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Politik

Ex-FARC-Rebellen wegen Verbrechen angeklagt

29. Januar 2021

Erstmals seit dem Friedensschluss in Kolumbien 2016 geht die Justiz gegen führende Kommandeure der FARC-Guerilla vor. Unter ihnen ist der heutige Politiker und Ex-Rebellenchef Rodrigo Londoño alias "Timochenko".

Kolumbien: Rodrigo Londoño alias "Timochenko"
Rodrigo Londoño alias "Timochenko" im Dezember 2019 bei der internationalen Buchmesse in Guadalajara, Mexiko Bild: AFP/U. Ruiz

Das kolumbianische Sondergericht für den Frieden (JEP) wirft acht früheren Kommandeuren der linken Guerillaorganisation FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia - Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) Geiselnahme und schwere Freiheitsberaubung vor. In seiner Anklageschrift ordnet das Gericht die Taten, die die Rebellen während des jahrzehntelangen Bürgerkriegs begangen hatten, als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Nach Erkenntnissen der Strafverfolger haben FARC-Mitglieder Entführte ermordet, gefoltert, sexuell misshandelt und deren Menschenwürde verletzt.

Unter den Angeklagten sind der ehemalige Guerilla-Chef und heutige Vorsitzende der FARC-Partei Comunes, Rodrigo Londoño alias "Timochenko", sowie weitere ranghohe Ex-Rebellen. Der 62-jährige "Timochenko" galt in seiner aktiven FARC-Zeit als Hardliner. Er soll für Hunderte von Tötungen verantwortlich gewesen sein. Außerdem blühte unter seiner Ägide der Kokainschmuggel. Die USA setzten seinerzeit eine Belohnung in Höhe von fünf Millionen Dollar auf ihn aus. 

2018 wollte Rodrigo Londoño gar bei der Präsidentschaftswahl kandidieren, verzichtete dann aber aus "gesundheitlichen Gründen" Bild: DW/M. Rueda

Die Angeklagten haben nun 30 Tage Zeit, um zu entscheiden, ob sie die Verantwortung für die ihnen zur Last gelegten Verbrechen übernehmen. Sollten die Ex-Guerilla-Kommandeure zu ihren Taten stehen, können sie mit erheblichen Strafnachlässen rechnen. 

Das im September 2016 geschlossene Friedensabkommen zwischen dem damaligen Präsidenten Juan Manuel Santos und den FARC-Rebellen enthält auch eine besondere Gerichtsbarkeit. Für geständige Täter wurden Höchststrafen von maximal acht Jahren festgelegt. In dem jetzigen Verfahren geht es um bis zu 8500 Entführungen in den Jahren 1993 bis 2012.

Die FARC-Guerilla verschleppte über mehrere Jahrzehnte lang Tausende Menschen, um mit dem erpressten Lösegeld ihren bewaffneten Kampf gegen den Staat zu finanzieren. Eine der bekanntesten Geiseln war die damalige Präsidentschaftskandidatin der Grünen, Ingrid Betancourt. Sie befand sich sechs Jahre lang in der Gewalt der FARC, bevor die Armee sie 2008 befreite. 2018 schilderte sie dem Friedensgericht ihr jahrelanges Leiden. 

Am 26. September 2016 unterzeichnete ​​Rodrigo Londoño im Beisein von Präsident Juan Manuel Santos (l.) das Friedensabkommen Bild: picture-alliance/dpa/M. Castaneda

Das Sondergericht für den Frieden soll die Menschenrechtsverbrechen in dem mehr als 50 Jahre anhaltenden Bürgerkrieg in Kolumbien aufarbeiten. Mehr als 260.000 Menschen wurden während dieser Zeit getötet, sieben Millionen flüchteten vor der Gewalt.

Mit dem Friedensschluss sollten die entwaffneten FARC-Aktivisten in die Zivilgesellschaft integriert werden. Der FARC wurde die Umwandlung in eine politische Partei gestattet. Auch wegen der relativ milden Strafen für einstige FARC-Größen ist das Friedensabkommen äußerst umstritten.

se/sti (dpa, epd, rtr, afp)

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