebellen rund 1,1 Millionen Menschen in Syrien auf der Flucht. Der Großteil seien Frauen und Kinder. In Gebieten im Norden und Osten des Landes komme es weiterhin zu Feindseligkeiten. In weiten Teilen des Landes habe sich die Lage hingegen stabilisiert, so die Einschätzung von OCHA.

Ein Flüchtlingslager im Dorf Haranabush in der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens (Archivbild) Bild: Omar Haj Kadour/AFP/Getty Images

Virtuelle G7-Runde zur Lage in Syrien 

An diesem Freitag treffen sich die Staaten der G7-Gruppe zu virtuellen Beratungen über die Lage in Syrien. Die sieben großen Industrieländer des Westens haben sich grundsätzlich bereit erklärt, einen Übergangsprozess mit dem Ziel einer "glaubwürdigen, inklusiven" Regierung zu unterstützen. Sie fordern von den neuen Machthabern in Damaskus aber den Schutz der Menschenrechte, einschließlich derer von Frauen und Minderheiten. Auch verlangen die G7-Staaten, das Assad-Regime für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die islamistische Gruppierung Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten nach ihrer am 27. November begonnenen Großoffensive am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen und den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Assad gestürzt. Seither hat eine von Islamisten angeführte Übergangsregierung die Macht übernommen.

Frohgelaunt begeben sich Gläubige auf den Weg zum Freitagsgebet in der Umajaden-Moschee in Damaskus Bild: Leo Correa/AP Photo/picture alliance

Die Menschen in Syrien feiern weiter

Ungeachtet aller künftigen Schwierigkeiten feiern die Menschen in ganz Syrien weiter den Neubeginn in dem Nahostland. Allein an der Umajaden-Moschee in Damaskus versammelten sich nach dem Freitagsgebet zehntausende Menschen. Laut dem arabischen Nachrichtensender Al Jazeera waren Syrerinnen und Syrer aus vielen Landesteilen für die Feierlichkeiten in die Hauptstadt geströmt. Die HTS rief die Menschen zum friedvollen Feiern auf großen öffentlichen Plätzen auf. 

sti/jj (afp, dpa, rtr)